Bankenwerte erneut durch Türkei-Krise belastet
Zürich – Die Kurse der Schweizer Bankaktien UBS, CS und Julius Bär notierten im Montag-Handel erneut klar schwächer. Marktteilnehmer verweisen auf die Schwäche des gesamten Sektors auch an anderen europäischen Börsen. Auslöser ist dabei die Währungskrise in der Türkei, die sich über das Wochenende noch verschärft hat.
Die hiesigen Bankenwerte UBS (-1,0% auf 15,44 Fr.) und CS (-1,2% auf 15,05 Fr) und in etwas geringerem Ausmass auch Julius Bär (-0,4% auf 53,78 Fr.) standen den ganzen Tag im Minus. Andere grosse europäische Bankhäuser wie die Deutsche Bank, Commerzbank, BNP Paribas oder BBVA verloren ebenfalls an Wert.
Auslöser sind die Sorgen um die Auswirkungen des Kursverlustes der türkischen Lira auf die hohen Fremdwährungsschulden insbesondere im privaten Sektor der Türkei. Der hohe Anteil kurzfristiger Verbindlichkeiten im Bankensektor weckt zudem Sorgen vor möglichen Ansteckungseffekten. Meldungen der Europäischen Bankenaufsicht, dass sie mögliche Verluste europäischer Banken in der Türkei beobachte, hätten die Anleger erschreckt, schreibt hierzu die St. Galler Kantonalbank in einem Marktkommentar.
Kredite von über 100 Mrd Euro für die Türkei
Grund für die hohe Verschuldung türkischer Unternehmen und Banken in Fremdwährungen wie Euro und Dollar sei, dass die Zinsen deutlich tiefer waren als diejenigen in der einheimischen Lira. Vor allem spanische, französische und italienische Banken hätten dies genutzt und in der Türkei Kredite von mehr als 100 Milliarden Euro vergeben.
Konkret ist laut der Zürcher Kantonalbank (ZKB) auf Ebene der einzelnen Banken insbesondere die spanische BBVA stark exponiert. An zweiter bis fünfter Stelle folgen die italienische Unicredit, die niederländische ING, die britische HSBC und die französische Grossbank BNP Paribas.
Schweizer Banken direkt wenig betroffen
Die Schweizer Banken haben verhältnismässig Glück und sind direkt – also über die Vergabe von Krediten – im Vergleich zu südeuropäischen Instituten weniger stark betroffen. Bei der Credit Suisse beispielsweise zählte das Türkei-Geschäft zum Jahresende laut einem Bericht an die US-Börsenaufsicht nicht zu den 16 grössten grenzüberschreitenden Länder-Engagements. Konkrete Angaben zur Höhe ihres Türkei-Geschäfts machte die Credit Suisse am vergangenen Freitag allerdings nicht.
Volkswirte sehen nun eine kräftige Zinserhöhung als einziges Mittel, um den Lira-Verfall zu stoppen. Doch hatten sich in letzter Zeit die Zweifel an der Unabhängigkeit der Notenbank durch den wachsenden Einfluss von Präsident Recep Tayyip Erdogan gemehrt. Und dieser hatte sich selbst wiederholt als «Gegner der Zinsen» bezeichnet und angekündigt, eine grössere Kontrolle über die Geldpolitik ausüben zu wollen.
Die von der Rhetorik des Staatspräsidenten eingeschüchterten Währungshüter der Türkei meldeten sich angesichts der aktuellen Situation des Landes am heutigen Montag nach langem Schweigen trotzdem endlich wieder zu Wort. Eine Leitzinserhöhung gaben sie jedoch nicht bekannt.
Türkische Notenbank verringert Reserve-Anforderungen
Sie teilten aber mit, dass die Reserve-Anforderungen an bestimmte Währungsgeschäfte verringert wurden. Dadurch würden dem Finanzmarkt rund zehn Milliarden Lira, sechs Milliarden Dollar sowie Goldguthaben im Wert von drei Milliarden Dollar an Liquidität zugeführt. Zusätzlich zum Dollar könnten auch Euro zur Absicherung von Lira-Reserven genutzt werden.
Zudem würden den heimischen Banken zusätzliche Refinanzierungsgeschäfte angeboten. Die Geldhäuser können sich auch zusätzliche Mittel in Fremdwährung leihen. Die Schritte dürften darauf abzielen, die Marktliquidität zu erhöhen. Es würden alle Schritte ergriffen, um die Finanzstabilität zu sichern, teilte die Notenbank mit.
Der türkische Finanzminister Berat Albayrak – ein Schwiegersohn von Staatspräsident Erdogan – hatte am Wochenende bereits einen Aktionsplan für die Wirtschaft angekündigt, der die Märkte beruhigen und den starken Kursverfall der Lira stoppen sollte. Allerdings hatten seine eher vagen Ausführungen den Märkten nicht die nötige Ruhe gebracht. (awp/mc/pg)