Papandreou knickt ein: Kein Referendum

Giorgos Papandreou

Griechisches Referendum vom Tisch: Ministerpräsident Giorgos Papandreou.

Athen – Die griechische Führung ist angesichts des massiven Drucks der internationalen Geldgeber eingeknickt. Ministerpräsident Giorgos Papandreou zog seinen umstrittenen Plan für eine Volksabstimmung über Milliardenhilfen und den dafür nötigen Sparkurs zurück. Ausserdem gehen der angeschlagene Sozialist und die verfeindete konservative Opposition nach monatelangem Streit aufeinander zu. Das seit fast zwei Jahren pleitebedrohte Land steht nach vielen Monaten erbitterten innenpolitischen Streits nun vor einer «Regierung der Nationalen Rettung».

Papandreou sagte am Donnerstag, die Absage des Referendums sei die Voraussetzung dafür gewesen, dass Gespräche mit der oppositionellen Nea Dimokratia (ND) zur Bildung einer Übergangsregierung zustande kommen. «Wir werden jetzt verhandeln», sagte Papandreou. Der einzige Weg damit Griechenland im Euroland bleibt, sei die Einhaltung der Vereinbarungen mit den Partnern in der EU. «Jetzt geht es darum das Geleistete nicht zu verlieren», sagte Papandreou. Er würdigte die Geduld der Menschen in Griechenland, die bislang «grosse Opfer» gebracht hätten .

Einzelheiten noch umstritten

Einzelheiten zur Übergangsregierung sind noch umstritten: Nach Informationen des Staatsfernsehens NET soll Papandreou eine politische Regierung aus seiner sozialistischen PASOK und der ND anstreben, die für etwa ein halbes Jahr die Geschicke des Landes in die Hand nimmt. Die ND dagegen wolle eine Übergangsregierung nur für einige Wochen und dann eine Neuwahl des Parlaments. Papandreou hatte zuletzt immer mehr Gegenwind auch in den eigenen Reihen verspürt; auch seine zuletzt hauchdünne Parlamentsmehrheit schwand.

Bei hochrangigen ND-Quellen hiess es, die Übergangsregierung solle aus Experten und nicht aus Politikern bestehen. «Diese Regierung wird das Land nur solange führen, bis das Hilfspaket unter Dach und Fach ist. Danach Neuwahlen», sagte ein Mitarbeiter der ND der dpa. Diese Wahlen könnten sogar im Dezember stattfinden, hiess es.

Mehrere Szenarien möglich
In Athen gelten mehrere Szenarien für möglich: Die beiden Parteien könnten sich bis zu der für die Nacht zum Samstag angesetzten Vertrauensabstimmung einigen, die dann eine Abstimmung über die neue Regierung würde. Als wahrscheinlicher gilt aber, dass Papandreou das Vertrauensvotum verliert, ohne, dass er sich mit der Opposition vorher einigt. Dann würde es Sondierungsgespräche unter Regie von Staatspräsident Karolos Papoulias geben mit dem Ziel, eine neue Regierung zu bilden.

Bildung einer «Regierung der Nationalen Rettung» gefordert

Auch zahlreiche Minister und Abgeordnete seiner sozialistischen Regierungspartei PASOK hatten zuvor die Bildung einer «Regierung der Nationalen Rettung» gefordert. Mindestens zwei Abgeordnete erklärten nach Angaben des staatlichen Fernsehens, sie wollten Papandreou das Vertrauen verweigern. Demnach hätte Papandreou mit nur noch 150 Mandaten keine Mehrheit mehr im Parlament. Mindestens vier Minister aus Papandreous Kabinett verlangen nach Informationen der griechischen Presse einen Wechsel an der Spitze der Regierung.

Opposition strikt gegen strammen Sparkurs
Die ND unter Oppositionsführer Antonis Samaras hatte sich bisher strikt dem strammen und unpopulären Sparkurs Papandreous verweigert; er ist nötig, um im Gegenzug weiter internationale Milliardenhilfen zu bekommen, ohne die Griechenland Mitte Dezember pleite wäre.

Ex-EZB-Vize Papademos als Nachfolger gehandelt
In den griechischen Medien wurden bereits Namen möglicher Nachfolger Papandreous gehandelt. Darunter ist der frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, Lucas Papademos, wie der Athener Nachrichtensender Vima 99,5 berichtete. Der frühere griechische Ministerpräsident Kostas Simitis (1996-2004) sei aus Kreisen der EU vorgeschlagen worden, sagte der Chef der kleinen ultrakonservativen Partei Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung (LAOS), Giorgos Karatzaferis.

Finanzminister gegen Referendum

Finanzminister Evangelos Venizelos hatte sich in einer Erklärung offen gegen Papandreous Referendum-Plan gewandt: «Die Position des Landes ist im Euro(land). Es ist eine historische Errungenschaft des Landes und kann nicht infrage gestellt werden», betonte Venizelos. Die Beteiligung Griechenlands an der Eurozone «kann nicht von einem Referendum abhängig sein». Das Hilfsprogramm müsse so schnell wie möglich in die Tat umgesetzt werden, sagte Venizelos. Seiner Kritik schlossen sich andere Minister und Abgeordnete der Sozialisten an, wie der Landwirtschaftsminister Kostas Skandalidis, Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis, Kultusministerin Anna Diamantopoulou sowie Gesundheitsminister Andreas Loverdos und der Transportminister Giannis Ragousis.

«Das einzige Problem ist Papandreou»

Papandreou hatte noch am Donnerstag dagegengehalten: «Ich glaube, das griechische Volk hat die Weisheit und das Wissen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, die den Verbleib des Landes in der Eurozone garantieren werden.» Die ND reagierte in einer Erklärung scharf: «Herr Papandreou ist gefährlich und muss gehen.» Es gebe kein Problem mit dem Verbleib Griechenlands in der Eurozone. «Das einzige Problem ist der Verbleib Papandreous im Amt des Ministerpräsidenten.»

Deutschland und Frankreich erhöhten Druck

Am Vorabend hatten Deutschland und Frankreich den Druck auf Griechenland massiv erhöht. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy forderten das griechische Volk auf, schnellstmöglich über den weiteren Verbleib in der Eurozone zu entscheiden. Auch ein Austritt Athens aus der Währungsunion ist kein Tabu mehr. Sollte das griechische Volk die Auflagen und Forderungen des zweiten Hilfspakets ablehnen, werde man dies akzeptieren. «Aber wir werden auch den Euro nicht aufgeben», sagte die Kanzlerin.

Sarkozy und Merkel stellten zugleich klar, dass die nächste Hilfszahlung in Höhe von acht Milliarden Euro so lange nicht überwiesen werden könnte, bis Griechenland das gesamte Paket angenommen habe und jede Unsicherheit über das Referendum beseitigt ist. «Wir sind bereit, Griechenland zu helfen», sagte Sarkozy. Die Griechen müssten aber zu ihren Versprechungen stehen.  (awp/mc/upd/ps)

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