Auch wenn Asien den Halbleiter-Markt dominiert: In Europa finden sich Unternehmen, die weltweit weltweit führend sind. Ihre Zeichen stehen auf Wachstum, denn die Nachfrage nach Chips wird, befeuert auch vom Einsatz von Künstlicher Intelligenz weiter steigen. Europäische Unternehmen in Nischen, die auf ihren Märkten führend sind, sind interessant für Anleger.
von Franck Sabbah, Asset Management, Berenberg
Leiterplatten sind ein komplexes Labyrinth aus leitfähigen Bahnen und das Herzstück aller elektronischen Geräte. Ohne diese Halbleiter gibt es keine digitale Welt. Die Industrie liefert und produziert das Herzstück aller technologischen Geräte von heute und morgen. Das Internet der Dinge, 5G und künstliche Intelligenz erfordern zunehmend leistungsfähigere Chips angewiesen. Tendenz der Nachfrage: Steigend.
Der globale Halbleitermarkt hat heute ein Volumen von rund 550 Milliarden US-Dollar. Er wird sich bis 2030 voraussichtlich verdoppeln. Der Markt wird dominiert von amerikanischen und asiatischen Giganten wie Intel, Samsung Electronics und Taiwan Semiconductor Manufacturing Company, kurz TSMC. Die Unternehmen liefern sich einen Wettbewerb um die technologische Vorherrschaft und treiben die Entwicklung der Halbleiter voran.
Weltmarktführer aus Europa
Oft geht beim Blick auf Asien und die USA vergessen, dass Europa im technologischen Wettlauf mitspielt. Europäische Unternehmen profitieren von der zunehmenden Halbleiter-Nachfrage, ihre Zeichen stehen auf Wachstum, zudem verfügen einige von Ihnen als Weltmarktführer über eine hohe Preissetzungsmacht. Mit einer Kapitalisierung von über 272 Milliarden Euro gehört die niederländische ASML zu den grösseren Playern im globalen Markt. Das Unternehmen steht für Spitzenleistungen im Rennen um die Miniaturisierung. Zudem ist es Weltmarktführer bei der Herstellung von Maschinen, mit denen integrierte Schaltkreise hochpräzise auf Siliziumplatten geätzt werden können.
Die französisch-italienische STMicroelectronics ist der grösste europäische Chiphersteller, der vor allem die Automobilindustrie beliefert und wichtige Schaltkreise für das Internet der Dinge herstellt. Im vergangenen Jahr wuchs sein Umsatz um 25 Prozent auf knapp 15 Milliarden Euro, der Gewinn hat sich auf fast 4 Milliarden Euro verdoppelt. Das Unternehmen wird heute mit 48 Milliarden Euro bewertet.
Eines davon ist das schwedische Unternehmen NCAB. Es ist einer der am schnellsten wachsenden Halbleiter-Hersteller in Europa mit einer Wachstumsrate innert drei Jahren von 400 Prozent. Seine gedruckten Schaltungen stehen für höchste Qualität und sind stark gefragt. Im Mai dieses Jahres setzte es seine Akquisitionsstrategie mit dem Erwerb der deutschen DB Electronic fort und erweitert damit sein Portfolio im Bereich der Leiterplatten. NCAB ist heute mit rund 1,2 Milliarden Euro bewertet.
In einem Nischenmarkt ist der Maschinenhersteller Besi aus den Niederlanden führend. Das Unternehmen ist auf Verpackungs- und Montagemaschinen spezialisiert. Als Marktführer hat Besi im vergangene Jahr Margen von fast 40 Prozent erzielt.
KI als Wachstumstreiber der Industrie
Künstliche Intelligenz erfordert hohe Rechenleistungen, besetzt aber heute bloss für acht Prozent des Halbleitermarktes eine Bedeutung. Dieser Anteil dürfte in den kommen Jahren schrittweise auf 15 Prozent ansteigen.
Während der Pandemie wurde der Halbleitermarkt von den Unterbrechungen der Lieferketten stark in Mitleidenschaft gezogen. Doch bereits 2021 kam es zu einer spektakulären Erholung der Geschäftstätigkeit. Die Börsenkorrektur im vergangenen Jahr hat auch bei Unternehmen, die stark wachsen und über eine beachtliche «Pricing Power» verfügten, zu Kursverlusten geführt. Sie verfügen heute jedoch über intakte Investitionskapazitäten, um ihren technologischen Vorsprung halten zu können.
Die Kurse der Technologiewerte werden auch künftig volatil beleben, aber die Nachfrage wird das Wachstum beschleunigen. Durch die Positionierung in Nischenakteuren, die auf ihren Märkten führend sind und Quasi-Monopolstellungen innehaben, können Anleger so von den Reizen eines Schlüsselsektors der Weltwirtschaft profitieren, der dies auch noch lange bleiben wird. (Berenberg/mc)