Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner spielt auf Zeit.
New York – Argentinien kämpft im Streit mit US-Hedgefonds um alte Anleiheschulden weiter mit harten Bandagen. Während die klagenden Investoren ihre Verhandlungsbereitschaft bekräftigen, spielt Buenos Aires vorerst auf Zeit. Die Regierung habe sich bislang noch nicht bei ihren widerspenstigen Gläubigern gemeldet, hiess es am Freitag. Dabei tickt die Uhr – kommt es nicht zum Kompromiss, droht am Ende des Monats die Staatspleite.
Argentinien streitet mit Investoren um Altschulden aus der Staatspleite von 2001. Eine Gruppe von Gläubigern, angeführt vom New Yorker Hedgefonds NML Capital aus dem Elliott-Imperium des US-Milliardärs Paul Singer, hat die Umschuldungen aus den Jahren 2005 und 2010 verweigert. Sie fordert die Rückzahlung von offenen Forderungen in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar.
Zahlungsausfall droht
Das oberste US-Gericht («Supreme Court») bestätigte am Montag ein Urteil, das Argentinien verbietet, seine restlichen Anleihen zu bedienen, solange die Schulden bei den Hedgefonds nicht bezahlt sind. Die US-Richter sind zuständig, weil die strittigen Titel einst unter internationalem Recht ausgegeben wurden, um sie für Anleger im Ausland attraktiver zu machen. Nun läuft für Buenos Aires die Zeit ab, denn schon am 30. Juni müssen Anleihen bedient werden. Wenn bis dahin keine Einigung erzielt ist, droht der Zahlungsausfall – technisch gesehen die Staatspleite.
Hedgefonds NML zu Zugeständnissen bereit
Zumindest der Hedgefonds NML ist laut einem Bericht des «Wall Street Journals» bereit, Zugeständnisse zu machen und einen Anleihetausch zu akzeptieren. Unklar ist, inwieweit Argentinien zu Kompromissen bereit ist. In der kommenden Woche soll den Gläubigern, die bislang keine Umschuldung akzeptiert hatten, ein neuer Lösungsvorschlag vorgelegt werden. Dies zumindest hatte ein Anwalt der Regierung bei der Gerichtsanhörung in New York versprochen.
Bisher kein Dialog
Bislang hat Argentinien aber offenbar keinen Kontakt zu den Hedgefonds aufgenommen. «Ein Dialog wurde noch immer nicht eröffnet», zitiert die spanische Nachrichtenagentur EFE in der Nacht auf Freitag einen Sprecher der klagenden Investoren. Auf einer Pressekonferenz in Buenos Aires hatte der argentinische Kabinettschef Jorge Capitanich bereits am Donnerstagmorgen erklärt, es werde keine Delegation für eine Reise in die USA vorbereitet.
«Aasgeier-Fonds»
Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner betonte in der Vergangenheit oft, die von ihr als «Aasgeier» bezeichneten Fonds auf keinen Fall zu bezahlen. Die meisten Experten gehen aber davon aus, dass die zweitgrösste Wirtschaftsmacht Südamerikas nicht erneut eine Staatspleite riskieren wird. Die Analysten führender Investmentbanken halten Kirchners Strategie für einen Bluff. «Wir rechnen weiter damit, dass Argentinien einen Ausweg durch Verhandlungen suchen wird», sagt Ökonom Gustavo Canonero von der Deutschen Bank.
Erst Ende Mai hatte das Land sich nach mehr als zehnjährigem Schuldenstreit mit staatlichen Gläubigern über die Rückzahlung von Milliardenkrediten geeinigt. Staatschefin Kirchner hat für den Abend eine Rede an die Nation angekündigt und könnte dann möglicherweise ein Einlenken im Konflikt mit den Hedgefonds kommunizieren. Die Risikoaufschläge für argentinische Staatsanleihen gingen am Freitag leicht zurück, halten sich jedoch auf sehr hohem Niveau. In keinem anderen Land der Welt wird die Pleitegefahr von Investoren derzeit höher eingeschätzt. (awp/mc/pg)