Boris Collardi verlässt Pictet nach nur dreieinhalb Jahren
Genf – Paukenschlag bei der Genfer Privatbank Pictet: Boris Collardi nimmt auf Anfang nächsten Monats den Hut. Der ehemalige Julius Bär-Chef war über drei Jahre beim Westschweizer Geldhaus.
«Nach sorgfältiger Überlegung und in Absprache mit dem Teilhabergremium hat Boris Collardi entschieden, von seiner Funktion als Teilhaber zurückzutreten und Pictet per 1. September 2021 zu verlassen», teilte Pictet am Mittwoch in einem Communiqué mit. Collardi hatte von der Finanzmarktaufsicht Finma eine Rüge kassiert wegen seiner Verantwortung für Mängel in der Geldwäschereibekämpfung rund um einen Korruptionsfall in Venezuela.
Collardi hatte die Rüge im Januar akzeptiert und sich zufrieden gezeigt, dass die Finma das Verfahren gegen ihn nun abgeschlossen habe: «Diese Entscheidung – und das ist das wesentliche – stellt einen Schlusspunkt in dieser Angelegenheit für mich dar.» Collardi entging mit dem Finma-Entscheid auch einem Berufsverbot.
Bei der Bank hatte es damals geheissen, dass sie die Finma-Entscheidung «zur Kenntnis genommen» habe. Das Finanzinstitut unterstütze Boris Collardi, der «das ganze Vertrauen der Bank geniesse», hatte Pictet im Januar mitgeteilt.
Collardi nicht alleine
Nun hat der Wind offenbar gedreht. Dennoch gibt es vom geschäftsführenden Senior-Teilhaber, Renaud de Planta, lobende Worte: «Wir sind dankbar für den bedeutenden Beitrag, den Boris Collardi in seinen Jahren bei Pictet für den Erfolg der Gruppe geleistet hat. Er wird uns fehlen, und wir wünschen ihm alles Gute für seine Zukunft.»
Boris Collardi sagte: «Ich bin stolz auf das, was wir in den vergangenen mehr als drei Jahren erreicht haben. Wie die Halbjahresergebnisse zeigen, ist die Gruppe so stark wie nie. Ich möchte allen Kolleginnen und Kollegen und dem Teilhabergremium für ihre Unterstützung und die Zusammenarbeit während meiner Zeit bei Pictet danken.»
Collardi war nicht der einzige, gegen den die Finma vorging: Auch für drei weitere ehemalige Topmanager von Julius Bär hatte die Affäre Konsequenzen.
Jahrelanges Thema
Das Thema der Geldwäscherei rund um Korruptionsfälle beim venezolanischen Ölkonzern Petróleos de Venezuela PDVSA verfolgt Julius Bär seit mehreren Jahren. Bereits 2018 war ein ehemaliger Julius-Bär-Banker in den USA in diesem Zusammenhang festgenommen worden. Der Deutsche hatte sich in der Folge vor US-Gericht schuldig bekannt.
Im Februar 2020 hatte die Finma die Bank Bär im Rahmen eines Enforcementverfahrens wegen schweren Mängeln in der Geldwäschereibekämpfung im Kontext mit dem Korruptionsfall rund um PDVSA aber auch den Fussballverband Fifa gerügt. Dabei stellte sie auch systematische Mängel im Risikomanagement der Bank fest: Das Institut habe auf klare Hinweise auf Geldwäschereirisiken wiederholt nicht oder nicht entschieden genug reagiert.
Die Bank war in der Folge von der Finma verpflichtet worden, wirkungsvolle Massnahmen zur Durchsetzung der geldwäschereirechtlichen Pflichten zu ergreifen und bereits eingeleitete Massnahmen rasch umzusetzen. Bis zur «Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes» wurde es Julius Bär ausserdem von der Finma untersagt, grosse und komplexe Firmenakquisitionen durchzuführen.
Verfahren gegen mehrere Banken
Die mutmasslichen Korruptionsfällen rund um den venezolanischen Ölkonzern PDVSA betreffen nicht nur Julius Bär alleine. Die Finma stand laut eigenen Angaben in diesem Zusammenhang mit über 30 Schweizer Banken in Kontakt. Sie eröffnete schliesslich fünf Verfahren zur Durchsetzung des Aufsichtsrechts. (awp/mc/pg)