EZB-Chef Mario Draghi. (Foto: EZB)
Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) gibt sich für die Konjunkturlage im Währungsraum etwas zuversichtlicher. EZB-Chef Mario Draghi begründete mit dieser Einschätzung die Entscheidung, die Geldpolitik nicht weiter zu lockern. Die Konjunkturdaten seit der letzten Zinssitzung vom Februar hätten unter dem Strich positiv überrascht, sagte Draghi am Donnerstag in Frankfurt. Er nannte etwa robuste Stimmungsindikatoren. Zudem habe sich der Inflationsausblick nicht weiter verschlechtert.
Zugleich räumte Draghi ein, dass im geldpolitischen Rat eine breitangelegte Diskussion stattgefunden habe. Dabei sei es sowohl um Zinssenkungen als auch um andere Lockerungsmassnahmen gegangen. Auf die von einigen Beobachtern erwartete Aussetzung der sogenannten «SMP-Sterilisierung» verzichtete die Notenbank. SMP (Securities Markets Programme) bezeichnet das mittlerweile eingestellte Anleiheprogramm der EZB, mit dem die Notenbank zwischen 2010 und 2012 Staatsanleihen krisengeschwächter Euroländer erworben hatte. Seit Beginn der Käufe hat die Notenbank das durch die Käufe geschaffene Geld wöchentlich wieder entzogen, um Inflationsrisiken vorzubeugen.
Erholung setzt sich langsam fort
Draghi sagte nun, der Nutzen einer Aussetzung des Liquiditätsentzugs sei begrenzt. Auch den mitunter diskutierten Ankauf von Vermögenswerten, die mit Forderungen wie Unternehmenskrediten besichert sind, sprach Draghi an. Der Ankauf derartiger ABS (Asset Backed Securities) sei ein komplexes Thema, so der EZB-Chef. Die Notenbank arbeite aber an einer Lösung. Beobachter erhoffen sich von einem solchen Ankauf, dass die schwache Kreditvergabe im Süden Europas wieder in Gang kommt.
Insgesamt hätten die Entwicklungen in den letzten Wochen die Erwartungen der Notenbank bestätigt, sagte Draghi. Die Konjunkturerholung setze sich fort, allerdings mit geringem Tempo. Zugleich sei nach wie vor mit einer langanhaltenden Phase niedriger Inflationsraten zu rechnen. Draghi bekräftigte, dass die EZB ihre Geldpolitik so lange wie nötig locker belassen werde. Die Notenbank versprach erneut, dass die Leitzinsen längere Zeit auf dem gegenwärtigen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden. Die EZB stehe bereit zu handeln, falls dies erforderlich werden sollte.
Preisauftrieb dürfte schwach bleiben
Zuvor hatte die EZB mitgeteilt, dass die Leitzinsen im Euroraum unverändert bleiben. Der wichtigste Zinssatz, zu dem sich die Geldhäuser für eine Woche Zentralbankgeld leihen können, liegt seit vergangenem November auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent. Bankvolkswirte hatten mit den jüngsten Entscheidungen gerechnet. Eine Minderheit von Analysten hatte dagegen auf eine zusätzliche Lockerung etwa in Form einer Zinssenkung gesetzt. Hauptgrund ist die seit längerem ungewöhnlich schwache Inflation im Währungsraum, die bei manchen Beobachtern Deflationsängste schürt.
Jüngste Prognosen des EZB-Mitarbeiterstabs bestätigten zwar den absehbar schwachen Preisauftrieb, deflationäre Tendenzen lassen sich aber nicht unmittelbar erkennen. Nach einer durchschnittlichen Inflationsrate von 1,0 Prozent im laufenden Jahr rechnet die Notenbank für 2015 mit einer Beschleunigung auf 1,3 Prozent und 2016 auf 1,5 Prozent. Im Schlussquartal 2016 wird eine Rate von 1,7 Prozent erwartet. Alle Werte liegen unter dem Ziel der EZB von knapp zwei Prozent. Das Wachstum im Euroraum dürfte sich ausgehend von 1,2 Prozent im laufenden Jahr auf 1,5 Prozent 2015 und 1,8 Prozent 2016 beschleunigen. (awp/mc/pg)