London – Die britische Notenbank hat ihren Leitzins erstmals seit rund zehn Jahren erhöht. Wie die Bank of England am Donnerstag in London mitteilte, steigt der Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent. Es ist die erste Zinsanhebung seit Mitte 2007. Analysten hatten mehrheitlich mit dem Schritt gerechnet, weil die Zentralbank bereits starke Hinweise darauf gegeben hatte.
Das britische Pfund geriet nach Bekanntwerden der Entscheidung zu Euro und Dollar erheblich unter Druck. Am britischen Anleihemarkt verringerten sich die Renditen für Staatsanleihen des Königreichs deutlich. Der britische Aktienmarkt reagierte dagegen mit Kursgewinnen.
Kein einstimmiger Entscheid
Wie die Bank of England mitteilte, fiel der Zinsentscheid nicht einstimmig. Von den neun Mitgliedern des geldpolitischen Ausschusses MPC votierten zwei Notenbanker gegen eine Anhebung. Die Zentralbank gab keinen Hinweis auf eine weitere Zinsanhebung in naher Zukunft. Sie bekräftigte lediglich eine frühere Aussage, wonach eine geldpolitische Straffung «graduell» und «in begrenztem Umfang» erfolge.
Begründet wurde die Zinsstraffung mit der erhöhten Inflation. Notenbankchef Mark Carney sagte vor der Presse, ohne eine Straffung sei es unwahrscheinlich, dass die Inflation wieder in die Nähe des Zielwerts der Zentralbank von zwei Prozent falle. Zurzeit liegt die Teuerung mit 3,0 Prozent deutlich über dem Notenbankziel, was vor allem eine Folge des schwachen britischen Pfund ist. Es verteuert die Importe und hebt damit das inländische Preisniveau.
Wachstums- und Inflationsprognosen leicht gesenkt
Die Wachstums- und Inflationsprognosen für die britische Wirtschaft wurden von der Notenbank leicht gesenkt. Die Prognosen sehen zwei weitere Zinsanhebungen bis Ende 2020 vor, was gegen einen straffen Zinserhöhungskurs spricht. Einige Analysten hatten bereits vor dem Zinsentscheid unter dem Stichwort «One and done» die Möglichkeit ins Auge gefasst, dass es bis auf weiteres sogar bei einer einzigen Zinsanhebung bleiben könnte.
Notenbankchef Carney sagte, es sei für die Bank of England Zeit gewesen, etwas vom geldpolitischen Gaspedal zu gehen. Zugleich verwies er abermals auf die grossen Risiken, die der Brexit für die britische Wirtschaft mit sich bringe. Betroffen sei vor allem die Investitionsneigung der Unternehmen. «Es sind keine normalen Zeiten für die Wirtschaft.»
Mit der Zinsanhebung macht die Notenbank einen Teil ihrer geldpolitischen Lockerung rückgängig, die sie aus Vorsichtgründen nach dem Brexit-Votum Mitte 2016 ergriffen hatte. Aus Befürchtung, die britische Wirtschaft könnte infolge des Votums abstürzen, hatte die Bank of England sowohl ihren Leitzins gesenkt als auch zusätzliche Wertpapierkäufe zur Konjunkturstützung vorgenommen. Die Notenbank erntete dafür von Seiten der Brexit-Befürworter herbe Kritik. (awp/mc/pg)