Bargeld bleibt in der Schweiz trotz Bankkarten gefragt
Bern – Schweizerinnen und Schweizer lieben Bargeld: Obwohl Debit- und Kreditkarten weit verbreitet sind, werden an Geldautomaten noch immer häufig Banknoten bezogen. Die Anzahl Transaktionen und das Volumen der abgehobenen Geldbeträge ist im vergangenen Jahrzehnt weiter gestiegen. Erst seit zwei Jahren gibt es eine leichte Abschwächung.
Im Dezember 2016 wurde in der Schweiz 11 Millionen Mal mit einer Debitkarte an einem Geldautomaten Bargeld abgehoben. Gegenüber den beiden Vorjahren ist dies ein leichter Rückgang. Dies geht aus Zahlen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hervor, die der Nachrichtenagentur sda vorliegen.
Im Dezember 2015 gab es 11,17 Millionen Bargeldbezüge, im Dezember 2014 waren es 11,06 Millionen Transaktionen an Geldautomaten. Vergleicht man die Zahlen allerdings über einen Zeitraum von zehn Jahren, so stellt man einen starken Anstieg fest. 2006 hatten Konsumenten in der Schweiz 9 Millionen Mal Banknoten an Geldautomaten bezogen.
Auch die Beträge, die mit Debitkarten abgehoben werden, sind kleiner geworden. Im Dezember 2016 waren es 2,735 Milliarden Franken im Vergleich zu 2,743 Milliarden im Vorjahresmonat. Aber auch hier ist – verglichen in einem Jahrzehnt – eine starke Zunahme zu beobachten: 2006 hatte das Niveau noch bei 2,181 Milliarden Franken gelegen. Zudem hat sich die durchschnittlich abgehobene Summe etwas vergrössert: Im Dezember 2016 belief sie sich auf 249 Franken, im Vergleich zu 241 Franken Ende 2006.
Negtivzinsen erhöhen Nachfrage
Allen Unkenrufen zum Trotz hat Bargeld offenbar noch immer eine grosse Zukunft vor sich. «Die Gerüchte über den Tod des Bargeldes sind stark übertrieben», sagte SNB-Vizepräsident Fritz Zurbrügg kürzlich in einer Rede. Er begründete dies damit, dass Zuverlässigkeit und Datenschutz die Nachfrage nach Bargeld aufrecht erhalten liessen. Zudem hat sich die Nachfrage nach Bargeld seit der Einführung von Negativzinsen erhöht.
Ein Trend, den auch die Raiffeisenbank konstatiert. 2016 ist die Zahl der Bargeldbezüge um 1,3 Prozent gestiegen, nachdem 2015 noch ein leichtes Minus von 0,2 Prozent resultierte hatte. Kleiner wurde im Durchschnitt bei der Raiffeisen der bezogene Geldbetrag, wie Raiffeisen-Sprecher Philippe Thevoz gegenüber der sda sagt.
Romands mögen Cash
Bei der Postfinance ist die Zahl der Transaktionen an Postomaten bis 2014 stetig gewachsen. Aber in den letzten zwei Jahren habe der Trend ebenfalls leicht gedreht, stellt Postfinance-Sprecher Johannes Möri fest. Die Grossbanken machen die gleiche Beobachtung. Jean-Raphael Fontannaz, Sprecher der grössten Schweizer Bank UBS, hält zudem fest, dass die Geldautomaten in der französischsprachigen Schweiz öfter benutzt werden als in der deutschsprachigen Schweiz. Die sei vermutlich eine Frage der Mentalität. Bei der Raiffeisenbank stellt man ausserdem fest, dass in den ländlichen Gebieten mehr Bargeld bezogen und verwendet wird als in den Städten.
Je nach Alter der Kunden unterscheiden sich auch die Geldbeträge. «Jüngere Menschen, die oft über weniger Mittel verfügen, beziehen meist kleinere Summen, sagt UBS-Sprecher Fontannaz. Jüngere Kunden zücken ferner auch eher ihre Debitkarte, um kleinere Posten bargeldlos zu begleichen, fügt Credit Suisse-Sprecher Jean-Paul Darbellay hinzu.
Schutz vor Diebstahl
Es ist davon auszugehen, dass der bargeldlose Zahlungsverkehr in der Schweiz sich in den kommenden Jahren stärker durchsetzen wird, vor allem mit kontaktlosen Zahlungen (ohne Pin-Code oder Unterschrift) oder mit Bezahl-Apps auf dem Smartphone.
In Skandinavien ist man beispielsweise schon so weit, dass einige Geschäfte gar kein Bargeld mehr akzeptieren. Die Idee dahinter ist, jeglichen Schwarzmarkt im voraus zu unterbinden. Darüber hinaus erhöht «Plastikgeld» die Sicherheit der Mitarbeiter, weil damit Diebstähle weniger attraktiv werden.
Pierre-Alain Leuenberger, Direktor der Neuenburger Kantonalbank, glaubt, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis sich das Vertrauen in «Plastikgeld» vollständig entwickelt hat und sich die Gewohnheiten der Konsumenten grundlegend geändert haben. Dies erkläre, warum einerseits der elektronische Zahlungsverkehr stark wachse und andererseits Bargeld als Zahlungsmittel weiterhin beliebt sei. (awp/mc/pg)