Ausgeglänzt? – Gold und Silber unter der Lupe
Von Dieter Haas, Derivative Partners AG, www.payoff.ch
Gold und Silber zählten in der ersten Jahreshälfte 2016 zu den Gewinnern. Danach führten Dollarstärke und Zinsängste zu einer empfindlichen Korrektur. Für 2017 stellt sich die Frage: Fehlausbruch oder Einstiegsgelegenheit?
Im vergangenen Jahr starteten alle Edelmetalle aussergewöhnlich stark. Gold feierte im ersten Quartal mit einem Plus von knapp 20% den besten Jahresstart seit drei Jahrzehnten. Nach dem ersten Semester stand ein Zuwachs von einem Viertel zu Buche. Getrieben wurde der Preis vor allem durch hohe ETF-Zuflüsse. Diese übertrafen im ersten Halbjahr sogar die Schmucknachfrage. Laut World Gold Council verzeichneten die ETFs in den ersten sechs Monaten Zuflüsse von 580 Tonnen. Das waren die stärksten Netto-Käufe in einem Halbjahr seit der Einführung der Gold-ETFs vor mehr als zehn Jahren. Nach einer längeren Konsolidierungsphase im Sommer verloren das Gold und die übrigen Edelmetalle an Glanz. Für Verkaufsdruck sorgten zum einen Spekulationen auf eine Zinsanhebung durch die US-Notenbank, zum anderen der damit verbundene Kursanstieg des US-Dollars. Die Hoffnungen des Marktes auf eine Wiederbelebung der US-Wirtschaft durch den neuen Präsidenten Donald Trump haben seit November zu einem kräftigen Anstieg der Renditen zehnjähriger Staatsanleihen geführt. Da Edelmetalle selbst keine laufenden Erträge abwerfen, macht eine derartige Entwicklung die Anlageklasse unattraktiver. Als belastend erwies sich in der zweiten Jahreshälfte ferner der Demonetarisierungsprozess, den Indien eingeschlagen hat.
Im weltgrössten Markt für Goldschmuck müssen seit August 2016 alle privaten Goldkäufe gegen Bargeld registriert werden. Trotz der Kursschwäche im zweiten Halbjahr haben alle Edelmetalle das vergangene Jahr mit einer positiven Rendite abgeschlossen. Der Goldminenindex HUI wartete in CHF mit der besten Jahres-Performance auf, vor Palladium und Silber. Im Vergleich zu hiesigen Anlagealternativen kann sich die erzielte Rendite der Rohstoffe im Allgemeinen und der Edelmetalle im Speziellen sehen lassen.
Unterschwellige Stärke
Der seit dem Brexit wieder in Fahrt gekommene globale Währungsabwertungswettlauf verdeckt die gestiegene Attraktivität der beiden seit Menschengedenken auch als Währungsersatz gehandelten Edelmetalle Gold und Silber. So befindet sich die Kursentwicklung des Goldes bereits seit Ende 2013 wieder im Aufwärtstrend gegenüber einem Basket, bestehend aus den zehn führenden Währungen zum USD. Für einen finalen Durchbruch bräuchte es nur noch eine USD-Schwäche. Wann diese kommt, ist die Gretchenfrage. Derzeit glaubt der Markt an eine anhaltende Stärke des Greenbacks. Er verkennt dabei allerdings die wirtschaftliche Lage der Vereinigten Staaten. Die von Donald Trump in Aussicht gestellte Konjunkturbelebung lässt sich ohne neue Schulden nicht realisieren.
Immer weiter steigende US-Zinsen und ein deutlich stärkerer US-Dollar würden dabei zu einem Problem. Um aus diesem Teufelskreis herauszufinden, wird die US-Notenbank daher über kurz oder lang gezwungen sein, ein aktives Zinskurven-Management, wie es die Bank of Japan anwendet, einzuführen und die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen bei einem unter dem aktuellen Marktniveau liegenden Satz zu fixieren. Das wäre de facto die Wiederaufnahme der expansiven Geldpolitik.
«Der Zeitpunkt für einen langfristigen Einstieg in Minenwerte könnte aktuell kaum besser sein.»
