Anstieg der Sichtguthaben lässt Devisenmarkt-Interventionen der SNB vermuten

Sitz der Schweizerischen Nationalbank in Zürich. (Foto: SNB)

Zürich – Der starke Franken dürfte der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zunehmend Sorgen bereiten. Devisenexperten und -händler vermuten, dass die Währungshüter jüngst wieder am Devisenmarkt interveniert haben. Der Anstieg der Sichtguthaben von Banken bei der SNB deutet laut Marktteilnehmern jedenfalls darauf hin.

Die Franken-Sichtguthaben bei der SNB für die vergangene Woche (Mittwoch bis Mittwoch) sind um 1,5 Milliarden auf 582,7 Milliarden Franken gestiegen, wie die Nationalbank am Montag mitteilte.

Die Entwicklung der Sichtguthaben gilt als guter Indikator für mögliche Interventionen der SNB zur Frankenschwächung. Sie kauft dann zum Beispiel Fremdwährungen und schreibt den Banken den entsprechenden Franken-Betrag auf deren SNB-Konten gut.

Maxime Botteron, Währungsökonom bei der Credit Suisse, spricht von einem deutlichen Anstieg. «Angesichts der Aufwertung des Franken in den letzten Tagen erscheint es wahrscheinlich, dass die SNB am Devisenmarkt aktiv geblieben ist, möglicherweise mit höheren Volumina als in den letzten zwei Wochen», so der Ökonom der Grossbank.

«Es sind höchstwahrscheinlich Interventionen im Gange», sagt auch Daniel Trum, Devisenexperte bei der Grossbank UBS. Die Sichteinlagen hätten nun die dritte Woche in Folge zugenommen. Doch er schränkt ein: «Die Volumina sind verhältnismässig geringer, als dies 2017 vor den französischen Wahlen der Fall war.»

Auch nach Ansicht des Anlagestrategen der St. Galler Kantonalbank, Thomas Stucki, lässt der Anstieg der Sichtguthaben auf Interventionen der SNB schliessen. 1,5 Milliarden Plus seien zwar mehr als üblich, aber nicht aussergewöhnlich viel. «Wenn sie interveniert hat, dann nur sehr punktuell und nicht in grossen Stil.»

«Sehr schnelle Bewegung»
Stucki rechnet damit, dass die SNB in Zukunft stärker invernieren dürfte. Die Situation sei schwieriger geworden. Der Handelsstreit und mögliche Strafzölle der USA auch für die europäische Autoindustrie würden den Euro tendenziell weiter schwächen. «Die Bewegung von 1,10 auf 1,0860 war sehr schnell. Die Wahrscheinlichkeit, dass die SNB versucht, Gegensteuer zu geben, ist sehr gross», sagt Stucki.

Es mache aber nichts, wenn der Franken vorübergehend etwas stärker werde, fügt er an. «Wichtig ist, dass sich die Märkte wieder beruhigen und sich der Franken dann wieder abschwächt. Dann kann die SNB die Gegenbewegung unterstützen.»

Ob die SNB weiter intervenieren müsse, hänge davon ab, wie sich die Lage bezüglich der Zentralbanken weiterentwickle und «wie stark wir in die Handelseskalation Stichwort China-USA hineinrutschen», meint UBS-Fachmann Trum. «Umso mehr erhöht sich der Druck auf die SNB, darauf auch entsprechend zu reagieren.»

Die SNB hat gemäss Daniel Trum grundsätzlich drei Möglichkeiten. Sie könne die Zinsen weiter ins Negative senken – was sie eventuell mache, wenn die EZB die Zinsen senke. Sie könne zweitens am Devisenmarkt intervenieren und sie könne drittens den stärkeren Franken bis zu einem gewissen Grade akzeptieren.

«Die Wahrscheinlichkeit ist gestiegen, dass sie den stärkeren Franken bis zu einem bestimmten Grad akzeptiert», sagt Trum. Auf diese Weise würden andere Massnahmen weniger notwendig.

Franken stark unter Aufwärtsdruck
Der Franken hat sich zum Euro in den vergangenen Wochen merklich verteuert. Die Aussicht auf eine Lockerung der Geldpolitik der US-Notenbanken Fed und der Europäischen Zentralbank zusammen mit der steigenden Verunsicherung wegen des drohenden Handelskriegs der USA mit China, des Säbelrasselns im Nahen Osten und die abschwächende Weltwirtschaft verliehen den Franken deutlich Auftrieb.

In der vergangenen Woche fiel die Einheitswährung erstmals seit zwei Jahren deutlich unter die Marke von 1,10 Franken und auch der Dollar entfernte sich klar von der Parität in Richtung 0,9750 Franken. Am Montagmorgen notiert der Euro bei 1,0890 Franken und der Dollar bei 0,9749 Franken.

Intervenieren im grossen Stil musste die SNB vor allem in den Jahren 2015 bis 2017. Nach Aufhebung des Euromindestkurses durch die Nationalbank am 15. Januar 2015 war der Franken bekanntlich massiv in die Höhe geschossen und hatte die Schweizer Exportwirtschaft dadurch vor massive Probleme gestellt. (awp/mc/ps)

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