Uneinigkeit unter der Bundeshauskuppel bezüglich Vorgehen zur Bankenregulierung.
Bern – Die neue Regulierung der Schweizer Grossbanken nach der Finanzkrise wird kaum so schnell vorankommen, wie es der Bundesrat vorsieht. Weil das Ausland nicht vorwärts macht, warnt die Rechte vor einer raschen Umsetzung. Die Linke fordert noch schärfere Regeln.
Nach dem Willen des Bundesrates sollen CS und UBS ihre risikogewichteten Aktiven künftig mit 19% Eigenmittel unterlegen. Das ist deutlich mehr als heute und geht auch über den nach der Krise entwickelten internationalen Regulierungsstandard (Basel III) hinaus. Die schärferen Regeln sollen das Risiko vermindern, dass der Staat eine Bank im Notfall retten muss. Bei der Regulierung systemrelevanter Banken nimmt die Schweiz eine Vorreiterrolle ein. Während andere Staaten und internationale Gremien noch kaum Anstalten zum Handeln machen, sollen die Bestimmungen zum «Too-big-to-fail»-Problem in der Schweiz Anfang 2012 in Kraft treten. Erfüllen müssten sie die Banken ab 2019.
Bürgerliche warnen vor Vorpreschen
FDP, CVP und SVP sowie der Wirtschaftsdachverband economiesuisse warnen aber vor einem Vorpreschen, wie sie in ihren Stellungnahmen zur Vernehmlassung, die am Mittwoch abläuft, festhalten. Den Fahrplan – vor den Wahlen im Herbst soll das Parlament entscheiden – erachten sie als zu ambitiös. Zwar stehen sie – wie auch die Bankiervereinigung – hinter den Verschärfungen. Zum Umfang des «Swiss Finish», besonders zum Kapital, das über bedingte Pflichtwandelanleihen (CoCo-Bonds) gehalten würde, herrscht derzeit aber noch Skepsis. Wenn das Ausland nicht ähnliche Regeln für Grossbanken erlasse, müsse eine Lockerung oder eine verzögerte Umsetzung möglich sein, halten die Parteien fest. Sonst büsse der Schweizer Finanzplatz seine Wettbewerbsfähigkeit ein. Eine Schwächung befürchtet auch die SVP, die dazu genauere Angaben verlangt. Die Partei äussert sich jedoch nicht zu den konkreten Quoten.
Grübel droht mit Abwanderung
Die Parteien nehmen mit ihrer Zurückhaltung Bedenken der Grossbanken auf. UBS-Konzernchef Oswald Grübel, dessen Bank die Finanzkrise nur dank einem Rettungspaket des Bundes überstanden hatte, sprach offen von einer Abwanderung wegen der strengeren Regeln. Im Gegensatz zur Rechten will die Linke beim Kernpunkt der Vorlage weitergehen. Es handle sich erst um einen «Schritt in die richtige Richtung», stellte die SP fest. Die Sozialdemokraten, Grünen und der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB setzen auf eine minimale «Leverage Ratio» (Verhältnis Eigenmittel zu ungewichteten Aktiven). Sie soll aus Sicht der Grünen bei 12-15% liegen, die SP verlangt 10-12%, der SGB 10%. Zwar lässt sich die «Leverage Ratio» nach den geplanten Regeln noch nicht berechnen, doch die geforderten Werte liegen massiv höher. Die CoCo-Bonds verlangt die Linke zusätzlich zur «Leverage Ratio».
Zank um FINMA-Befugnisse
Zu reden gibt bei allen Seiten die Rolle der FINMA: Sie erhalte «fast unbegrenzte Kompetenzen», hält die SVP pauschal fest. Der SGB kritisiert, dass für viele Regelungen die FINMA oder Nationalbank (SNB) verantwortlich wären. Aus Sicht des SGB müssten dafür eher politische Gremien wie der Bundesrat zuständig sein. Für CVP, FDP und economiesuisse liegt ein Knackpunkt bei der vorgesehenen Befugnis der FINMA, im Krisenfall in eine Bank einzugreifen. Das sei im Bericht der Expertenkommission zum Thema, an den sich der Bundesrat halten solle, nicht enthalten. Dabei geht es um die Notfallpläne die Grossbanken für den Krisenfall vorbereiten sollen.
Sonderzug der SVP
Die Linke verlangt demgegenüber einen Ausbau der Vorlage: Auch Regeln gegen Boni-Exzesse oder eine Beschränkung des Eigenhandels der Banken sollen aufgenommen werden. Abgelehnt wird bei der Linken auch die Abschaffung der Emissionsabgabe für CoCos. Trotz eines Steuerausfalls von über 200 Mio CHF wollen aber etwa die Kantone dies «aus politischen Gründen» akzeptieren, wie die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK) schreibt. Für sie dürften aber die Eigenmittelanforderungen eher strenger ausfallen. Während alle anderen Parteien sich in den Grundzügen mit der Vorlage einverstanden erklären, fährt die SVP einen Sonderzug: Sie hält an ihrer Forderung nach einer Aufteilung der Banken in Tochter- und Ländergesellschaften fest. Nur so könne ein Geschäftsteil untergehen, ohne die Volkswirtschaft mitzureissen. (awp/mc/ps)