BearingPoint Bankenstudie 2024: Rekordeffizienz trotz turbulenter Zeiten

BearingPoint Bankenstudie 2024: Rekordeffizienz trotz turbulenter Zeiten
(Bild: styleuneed / AdobeStock)

Zürich – Das Bankenjahr 2023 war in der Schweiz geprägt von der Credit Suisse Übernahme durch die UBS. Während europäische Banken laut der aktuellen Bankenstudie von BearingPoint auch im Jahr 2023 ihre Kosteneffizienz weiter steigern konnten, hatte die Übernahme erhebliche Auswirkungen auf die Ergebnisse in der Schweiz und wies somit einen Rückgang der Kosteneffizienz auf.

Die Europäischen Banken konnten im Jahr 2023 zum dritten Mal in Folge ihre Kosteneffizienz steigern. Dies geht aus der aktuellen Bankenstudie der Management- und Technologieberatung BearingPoint hervor. Die europaweite Cost-Income-Ratio (CIR) erreichte mit 55,1 Prozent den niedrigsten Wert seit 2013. Die Schweiz weist bereinigt um Einmaleffekte eine CIR von 60,9 Prozent auf und nähert sich dem europäischen Durchschnitt an. Der Unterschied ist vor allem den unterschiedlichen Geschäftsmodellen der Schweizer Banken (hoher Anteil an Asset- und Wealth Management) im Verhältnis zur europäischen Konkurrenz geschuldet.

In Deutschland und Frankreich führt die im europäischen Vergleich längerfristige Zinsbindung im Finanzierungsgeschäft der Banken dazu, dass Ertragspotenziale durch Leitzinserhöhungen bisher nicht vollständig ausgeschöpft werden konnten. Eine Verbesserung der CIR in Deutschland ist daher erst mittelfristig zu erwarten. Trotzdem verzeichnet der Kontinent insgesamt eine Effizienzsteigerung: Insbesondere die nordischen Länder sowie Spanien und Portugal behaupten ihre führenden Positionen mit CIR-Werten von 39,9 Prozent bzw. 42,5 Prozent. Auch Österreich konnte seine Effizienz trotz Abschreibungen im Osteuropageschäft – insbesondere Russland – verbessern.

Marco Kundert, Partner Banking & Capital Markets, kommentiert: “Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS hat dieses Jahr die Schweizer Bankenlandschaft massgeblich beeinflusst. Wie die finanziellen Effekte zu Buche schlagen, werden wir aber erst in den nächsten Jahren sehen. Die Schweiz bleibt aufgrund der besonderen Ausrichtung auf das Asset und Wealth Management in Europa ein zentraler Akteur im Provisionsgeschäft. Um allerdings langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten die Banken verstärkt in ihre digitale Transformation investieren.“

Vorsteuergewinne in der Schweiz moderat gestiegen – in Resteuropa durch Zinsüberschüsse getrieben
Die BearingPoint Studie zeigt: Ohne Berücksichtigung des Credit Suisse Sondereffekts haben sich die Vorsteuergewinne in der Schweiz im Jahr 2023 lediglich um 7,5 Prozent erhöht. Im europäischen Vergleich fällt der Anstieg deutlich stärker aus, mit einem Plus von 38,9 Prozent. Diese Verbesserung ist insbesondere auf die gestiegenen Zinserträge europäischer Banken um sehr hohe 82,4 Prozent zurückzuführen und sorgen nach Jahren der „Nullzinspolitik“ für die Rückkehr des klassischen Bankgeschäfts. Deutschland erreicht bei den Zinserträgen mit 119,1 Prozent einen Spitzenwert, liegt aber mit einer Zinsmarge von lediglich 0,91 Prozent nur im unteren europäischen Drittel. In der Schweiz und in Frankreich hingegen ist ein Rückgang der Zinsmarge zu erkennen. In der Schweiz führt das provisionsstarke Asset und Wealth Management in Verbindung mit der vergleichsweise moderaten Leitzinserhöhung zu geringeren Steigungsraten im Zinsergebnis. Die Schweiz bleibt führend im Provisionsgeschäft, auch wenn die Provisionsmarge im Jahr 2023 einen Rückgang verzeichnet hat.

