BearingPoint Bankenstudie: Erfolg durch Entschlossenheit
Zürich – Viele positive Zahlen aus dem Bankensektor: Nach einem herausfordernden Jahr 2020 stieg die Rentabilität europäischer Banken bereits im zweiten Corona-geprägten Jahr 2021 wieder deutlich an, so die Ergebnisse der Studie der Management- und Technologieberatung BearingPoint, in der insgesamt 122 europäische Banken im Zeitraum 2013 bis 2021 analysiert und bewertet wurden.
Mit einer Entwicklung der Eigenkapitalrentabilität (RoE) auf 8,1 Prozent wird der Vorkrisenwert von 6,1 Prozent im Jahr 2019 weit übertroffen. Während die Cost-Income-Ratio (CIR) ihren niedrigsten Stand seit 2013 aufweist, hat sich der Wert für Earnings Before Taxes (EBT) mehr als verdoppelt.
Vor dem Hintergrund aktueller, geopolitischer Entwicklungen ist an entspanntes Zurücklehnen jedoch nicht zu denken. Der Wettbewerbsdruck bleibt ungebrochen, neue regulatorische ESG-Anforderungen müssen berücksichtigt und kosteneffizient umgesetzt sowie skaliert werden.
Wichtiger Treiber des Aufschwungs: Optimierungsprogramme sorgen für Wachstum der Rentabilität
Der positive Trend der Kosteneffizienz europäischer Banken beruht auf einem Zusammenspiel vielfältiger Faktoren. Auffällig ist ein starker Rückgang der Risikovorsorge in fast allen EU-Regionen, nicht zuletzt da die befürchtete Insolvenzwelle ausblieb. Nachdem die Risikovorsorge 2020 ein Rekordhoch erreichte (121,4 Prozent gegenüber dem Wert von 2019), fiel der Wert im Jahr 2021 insgesamt um 70,7 Prozent und damit unter Vorkrisenniveau.
Die Entwicklungen im Jahr 2021 zeigen, dass den europäischen Banken ein Wachstum ihrer Rentabilität gelungen ist. Neben der Steigerung des Provisionsertrags spielt dabei auch eine Produktportfoliooptimierung unter Rentabilitäts- und Effizienzgesichtspunkten eine tragende Rolle. Erfolgreiche Banken reduzieren die Produktvariantenvielfalt und fokussieren ergebnisstarke Komponenten. Bei den Erträgen zeigt sich eine substanzielle Steigerung des Provisionsertrags und der Handelserträge durch die Abkehr von kostenlosen Produkten und Services sowie die Durchsetzung von höheren Gebühren, unter anderem im Zahlungsverkehr, bei der Kontoführung oder im Wertpapierhandel.
Anzahl von Performern wächst rasant
Die insgesamt zunehmende Kosteneffizienz im europäischen Bankenmarkt und die Wirkung der umfangreichen Transformationsprozesse zeigen sich nicht zuletzt daran, dass sich der Anteil der Performer rasant gesteigert hat. Der Aufwand, den Banken betreiben müssen, um zum Performer (CIR <55%) zu werden, sinkt über die Jahre sukzessive. Waren in 2020 lediglich ein Viertel der Banken Performer, so sind es in 2021 bereits ein Drittel aller Banken. Beim Vergleich von Performern und Laggards zeichnet sich ab, dass die Geschäftsfelder nicht massgeblicher Erfolgsfaktor einer Bank sind, sondern vielmehr eine effiziente Wertschöpfungskette bei klarer Fokussierung. Digitalisierung steht dabei spätestens seit den Erfahrungen in der Pandemie im unmissverständlichen Mittelpunkt.
Performer investieren stärker in Digitalisierung
Die Studie betont die Wichtigkeit einer kontinuierlichen Modernisierung von Digitalisierungsprozessen und der damit verbundenen Systeme: Die Ansprüche der Kundinnen und Kunden und damit auch die Anforderungen an die Banken haben sich nachhaltig verändert. Die Rufe nach neuen Technologien im Kontext Digital Banking werden lauter und die Akzeptanz für digitale Produkte steigt. Um die Effizienz zu steigern, empfehlen die Studienautoren das Datenmanagement zu professionalisieren, Prozesse zu digitalisieren, Organisationsstrukturen zu verschlanken und die IT-Architektur zu modernisieren.
