Fed-Chef Ben Bernanke.
Jackson Hole – Die amerikanische Notenbank Fed könnte auf eine dritte Runde massiver Anleihekäufen zusteuern: Die Kosten unkonventioneller Massnahmen sind laut Fed-Chef Ben Bernanke immer noch handhabbar. Das sagte der Vorsitzende der Federal Reserve am Freitag auf der renommierten Notenbank-Konferenz im amerikanischen Jackson Hole. Er ergänzte: Die Verwendung derartiger Instrumente sollte nicht ausgeschlossen werden. Dennoch vermied es Bernanke, sich auf konkrete Schritte festzulegen.
Die Rede Bernankes wurde mit Spannung erwartet, da er an gleicher Stelle vor zwei Jahren – wenn auch sehr vage – den Weg für zusätzliche Anleihekäufe durch das Fed (QE2) bereitet hatte. Die Finanzmärkte reagierten mit starken Ausschlägen auf die neuen Aussagen: Der US-Dollar gab zunächst zu vielen Währungen nach, festigte sich aber bald wieder. Amerikanische Staatsanleihen erhielten Zulauf. Die Börsen reagierten zunächst negativ, konnte die Verluste aber schnell eindämmen.
Stützungszusage erneuert
Eine zentrale Formulierung des Fed, mit der es Anfang August ihren Tonfall merklich verschärft hatte, wiederholte Bernanke: Das Fed werde die Konjunktur zusätzlich stützen, sollte dies notwendig werden. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich der Fed-Chef in der Frage einer abermaligen Lockerung nicht festlegen will. Zudem verglich Bernanke Nutzen und Risiken unkonventioneller Massnahmen wie Anleihekäufe. Eine zusätzliche geldpolitische Lockerung könnte demnach die Stabilität der Finanzmärkte sowie die Glaubwürdigkeit der Notenbank beeinträchtigen. Deswegen seien die Hürden für zusätzliche Massnahmen hoch.
Trübe Konjunktur
Von der US-Konjunktur zeichnete Bernanke ein nach wie vor trübes Bild: Die Wirtschaftslage sei alles andere als zufriedenstellend, vor allem angesichts der hohen Arbeitslosigkeit. Die Herausforderungen, vor der die US-Wirtschaft stehe, seien «beängstigend». Der Arbeitsmarkt gilt als eine der zentralen Orientierungsgrössen der US-Geldpolitik. In der Vergangenheit hatte Bernanke die dortigen Fortschritte mehrfach als «frustrierend langsam» bezeichnet und trotz einer bereits expansiven Ausrichtung der Fed zusätzliche Stimuli in Aussicht gestellt. Unlängst hat sich die Anzahl der Befürworter einer noch lockeren Geldpolitik im geldpolitischen Ausschuss FOMC merklich erhöht.
Zusätzliche Lockerung umstritten
Seit der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise, die ihren Anfang in der US-Immobilienkrise nahm, hat die Fed ihre Geldpolitik so stark wie noch nie zuvor gelockert. So liegt die «Fed Funds Rate», zu der sich die Geschäftsbanken über Offenmarktgeschäfte bei der Notenbank refinanzieren können, seit über dreieinhalb Jahren bei null Prozent. Zudem hat sie seither Hypothekenpapiere und Staatsanleihen im Wert von über zwei Billionen Dollar in ihre Bücher genommen. Mit dieser «Quantitativen Lockerung» will sie das Zinsniveau weiter drücken und so für noch günstigere Finanzierungsbedingungen sorgen. Davon erhofft sie sich eine zusätzliche Belebung der Konjunktur. Experten kritisieren, dass die Wirkung dieser unorthodoxen Massnahmen mit zunehmendem Umfang abgenommen hat.
Darüber hinaus ist eine abermalige geldpolitische Lockerung über Anleihekäufe auch deswegen umstritten, weil die grössten Risiken für die US-Konjunktur nicht im direkten Einflussbereich der Fed liegen. Experten nennen insbesondere die Euro-Schuldenkrise und die sogenannte «Fiskalische Klippe», also das drohende Auslaufen steuerlicher Erleichterungen zum Jahresende hin. Darüber hinaus könnten die baldigen US-Präsidentschaftswahlen der Fed den Vorwurf der Regierungsnähe einbringen, sollte sie kurz vor dem Wahltermin konjunkturstützende Massnahmen einleiten. Ausserdem läuft ein zusätzlicher Stimuli der Fed – das zweite Anleihetauschprogramm «Operation Twist» – noch bis zum Jahresende. (awp/mc/pg)