Besonders effizient arbeitende Banken investieren überdurchschnittlich viel in ihre IT-Infrastruktur
Die Studie wirft auch einen Blick auf die Kostenseite der Banken. So sind etwa die IT-Kosten um 4,9 Prozent gestiegen, was die aktuellen Transformationsanstrengungen in den Bereichen Digitalisierung und Automatisierung verdeutlicht. Bemerkenswert dabei: Besonders effizient arbeitende Banken – „Performer“ mit einem CIR ≤ 55 Prozent – investieren doppelt so viel in ihre IT-Infrastruktur wie Banken mit höherem CIR, sogenannte Laggards.

Dr. Robert Bosch, Globaler Leiter Banking & Capital Markets: „Offenbar werden unterschiedliche strategische Ziele verfolgt: Performer investieren stetig und umfassend in ihre digitale Transformation, Laggards hingegen setzen auf ihre bestehende Infrastruktur mit lediglich punktuellen Verbesserungsansätzen. Dabei zeigte sich in der Vergangenheit, dass sich hohe Investitionsausgaben für die IT-Infrastruktur auszahlen. Digitale Vorreiter wirtschafteten insgesamt effizienter, sind in Bezug auf ihre Verwaltungskosten flexibler und können sich so auch kurzfristig den Gegebenheiten besser anpassen.“

Banken setzen auch zunehmend auf Künstliche Intelligenz (KI), um innovative Lösungen zu entwickeln. Beispiele hierfür sind KI-gestützte Kreditwürdigkeitsprüfungen, personalisierte Finanzberatung durch Chatbots und automatisierte Handelssysteme. Daneben verfolgen Banken auch den Ansatz der Hyperautomation, ergänzt um generative KI (GenAI). Dieser Ansatz erlaubt eine höhere Skalierbarkeit und komplexere Datenverarbeitung, um so präzisere und effizientere Prozesse zu installieren. Trotz des grossen Potenzials stehen Banken vor grossen Herausforderungen in Bezug auf datenschutzrechtliche und ethische Fragen.

Verschmelzung der analogen und digitalen Welt im Omnichannel-Banking
Die Digitalisierung hat vor allem die Entscheidungsfindung und die Kommunikation zwischen Kunden und Beratern revolutioniert. Anforderungen wie beispielsweise die globale Verfügbarkeit führen dazu, dass Finanzinstitute neue Interaktionskanäle einführen. Durch das sogenannte Omnichannel-Banking (nahtlose, konsistente und kanalübergreifende Interaktion) rückt der Kunde in den Fokus und neue Technologien verbessern das Kundenerlebnis und stärken die Kundenbeziehung. Ein Omnichannel-Ansatz in Kombination mit Künstlicher Intelligenz und automatisierten Prozessen ermöglicht ein kundenzentriertes und automatisiertes Servicemodell.

Herausforderungen durch Neo-Banken
Wie in den letzten Jahren drängen Neo-Banken verstärkt auf den Finanzdienstleitungsmarkt und haben sich neben den klassischen Banken und Direktbanken etabliert. Diese jungen, technologiestarken Fintech-Unternehmen fokussieren sich auf bestimmte Elemente der Wertschöpfungskette. Durch ihre rein digitale Bankdienstleistungen, den zunehmenden Einsatz von KI sowie die generell schlanke Kostenstruktur ermöglichen sie, ihre Dienstleistungen effizienter und für den Kunden komfortabler anzubieten als ihre Wettbewerber. Die Herausforderung der „challenger“ wird in den nächsten Jahren sein, Compliance und Governance Anforderungen für ein immer grösser und komplexer werdendes Geschäft sicherzustellen. (BearingPoint/mc)

Über die Studie
Die BearingPoint Bankenstudie 2024 basiert auf der Analyse der Jahresabschlüsse von 118 europäischen Banken der letzten fünf Jahre (Zeitraum 2019 bis 2023). Alle Institute stehen unter Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) oder einer nationalen Aufsichtsbehörde. Insgesamt machte die aggregierte Bilanzsumme der betrachteten Banken im Jahr 2023 rund 39,6 Billionen EUR aus und umfasst dabei monetäre Finanzinstitute in der Eurozone sowie in den weiteren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Dänemark, Schweden und in den Nicht-EU-Mitgliedsländern Grossbritannien, Schweiz und Norwegen.

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