Hanspeter Häni tritt als Bankenombudsman ab.
Zürich – Der Schweizer Bankenombudsman hat im vergangenen Jahr hartnäckiger und in Ausnahmefällen auch erfolglos bei Banken argumentieren müssen, um bei Klagen von Bankkunden eine positive Lösung erreichen zu können. Zunehmend, insbesondere bei höherem Streitwert, zeige sich bei Banken statt Lösungsorientierung eine Abwehrhaltung, sagte der scheidende Bankenombudsmann Hanspeter Häni anlässlich der Jahresmedienkonferenz.
«Die Banken spekulieren wohl darauf, dass der Kunden den Gang ans Gericht scheue», sagte Häni. Hinter diesem Verhalten orte er extremes Bereicherungsdenken. Besonders ausgeprägt komme dies dort zum Ausdruck, wo die Entscheidungsträger «mehr an Kennzahlen und Quartalsergebnissen orientierte Banken angelsächsischer Prägung sind als traditionelle, kundenbezogene Bankiers», führte Häni weiter aus.
Einzelfälle halten sich nicht an Vorschläge
Aufgrund dieses Verhaltens nahmen Banken in drei beziehungsweise in vier Prozent aller untersuchten Fälle, die vom Ombudsman verlangten Korrekturen nicht vor. Dies, obwohl er ein klares Fehlverhalten der jeweiligen Bank festgestellt hatte. Die Akzeptanzquote von 96% nach 91% im Vorjahr zeigt indes, dass die Schlichtungsverfahren bei der Mehrheit der Fälle mit einer Lösung im Sinne des Vorschlags des Ombudsmans abgeschlossen werden konnten: Die Akzeptanzquote misst das Verhältnis der Zahl der Fälle, bei denen der Ombudsman eine Korrektur von der Bank verlangte und dessen Vorschlag von dieser auch akzeptiert wurde.
Insgesamt bearbeitete die Stiftung im vergangenen Jahr 1’842 Anfragen und damit etwa gleichviel wie im Vorjahr. Im Jahr 2009 waren es rund 4’700 gewesen, vor der Krise etwa 1’500. In der Folge der Finanzkrise 2008/2009 war noch mehr gestritten worden und die Banken hatten damals weniger von Hänis Vorschlägen akzeptiert; die Akzeptanzquote lag 2008 bei 91% und 2009 gar bei 73%.
In den meisten Fällen ein Streitwert bis max. 100’000 Franken
Bei mehr als drei Viertel der Fälle ginge es um Schadenssummen zwischen 101 und 100’000 CHF, bei 18% lag der Wert zwischen 100’001 CHF und 1 Mio. Kleinstfälle und Fälle mit einem Streitwert von einer Million und mehr waren selten.
Die grösste Gruppe der schriftlich abgeschlossen Ombudsfälle betragen das Sachgebiet Konto, Zahlungsverkehr, Karten mit 39%. Dabei ging es zumeist um den missbräuchlichen Karteneinsatz oder Barbezüge durch Dritte. Abgenommen haben die Fälle im Sachgebiet Anlageberatung, Vermögensverwaltung. Der Anteil dieser Gruppe reduzierte sich auf 16% nach 25% im Vorjahr. Zugenommen auf 15% von 13% haben die Fälle in der Rubrik Kredite, Hypotheken.
Anfragen zum Thema Retrozessionen haben zugenommen
Insgesamt 270 Anfragen gab es zudem zum Thema Retrozessionen. Die Hälfte bezieht sich gemäss Häni auf Kunden, die sich von der Bank beraten liessen. Nach Interpretation von Häni ist bezüglich dieser Kundegruppe die Frage der Verjährung höchstrichterlich noch nicht entschieden. Bei den Mandaten ist diese Frage dagegen geklärt, und der Ombudsman habe mit einigen Banken auch Lösungen gefunden.
Aufgrund der geänderten Verfahrensordnung erhält der Ombudsman die Möglichkeit, künftig bei ähnlichen Themen wie Lehman oder nun Retrozessionen Kriterien für eine Serienfall-Bearbeitung zu erstellen. Die erwähnten 270 Anfragen seien dafür aber noch eine zu geringe Zahl, da sie mehrere Banken mit jeweils unterschiedlichen Klagepunkten betreffen würden.
Häni übergibt an Franchetti
Der Deutschschweizer Häni gibt seine Funktion nach 20 Jahren an den Jurassier Marco Franchetti ab. Für ihn habe sich der Stiftungsrat von über 50 Bewerbungen einstimmig entschieden, sagte Präsidentin Annemarie Huber-Hotz. Der Jurist Franchetti arbeitete lange Jahre bei der EBK respektive Finma. Er sieht sich als Bankenombudsman weder als Anwalt einer Seite noch als Richter. Der Ombudsman «ist vielmehr bestrebt, aufgrund der geltenden Regeln eine einvernehmliche Lösung zu finden, die den Umständen des konkreten Falles Rechnung trägt», sagte er. (awp/mc/pg)