Bankenombudsman stellt weiteren Anstieg von Betrugsfällen fest
Zürich – Der Bankenombudsman hat 2021 wieder weniger Fälle bearbeitet als noch im Coronajahr 2020. Erneut musste das Team um Marco Franchetti allerdings einen starken Anstieg der Betrugsfälle feststellen.
Insgesamt konnte der Bankenombudsman 1921 Fälle abschliessen, was einem Rückgang um 10 Prozent gegenüber dem Jahr davor entspricht. Die schnelle Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie und ein insgesamt erfreuliches Anlagejahr 2021 hätten wohl zu dem Rückgang beigetragen, sagte Franchetti am Mittwoch vor den Medien.
Die meisten Proble verursachten auch 2021 Abwicklungsfragen. Allerdings sei es bereits bei jedem fünften Fall um einen Betrugsfall gegangen, betonte der Ombudsman. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 90 Prozent der Lösungsvorschläge von den Finanzunternehmen akzeptiert.
Sorgfaltspflicht der Kunden
Bei den diversen Betrugsfällen, die an den Bankenombudsman gelangten, ging es erneut um ein breites Spektrum: Dieses reichte von manipulierten Geldautomaten über gefälschte Zahlungsaufträge per E-Mail oder unrechtmässig belastete Prepaid-Karten bis hin zu «Phishing-Mails» und Enkeltrick-Betrügern.
Während der Kunde via das E-Banking und Mobile-Banking immer mehr selbst erledigen müsse, stellten die Finanzunternehmen immer höhere Anforderungen an die Kunden bezüglich der Einhaltung von Sorgfaltspflichten. Diese seien in der Regel aber Voraussetzung dafür, dass Kunden im Betrugsfall entschädigt würden, sagte Franchetti: «Pflichten, denen sie sich oftmals nicht bewusst sind.»
Kunden müssten aber unbedingt wachsam sein und sich vor Betrügern schützen, appellierte der Ombudsman. Es sei wichtig, informiert zu bleiben und Warnungen von Finanzinstituten und Behörden zu beachten. «Die Finanzunternehmen können nicht für Schäden haften, die sie nicht verursacht haben.»
Nachrichtenlose Vermögen
Bezüglich der Suche nach nachrichtenlosen Vermögenswerten – der Bankenombudsman ist die zentrale Anlaufstelle in dieser Sache – gingen im vergangenen Jahr 441 neue Anfragen ein. Insgesamt konnten den Berechtigten an 47 «kontaktlosen Kundenbeziehungen» Werte von 5,4 Millionen Franken und die Inhalte von 6 Schrankfächern zugänglich gemacht werden.
Seit der Einführung des Suchsystems im Jahr 2001 habe die Anlaufstelle insgesamt 646 kontakt- und nachrichtenlose Geschäftsbeziehungen identifiziert, sagte Franchetti. In den letzten zwei Jahrzehnten seien damit 124,2 Millionen Franken sowie die Inhalte von 69 Schliessfächern an berechtigte Personen zugänglich gemacht worden.
Orientierung verloren
Der technologische Fortschritt habe das Verhalten der Menschen verändert, zog der per Ende 2022 abtretende Franchetti ein Fazit: Die Instabilität der Finanzmärkte, die starke Zunahme von Online-Transaktionen, die Flut von leicht zugänglichen und manchmal voreingenommenen Informationen beeinflussten auch die Arbeit des Ombudsman direkt: «Die Kunden verlieren die Orientierung^»
Finanzunternehmen spürten derweil zunehmend den Kostendruck und bürdeten den Kunden mehr Aufgaben auf. Entsprechend stiegen die Erwartungen an die Kunden, was zu Spannungen zwischen den Vertragspartnern führe. «Ich nehme täglich wahr, dass sich die Fronten verhärten», erklärte Franchetti. Dieser Trend habe sich in den letzten zehn Jahren fortgesetzt.
Die Arbeit des Bankenombudsmans sei in einem solchen Umfeld wichtiger denn je, gab er sich überzeugt. In den allermeisten Fällen stellten die Kunden die schwächere Partei dar, es fehle ihnen gegenüber den Finanzunternehmen oft an Mitteln und Wissen. «Es gilt das Gleichgewicht wiederherzustellen.» (awp/mc/pg)