Bank of England stellt straffere Geldpolitik in Aussicht
London – Die britische Notenbank hält vorerst an ihrem lockeren Kurs fest, stellt aber zugleich die Möglichkeit einer baldigen Straffung ihrer Geldpolitik in Aussicht. Dies geht aus dem Protokoll hervor, das die Bank of England am Donnerstag nach ihrer Zinssitzung veröffentlichte. Darin heisst es, der geldpolitische Ausschuss MPC sei sich einig darin, dass eine geldpolitische Straffung schneller kommen könnte, als sie derzeit an den Märkten erwartet werde. Eine Mehrheit im MPC kann sich sogar vorstellen, dass eine Straffung in den kommenden Monaten erfolgen könnte.
Das britische Pfund reagierte auf die Nachricht mit deutlichen Kursgewinnen zu vielen Währungen. Zum amerikanischen Dollar und zum Euro legte die vom Brexit gebeutelte Währung jeweils 0,8 Prozent zu. Gegen die US-Währung markierte das Pfund sogar ein neues 1-Jahreshoch. Zu anderen wichtigen Währungen wie dem Schweizer Franken waren die Gewinne teils deutlich stärker. Am britischen Kapitalmarkt stiegen die Renditen für Staatsanleihen des Vereinigten Königreichs deutlich an. Der britische Aktienmarkt reagierte dagegen negativ und drehte ins Minus.
Märkte auf dem falschen Fuss erwischt
Bisher wurde an den Finanzmärkten mit einer ersten Zinsanhebung nach der Finanzkrise seitens der Bank of England frühestens im Frühjahr 2018 gerechnet. Lange Zeit war eine erste Zinsstraffung sogar noch wesentlich später im Jahr 2019 erwartet worden. Die jetzigen Formulierungen der Notenbank lassen dagegen eine straffere Geldpolitik noch in diesem Jahr möglich erscheinen. Für eine unmittelbare Anhebung des Leitzinses votierten jedoch nach wie vor nur zwei der insgesamt neun Mitglieder im MPC. Notenbankchef Mark Carney gehörte ebenso wenig dazu wie Chefvolkswirt Andrew Haldane, der zuletzt mit einer strafferen Geldpolitik liebäugelte.
Zunächst hält die Notenbank jedoch an ihrer extrem lockeren Linie fest. Trotz anziehender Inflation bleibt der Leitzins auf dem historischen Tiefstand von 0,25 Prozent. Auf dieses Niveau hatte die Notenbank den Zins kurz nach dem Brexit-Votum vom vergangenen Sommer reduziert. Analysten hatten mit der aktuellen Entscheidung der Notenbank gerechnet. Auch das Volumen der Wertpapierkäufe zur Konjunkturstützung wurde nicht verändert.
Geldpolitik in der Zwickmühle
Die Geldpolitik der Bank of England gerät zunehmend in die Zwickmühle: Einerseits sprechen das schwächere Wirtschaftswachstum und der ungewisse Fortgang der Brexit-Verhandlungen mit der EU für niedrige Leitzinsen. Andererseits liegt die Inflation mit 2,9 Prozent klar über dem Zielwert der Notenbank von zwei Prozent. Dies spricht für sich genommen für höhere Leitzinsen. Bislang rechneten viele Fachleute damit, dass sich die Bank of England im Zweifel für eine Konjunkturstützung und damit gegen höhere Leitzinsen entscheiden würde. (awp/mc/pg)