Avenir Suisse sieht Finanzplatz vor nächstem Digitalisierungssprung

Avenir Suisse sieht Finanzplatz vor nächstem Digitalisierungssprung

Zürich – Die Finanzplatz Schweiz hat in der Digitalisierung zwar seine Aufbauarbeiten geleistet. Nun gilt es nach Ansicht des liberalen Think-Tank Avenir Suisse aber, den nächsten Entwicklungsschritt zu tun und den Finanzplatz als Vorreiter im Handel mit tokenisierten Wertschriften zu positionieren.

Für den Schweizer Finanzplatz böten sich insbesondere bei der Technik zur Verwaltung von Daten im Internet, der sogenannten Distributed Ledger Technology (DLT), zahlreiche Chancen, erklärte Jennifer Anthamatten, Autorin der am Dienstag veröffentlichten Studie «Blockchain nach dem Hype» von Avenir Suisse. Diese Technik erteilt Teilnehmern eines Netzwerkes eine gemeinsame Schreib- und Leseberechtigung.

Entwicklungspotenzial sieht die Studienautorin dabei vor allem in den drei Bereichen Kapitalmarkt, Aussenhandelsfinanzierung und in der Vermögensverwaltung.

Der Kapitalmarkt etwa werde dank Kosteneinsparungen durch den Einsatz von DLT an Attraktivität für nationale und internationale Emittenten gewinnen, ist die Expertin überzeugt. Wenn sich die Schweiz gar als Vorreiter im Handel mit tokenisierten Wertschriften positioniere, könne sie ausserdem ihren relativ kleinen Kapitalmarkt vergrössern.

Entwicklungspotenzial in Vermögensverwaltung
Prädestiniert für den Einsatz von DTL ist laut Anthamatten aber insbesondere die Aussenhandelsfinanzierung, weil dort beim Abschluss eines Geschäfts viele verschiedene Schritte und Akteure involviert sind. Mit der neuen Technologie würden die Dokumente ohne grossen administrativen Aufwand für alle Beteiligten jederzeit zugänglich.

Dem Vermögensverwaltungsgeschäft schliesslich eröffne DLT neue Geschäftsmodelle und Kundensegmente, zum Beispiel bei der Verwahrung der Private Keys, die als Zugangsschlüssel zu jedem DLT-System dienen.

Forderung an Finma und SNB
Damit dem Finanzplatz Schweiz der nächste Entwicklungsschritt auch gelingt, ist er nach Ansicht von Avenir Suisse aber auf optimale Rahmenbedingungen insbesondere im Bereich Regulierungen angewiesen. Gesetzesanpassungen seien aber grundsätzlich nur dort vorzunehmen, wo die DLT-Kompatibilität im heutigen Rechtsrahmen nicht gegeben sei, meint der Think-Tank.

Wo möglich, solle die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) zudem das Potenzial von Regtech stärker ausschöpfen, indem sie maschinenlesbare Regulierung zur Verfügung stelle.

Dem tokenisierten Wertschriftenhandel würde es gemäss Avenir Suisse zudem dienen, wenn die Schweizerische Nationalbank (SNB) zusammen mit wichtigen Branchenakteuren die Entwicklung eines Franken-Token vorantriebe.

Grossen Modernisierungsbedarf sehen die Studienautoren auch an den Schnittstellen des öffentlichen Sektors zur Privatwirtschaft, z.B. bei der e-ID oder dem Grundbuch.

Schweiz hinkt Ausland hinterher
In den meisten dieser Aspekte hinke die Schweiz dem Ausland hinterher, führte Anthamatten weiter aus. Alle Akteure inklusive Schweizerische Nationalbank sähen sich eher in der Rolle des «Market follower» und nicht in jener des Markttreibers.

Dabei wäre gemäss Anthamatten proaktives Handel gefordert, allein schon aufgrund des Gewichts, das DLT-Unternehmen schon jetzt in der Finanzbrache einnehmen würden. Rund 750 Unternehmen sowie 3’300 Stellen können aktuell gemäss der Studienautorin dem DLT-Bereich zugeordnet werden. Diese seien 2018 für rund zwei Drittel des Wachstum des Schweizer Fintech-Sektors verantwortlich gewesen. (awp/mc/ps)

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