Thomas Steiner, globaler Leiter Banking & Capital Markets bei BearingPoint, macht in diesem Zusammenhang auf Länderunterschiede aufmerksam: „Während Performer, besonders in den Nordics, ihre Investitionen bereits seit Jahren gezielt in Informationstechnologie und automatisierte Prozesse lenken und ihre IT-Kosten seit 2016 um über 50 Prozent erhöht haben, zeigen sich andere Märkte noch immer zögerlich.“
Spezialbanken agieren effizienter, sind jedoch krisenanfälliger
Spezialbanken, darunter fallen Banken mit einem eingeschränkten Leistungsangebot in Bezug auf bestimmte Kundenkreise, Geschäftsfelder und Finanzprodukte, agieren durchschnittlich effizienter. Ihr CIR-Vorsprung vergrössert sich im Vergleich zu Universalbanken zunehmend und wird massgeblich durch die Fokussierung auf das Kerngeschäft, eine Verschlankung der Strukturen und die Implementierung passgenauer Lösungen in Verwaltung und IT erreicht. Dank ihrer konsequenten Ausrichtung und aufgebauten Expertise können Spezialbanken ihre Zielgruppen bedarfsgerechter bedienen, innovative Produkte gestalten und sich so einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz aufbauen.
Anhand des RoE zeigt sich jedoch auch, dass Spezialbanken grundsätzlich krisenanfälliger sind. So lässt sich der starke Einbruch im Jahr 2020 damit erklären, dass ein Grossteil der Spezialbanken ihren Schwerpunkt auf das Retail Banking gelegt haben, ein starker Verlierer der Coronakrise. Im Jahr 2021 konnten Spezialbanken bereits wieder stark aufholen und erreichten das gleiche Niveau der Universalbanken.
Rekordhoch bei Spezialbanken mit Nachhaltigkeitsfokus
Spezialbanken mit Nachhaltigkeitsfokus nehmen in Deutschland einen wachsenden Stellenwert ein. Im Hinblick auf die Einhaltung von ESG-Richtlinien, die Anlage- und Finanzierungskriterien sowie Transparenz gegenüber Kundinnen und Kunden erweisen sie sich als wegweisend. Dies spiegelt sich insbesondere am Zuwachs der Einlagen wider, der seit 2016 durchschnittlich 6 Prozent betrug. Zum Ende des Jahres 2021 belief sich das Volumen der Kundeneinlagen nachhaltiger Spezialbanken in Deutschland auf rund 45,8 Milliarden Euro, was etwa 10 Prozent des Gesamtvolumens der nachhaltigen Geldanlagen in Deutschland entspricht.
Nachhaltigkeit: Kein Nice-to-Have-Trend, sondern unabdingbares Must-Have
Nach einem Sommer mit globalen Hitzewellen und nicht weniger hitzigen Debatten um die Preise fossiler Energieträger im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt wird deutlich, dass auch im Bankensektor dringender Handlungsbedarf in Sachen Nachhaltigkeit besteht.
Frank Hofele, Partner bei BearingPoint: „Die Kundinnen und Kunden zeigen ein wachsendes Interesse am Thema Nachhaltigkeit und eine entscheidende Aufgabe der Banken wird in Zukunft sein, die Transformation hin zu einer nachhaltig lebenswerten Gesellschaft zu unterstützen. Das geschieht durch fundierte Beratung, aber auch die Bereitstellung passender Produkte und Dienstleistungen. Materialisierte Risiken und Forcierungen durch den Regulator werden die Geschäftsaktivitäten europäischer Banken hinsichtlich Nachhaltigkeit in Zukunft stark beeinflussen. Banken, die sich hier frühzeitig progressiv positionieren, können einen Wettbewerbsvorteil erzielen.“
Über die Studie
Die diesjährige Bankenstudie basiert auf der Analyse der Jahresabschlüsse von 122 europäischen Banken, die für den Zeitraum von 2013 bis 2021 erfasst wurden und unter Aufsicht der EZB oder den nationalen Aufsichtsbehörden stehen. Das Datenset umfasst über 70,0 Prozent der aggregierten Bilanzsumme aller monetären Finanzinstitute in der Europäischen Union. Neben den Jahresabschlüssen wurden die Segmentberichte von 64 Banken analysiert.