Goldbesitzverbot
Eine Unbekannte ist der Trend hin zu einer bargeldlosen Gesellschaft, der sich in vielen Ländern (bspw. Schweden – www.goldcore.com/us/gold-blog/cashless-society-war-cash-benefit-gold/) abzeichnet. Die geplante Einstellung des 500-Euro-Scheins, der grössten Euro-Banknote, gegen Ende 2018 zeigt, wohin die Reise geht. Es verwundert daher nicht, dass Privatanleger sich verstärkt dem gelben Metall zuwenden. Das Halten von Gold wird allerdings von der herrschenden Elite in Zeiten von Niedrigzinsen und anhaltender Währungskrisen nicht gern gesehen. Ein Warnsignal in diese Richtung ist das aktuelle Vorgehen in Indien. Das erinnert an den Erlass von 1933 in den USA. Damals verfügte die US-Regierung ein Goldbesitzverbot. Privatpersonen durften Gold meist nur noch in Form von Schmuck und Münzsammlungen bis zu einer festgelegten Grenze von USD 100 besitzen. Anleger, die nach Alternativen ausserhalb der gängigen Anlageklassen Aktien und Obligationen suchen, sollten solche Entwicklungen und mögliche Folgen bei ihren Entscheidungen verstärkt berücksichtigen.
Goldmünzen, Goldbarren, Bitcoins oder Minenaktien
Trotz des Damoklesschwertes möglicher zukünftiger Goldverbote setzen viele Investoren nach wie vor auf Goldmünzen. Bei jedem grösseren Preisrückgang in den letzten Jahren konnte umgehend eine starke Nachfragesteigerung nach Münzen festgestellt werden. Das ist auch dieses Mal der Fall. Die Verkäufe der American Gold Eagles, eine der beliebtesten Goldmünzen, stiegen im November 2016 auf knapp 150’000 Unzen, dem höchsten Stand seit Juli vergangenen Jahres. Wegen der Angebotsknappheit sind die Prämien zuletzt regelrecht explodiert. Der auf Unzen umgerechnete Preis lag Ende 2016 18% über der aktuellen Goldnotierung..
Prämienentwicklung von Goldmünzen zum Goldpreis
Die beunruhigenden Entwicklungen der vergangenen Monate in Indien sollten Edelmetalljüngern allerdings zu denken geben. Gold als Alternative zu Bargeld ist keineswegs risikolos. In Anbetracht der immer schwierigeren finanziellen Lage vieler Länder werden die Regierungen unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung oder anderen vorgeschobenen Argumenten versuchen, ihre Bewohner verstärkt an die Kandare zu nehmen. Bevorzugte Mittel sind dabei eine Bargeldabschaffung und/oder Goldbesitzverbote. Das geht ganz klar in Richtung gläserner Bürger. «Ein vollelektronisches Geldsystem – vollkommen transparent, ohne jeglichen Schutz der Privatsphäre bei Geldzahlungen und mit dem permanenten Risiko einer Enteignung durch den Staat – bedeutet, dass Geld nicht mehr Privateigentum sein wird», wie es der 2015 verschiedene Chefökonom Wealth Management der UBS und Chief Investment Officer der Region Europa, Andreas Höfert, einst treffend formulierte.
Auf der Suche nach Alternativen kamen 2016 auch Bitcoins wieder in Mode (http://bitcoincharts.com/charts/bitstampUSD#tgSzm1g10zm2g25zv). Sie liefen den Edelmetallanlagen zuletzt den Rang ab. Das an der OMX gehandelte Tracker-Zertifikat auf die Kryptowährung erfreut sich einer grossen Nachfrage (www.nasdaqomxnordic.com/etp/etn/etninfo?Instrument=SSE113749&name=Bitcoin%20Tracker%20EUR%20XBT%20Provider). Dasselbe gilt für das erste im Juli 2016 von der Bank Vontobel an der SIX Structured Products kotierte zweijährige Tracker-Zertifikat ZXBTUV. Ob Bitcoins einen besseren Schutz vor Konfiskation bieten als Goldbarren oder Goldmünzen, ist fraglich. Wer diesbezüglich sein Risiko minimieren möchte, der dürfte mit Aktienanlagen in Gold- oder Silberproduzenten am besten fahren. Sie waren in den 30er-Jahren die grossen Gewinner. So stieg etwa der Kurs der Aktie von Homestake Mining zwischen 1929 und 1935 von USD 75 auf mehr als USD 500 (www.caseyresearch.com/articles/gold-stocks-depression).
