John McFarlane. (Foto: Barclays)
London – Das Personalbeben im Top-Management von Europas Grossbanken geht weiter. Am Mittwoch zog das britische Geldhaus Barclays Konsequenzen aus dem schleppenden Umbau und setzte Vorstandschef Antony Jenkins (53) vor die Tür. Vorübergehend soll Verwaltungsratschef John McFarlane (67) auch die Geschäfte führen, ehe ein Nachfolger für Jenkins gefunden ist, wie die Bank am Mittwoch in London mitteilte.
Der Aufsichtsrat der Bank sei zu dem Schluss gekommen, dass Barclays eine neue Führung brauche, «um das Tempo der Entscheidungsprozesse zu erhöhen». McFarlane sei dafür der ideale Mann, bis eine Dauerlösung gefunden sei. Die grundsätzliche Strategie des Hauses solle nicht geändert werden. Interimschef McFarlane steht selbst erst seit April an der Spitze des Verwaltungsrats. Er hatte sich zuvor beim Versicherer Aviva den Ruf eines harten Sanierers erworben. Dort hatte er 2012 ebenfalls kurz nach seinem Amtsantritt im Verwaltungsrat übergangsweise auch den Vorstandsvorsitz übernommen.
Sesselrücken bei den Grossbanken
In den vergangenen Monaten hatten bereits die Deutsche Bank, die Credit Suisse und die britische Standard Chartered ihr Top-Management ausgetauscht. Die Geldhäuser kämpfen angesichts niedriger Zinsen und immer strengerer Regeln mit schwachen Renditen. Hinzu kommen vielerorts hohe Strafen wegen früheren Fehlverhaltens.
Barclays-Investmentbanking schlechteste Sparte des Konzerns
Der frühere Privatkundenchef Jenkins war Mitte 2012 an die Spitze von Barclays gerückt und hatte damals Bob Diamond abgelöst, der wegen der Verwicklungen der Bank in den Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze gehen musste. Jenkins versuchte, mit harten Schnitten im von seinem Vorgänger noch massiv ausgebauten Investmentbanking das Institut wieder auf Kurs zubringen.
Das führte aber dazu, dass die einstige Gewinnmaschine des Hauses inzwischen zur schlechtesten Sparte der Konzerns geworden ist. So konnte Barclays im ersten Quartal kaum vom Aufschwung im Kapitalmarktgeschäft profitieren. Analysten bemängeln zudem die im Vergleich zu den anderen britischen Banken schwache Kapitalausstattung von Barclays. Nun rechnen einige Beobachter bereits damit, dass die Bank nach dem Jenkins-Rauswurf bald zu einer Kapitalerhöhung greifen könnte.
Jenkins rechtfertigt sich
Jenkins betonte die Erfolge seiner Arbeit: «Man kann leicht vergessen, wie schlimm die Dinge vor drei Jahren in der Branche und besonders für uns waren. Ich bin stolz auf die bedeutenden Fortschritte, die wir seitdem gemacht haben.» Die Kapitalausstattung sei bereits viel stärker, das Geschäftsmodell besser ausbalanciert und das Kostenmanagement disziplinierter. Zudem habe sich der Ruf der Bank verbessert.
Barclays war in zahlreiche Skandale der gesamten Branche in den vergangenen Jahren verwickelt. Die Libor-Affäre um manipulierte Referenzzinssätze etwa nahm ihren Anfang bei dem britischen Geldhaus. Erst vor wenigen Wochen wurde das Institut wegen Manipulationen auf dem Devisenmarkt zu einer Strafzahlung von 2,4 Milliarden US-Dollar in den USA und Grossbritannien verdonnert. (awp/mc/pg)