Basel – Die Corona-Krise wirkt sich bei vielen Schweizerinnen und Schweizern auf die persönlichen Finanzen und den Umgang mit Geld aus. Doch was hat sich genau verändert? Die Bank Cler hat zusammen mit einem Marktforschungsinstitut eine repräsentative Umfrage durchgeführt und vier Schlüsse gezogen.
1. Viele haben weniger Geld ausgegeben
Die Corona-Krise hat, was die Einnahmen angeht, nicht nur für Verlierer gesorgt. Immerhin 7% der Befragten konnten in den letzten Wochen sogar höhere Einnahmen verzeichnen als zuvor. Doch ein Drittel verdiente weniger, und bei 60% haben sich die Einnahmen nicht verändert. Gleichzeitig waren die Ausgaben bei den meisten tiefer (54%) oder gleich hoch (33%). Der erzwungene Konsumverzicht hat somit bei vielen zu frei verfügbarem Kapital geführt. Geld, über das sie nun nach Belieben verfügen können. Was werden sie damit tun? Ausgeben, so die Hoffnung vieler Branchen. Sie setzen darauf, dass die Corona-Krise zu einem Nachfragestau geführt hat. Die in den letzten Wochen nicht getätigten Ausgaben sollen von Konsumenten möglichst vollumfänglich nachgeholt werden.
2. Sparen als nicht hinterfragte Gewohnheit
Unsere Umfrage kann diese Hoffnung nicht vollends unterstützen. Nur jeder Fünfte hat vor, die zusätzlichen Ersparnisse der letzten Wochen vollumfänglich für Konsumgüter zu nutzen. Die meisten haben andere Pläne: Sie wollen ihre finanzielle Zukunft verbessern. Dabei hat die Börse einen schweren Stand: Nur 12% wollen ihr Geld an den Märkten anlegen. Die Altersvorsorge schneidet mit 15% ebenfalls nicht gut ab. Mit Abstand am häufigsten genannt (78%) wird das altbekannte Sparen. Neben dem Sichern der eigenen finanziellen Zukunft und dem Nachholen von Konsum gibt es eine dritte Möglichkeit, das angesparte Geld zu verwenden: 6% der Befragten beabsichtigen, zumindest einen Teil der Lockdown-Ersparnisse zu spenden.
3. Der grosse Verlierer
Auf Gönnerbeiträge oder sonstige Unterstützungsleistungen könnten demnächst auch diverse Akteure aus dem Bereich Sport vermehrt angewiesen sein – dieser ist laut Umfrage der grosse Verlierer. Denn gefehlt haben den Befragten vor allem Restaurantbesuche (50%), Reisen (38%) oder das Ausgehen (31%). Auf Sportvereine bzw. -clubs wie auch auf Sportveranstaltungen kann man eher verzichten: Sie wurden nur von 16% respektive 9% der Befragten vermisst. Dieses Bild wird von der Gegenfrage bestätigt: Beide haben 35% respektive 40% der Befragten am wenigsten gefehlt.
Zu dieser wenig erfreulichen Nachricht kommen in der Branche weitere Probleme. Aufgrund der vielen Kontakte, die im aktiven Sport oder bei Sportveranstaltungen naturgemäss stattfinden, werden die Lockerungen hier mit am längsten auf sich warten lassen. Dazu kommt: Selbst wenn die Konsumenten einen Teil der verpassten Ausgaben nachholen, werden die Betreiber von Sportangeboten davon kaum profitieren. Dies, weil man Ausgaben für den Sport – anders als Restaurantbesuche, Reisen oder Shopping – nur schwer nachholen kann. Kaum jemand geht plötzlich dreimal statt einmal wöchentlich ins Yoga, um dem Studio zu helfen. Etwas häufiger beim Italiener um die Ecke essen, das geht sehr wohl. Und von den unzähligen Grossveranstaltungen und Spielen, die nun ausfallen, kann nur ein kleiner Teil nachgeholt werden.
4. Ältere machen sich mehr Sorgen – und sprechen weniger darüber
Zuletzt haben wir noch gefragt, ob sich die Rolle von Geld durch die Corona-Krise in irgendeiner Weise verändert hat. Bei einer knappen Mehrheit von 54% ist das nicht der Fall. Bei 17% nimmt Geld nun eine wichtigere Rolle ein, 30% dagegen konnten sich identifizieren mit der Aussage «Es hat sich gezeigt, dass Geld nicht alles ist». Zu dieser Verteilung passen auch die Veränderungen bei der Bewertung der persönlichen Finanzlage: Die Hälfte schätzt sie seit der Corona-Krise anders ein, wobei das Alter eine tragende Rolle spielt. Bei den 50- bis 65-Jährigen sind 28% der Befragten verunsichert, bei den 15- bis 29-Jährigen sind es 20%.
Die Verunsicherung sorgt für Redebedarf, der – vor allem bei den Jüngeren – bei Familie und Freunden gestillt wird. Auffallend ist, dass sich viele Menschen Gedanken um ihre finanzielle Zukunft machen, aber mit niemandem darüber sprechen. Je älter die Befragten, desto eher ist dies der Fall. Bei den 15-bis 29-Jährigen schweigen 19%, bei den 30- bis 49-Jährigen 28%, bei den 50- bis 65-Jährigen 34%.
Dass insgesamt nur gerade 3% der Befragten ihre finanziellen Sorgen mit einem Bankberater teilen, ist für uns als Bank natürlich keine schmeichelnde Nachricht. Wir sehen den tiefen Wert deshalb auch als Aufforderung, unseren Kundinnen und Kunden in Zukunft noch aktiver zur Seite zu stehen. Es ist gut, dass mehr Menschen ihre finanziellen Sorgen mit Freunden oder Familie besprechen. Diese Gespräche ersetzen aber keine professionelle und langfristige Finanzplanung. Das gilt nicht nur für Grossverdiener, sondern für alle Einkommensschichten und Altersklassen.
Fazit
Für die meisten Schweizer hat die Corona-Krise Auswirkungen auf die eigenen Finanzen. Es wurde weniger Geld ausgegeben und mehr angespart. Der grosse Nachfrageschub wird eher ausbleiben und vor allem die Sportanbieter werden das Nachsehen haben. Überraschend ist, dass eine breite Unsicherheit und ein grosser Gesprächsbedarf zu spüren ist, aber nur wenige eine professionelle Finanzberatung in Anspruch nehmen. Das macht stutzig. Beim Grossteil der Befragten gilt nach fast zwei Monaten im Ausnahmezustand jedoch: Es ist Zeit, über Geld zu reden. (Bank Cler/mc)