Dr. Wilhelm Schmundt, Bain-Partner und Corporate-Finance-Experte. (Foto: LinkedIn)
München / Zürich – Die Bedeutung aktivistischer Investoren wächst rasant. Inzwischen verwalten sie knapp acht Prozent des weltweit in Hedgefonds angelegten Kapitals. In ihrer Studie «Agitators and Performers: How to respond to activist investors» hat die internationale Managementberatung Bain & Company mehr als 400 Engagements untersucht und die Herausforderungen für börsennotierte Firmen analysiert. Häufig schaffen Aktivisten Wert für Aktionäre, können dabei jedoch auch grosse Unruhe und hohe Kosten verursachen. Viel zu wenig Unternehmen sind auf mögliche Attacken vorbereitet.
Seit einigen Jahren mehren sich die Schlagzeilen über aktivistische Aktionäre. Auch in Deutschland nahmen sie bereits einige DAX-Konzerne ins Visier. Weltweit ist diese vergleichsweise junge Investorengattung seit der Jahrtausendwende auf dem Vormarsch. Der Bain-Studie zufolge stieg die Zahl der Engagements seitdem um durchschnittlich 34 Prozent pro Jahr. Mittlerweile verwalten aktivistische Investoren knapp acht Prozent des weltweit in Hedgefonds angelegten Kapitals, das sich derzeit auf nahezu drei Billionen US-Dollar beläuft. Mit wachsenden Ressourcen engagieren sich die Fonds bei immer grösseren, profitablen Unternehmen, obwohl diese oft eine hohe Marktkapitalisierung aufweisen. Selbst Apple musste sich schon mit Aktivisten auseinandersetzen. Das Unternehmen reagierte mit einem Aktienrückkauf.
Aktivisten agieren nur bedingt feindlich
Das Beispiel Apple widerlegt die gängige Meinung, dass sich aktivistische Investoren vor allem für angeschlagene Unternehmen interessieren. Auch ihr Vorgehen unterscheidet sich vom landläufigen Bild. Im letzten Jahr liess sich ein Engagement in nur 40 Prozent der Fälle als feindlich einordnen. «Aktivistische Investoren spielen eine immer grössere Rolle am Kapitalmarkt und simple Abwehrreflexe laufen ins Leere», warnt Bain-Partner und Corporate-Finance-Experte Dr. Wilhelm Schmundt. «Börsennotierte Unternehmen sind gut beraten, sich intensiv mit ihrem Vorgehen und ihren Investmentansätzen zu beschäftigen.»
In den Augen der Anleger spricht vor allem ein Faktor für aktivistische Investoren: Ihr Engagement steigert die Aktienrendite. Im Durchschnitt liegt diese bei betroffenen Unternehmen im ersten Jahr 1,5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Branchenindex. Über drei Jahre hinweg entwickelt sich die Rendite ebenfalls besser. Dessen ungeachtet können die Forderungen der Aktivisten allerdings auch dem Ziel dienen, kurzfristig die Profitabilität zu erhöhen. Damit konterkarieren sie langfristig angelegte Unternehmensstrategien.
Mit einer guten Vorbereitung könnten Unternehmen sich wesentlich besser auf das Engagement aktivistischer Investoren einstellen. Hier aber besteht vielfach noch Handlungsbedarf. Wichtig ist laut Bain-Studie vor allem die Kenntnis der Investmentthesen der neuen Aktionäre. Dazu zählen zum Beispiel eine stärkere Beteiligung der Aktionäre am Unternehmenserfolg, ein strategischer Kurswechsel, das Heben von Effizienzpotenzialen und M&A-Aktivitäten bis hin zu einer Zerschlagung sowie die Vorstandsvergütung und Corporate Governance. In mehr als 75 Prozent wird der Austausch von hochrangigen Führungskräften gefordert. Tatsächlich entwickelt die Mehrzahl der aktivistischen Investoren im Vorfeld eine eigene, meist umfassende und detaillierte Agenda, um das Zielunternehmen zu verändern. Nur eine Minderheit beschränkt sich darauf, durch öffentlichen Druck das Management zu kurzfristigen Aktionen zu bewegen.
Belastungstest für die Unternehmensstrategie
Mit dem Wissen um diese Herausforderung müssen Unternehmen ihre Anfälligkeit für aktivistische Investoren überprüfen. Erkennen sie dabei Schwächen, sollten sie schon aus Eigeninteresse zügig gegensteuern. Denn zum einen sind Aktivisten in der Lage, mit Forderungen nach einer leistungsgerechteren Vorstandsvergütung oder nach Sonderdividenden die Öffentlichkeit zu mobilisieren und auf Hauptversammlungen Mehrheiten zu gewinnen. Zum anderen kann eine geschärfte Strategie, ein bereinigtes Portfolio oder eben eine neue Ausschüttungspolitik auch die Bewertung am Kapitalmarkt erhöhen – und je geringer die Arbitrage-Möglichkeiten sind, desto geringer ist auch die Gefahr eines Engagements aktivistischer Investoren.
Schlüsselfunktionen nehmen dabei die verstärkte Auseinandersetzung mit den Anteilseignern, deren Interessen sowie eine hoch professionelle Kapitalmarktkommunikation ein. Die Diskussion möglicher Erwartungslücken ist essenziell. Gleichzeitig gilt es, konkrete Pläne in der Schublade zu haben, sollten Aktivisten auf den Plan treten. Damit wappnen sich Unternehmen für den Fall der Fälle, können ohne Zeitverzug den Dialog mit den Aktivisten aufnehmen und klären, ob und welche Forderungen berechtigt sind.
«Viele Unternehmen hüllen sich in Schweigen oder verhalten sich rein defensiv», stellt Bain-Partner Schmundt fest. «Statt so die Diskussion unnötig anzuheizen, sollten sie den Aktivisten vielmehr mit der gleichen Offenheit begegnen wie anderen Anteilseignern. Wenn die Pläne des Managements überzeugen, sind viele aktivistische Investoren auch zur Kooperation bereit. Schliesslich geht es ihnen vorrangig um Wertsteigerung.» (Bain/mc/ps)
Bain & Company
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