Günstige Kaufgelegenheit
Die heftige Korrektur der Gold- und Silberminenaktien seit Juli 2016 nach dem phänomenalen Anstieg in der ersten Jahreshälfte bietet für langfristig orientierte Anleger die ideale Gelegenheit zum Einstieg. Basierend auf der Konsensschätzung der vom Finanzdienstleister erfassten Analysten weisen die Blue Chips der Branche für die nächsten zwölf Monate fast unisono zweistellige Kursgewinnpotenziale auf.
«Das grösste Kurspotenzial besitzt der an der NYSE gehandelte Pure Funds Junior Silver Miners ETF SIJL.»
Privatanleger mit geringen Kenntnissen der Marktnische sollten sich allerdings an breit diversifizierte Anlagevehikel halten. Sie eliminieren das titelspezifische Risiko ohne nennenswerte Einbussen beim Potenzial.
Empfehlenswerte Tracker-Zertifikate
Unter den an der SIX Structured Products gehandelten Partizipationsprodukten kommen einzig die beiden endlos laufenden Tracker-Zertifikate SILCH und AURUM infrage. Ersteres setzt seit seiner Emission am 21. November 2006 breit diversifiziert auf Silberminen. Der Basiswert bildet die Wertentwicklung von an der Börse kotierten Aktien bzw. American Depositary Receipts von bis zu zwölf Unternehmen ab, die einen wesentlichen Teil (in der Regel über 30%) des Gesamtumsatzes aus dem Silberabbau generieren. Die aktuelle Zusammensetzung inklusive Gewichtung finden interessierte Anleger unter der Index-Webseite des Emittenten (https://indices-globalmarkets.bnpparibas.com/Product.aspx?id=MsjUdQtajYJozU%2fog18Imw%3d%3d ). Für das Update des Basiswertes wird dem Tracker-Zertifikat eine jährliche Managementgebühr von 1% verrechnet. Ein Anlageprodukt der ersten Stunde ist AURUM. Es wurde bereits Ende November 2003 lanciert und basiert auf dem NYSE Arca Gold BUGS Index, einem der bekanntesten Barometer der Branche.
Unsere Top-Picks unter den ETFs
Sehr viel reger gehandelt als die zwei Tracker-Zertifikate werden die an der SIX kotierten Goldminen-ETFs GDXJ (siehe Product News), GDX und GGMCHY (siehe Leitartikel payoff September 2016). Da das auch als Industriemetall verwendete Silber politischen Ränkespielen (Besitzverboten) weniger ausgesetzt ist, räumen wir dem kleinen Bruder des Goldes kurz-, mittel und längerfristig das höhere und «sicherere» Kurspotenzial ein.
«Trotz der Kursschwäche im zweiten Halbjahr haben alle Edelmetalle das vergangene Jahr mit einer positiven Rendite abgeschlossen.»
Wir favorisieren den an der NYSE gehandelte Pure Funds Junior Silver Miners ETF SILJ (www.purefonds.com). Er umfasst gegenwärtig 25 Titel. Die drei Top-Holdings per Mitte Dezember waren Coeur Mining mit gut 18%, Pan American Silver mit rund 15% und First Majestic mit knapp 10%. An zweiter Stelle kommt der ebenfalls an der NYSE gehandelte, etwas konservativere MSCI Global Silver Miners ETF SLVP von iShares. Er enthält im Unterschied zu SILJ auch die Blue Chips des Sektors und ist etwas breiter diversifiziert. Mit knapp einem Viertel entfällt das mit Abstand grösste Gewicht auf die Aktien von Silver Wheaton, gefolgt von Fresnillo mit rund 10%.
Die Volatilität des Sektors ist vergleichsweise hoch. Das optimale Timing spielt daher eine wichtige Rolle. Nach dem ersten Hausse-Schub Anfang 2016 und der anschliessenden Korrektur scheint der Zeitpunkt für einen langfristigen Einstieg aktuell so gut wie lange nicht. Anleger sollten, getreu dem Motto «Buy low, sell high», nicht zögern, erste Positionen aufzubauen. Längerfristig betrachtet besitzen Gold- und Silberminenaktien viel Luft nach oben.