Zürcher Gericht verurteilt Gazprom-Banker wegen Konten von Putin-Freund
Zürich – Das Bezirksgericht Zürich hat vier Angestellte der Gazprombank Schweiz (GPBS) wegen mangelnder Sorgfalt in Finanzgeschäften zu bedingten Geldstrafen verurteilt. Sie sollen im Umgang mit Konten eines Putin-Vertrauten ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben.
Im Prozess gegen vier Angestellte der Gazprombank Schweiz (GPBS) hat das Bezirksgericht Zürich am Donnerstag alle vier Bankangestellten schuldig gesprochen. Es handelte sich dabei neben dem CEO der Bank um zwei weitere Geschäftsleitungsmitglieder sowie einen Kundenberater. Die Bank hat ihre Geschäftstätigkeit im Herbst vergangenen Jahres eingestellt und befindet sich in Auflösung.
Der Chef der Bank wurde zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 3000 Franken verurteilt. Die beiden weiteren Geschäftsleitungsmitglieder wurden ebenfalls zu 180 Tagessätzen à 350 Franken beziehungsweise 500 Franken verurteilt. Der Kundenberater erhielt 120 Tagessätze à 400 Franken. Die Geldstrafen wurden auf Bewährung ausgesprochen. Sie müssen nur bezahlt werden, falls die Verurteilten innerhalb der Probezeit von zwei Jahren erneut straffällig werden.
Trotz Ungereimtheiten nicht nachgeforscht
Den Bankern wurde vorgeworfen, von 2014 bis 2016 eine Geschäftsbeziehung mit dem russischen Cellisten und Dirigenten Sergey Roldugin geführt zu haben. Dabei sollen sie nicht ausreichend abgeklärt haben, ob dieser der tatsächlich wirtschaftlich Berechtigte an den Vermögenswerten war. Über seine Konten bei der GBPS sind Millionenbeträge geflossen.
Der Cellist und Dirigent Roldugin gilt als ein Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er soll Patenonkel von Putins Tochter sein.
«Es lässt sich nicht feststellen, wer der tatsächliche wirtschaftlich Berechtigte war», sagte der vorsitzende Richter bei der Urteilseröffnung. Für das Gericht sei aber klar, dass dies nicht Roldugin sein könne.
Indem die Bankangestellten trotz Ungereimtheiten der Frage nicht weiter nachgegangen seien, hätten sie ihre Sorgfaltspflicht verletzt. Warnsignale gab es mehr als genug – neben der allgemeinen politischen Situation in Russland verwies das Gericht unter anderem auf Medienberichte über Roldugin. Dieser hatte beispielsweise in einem Interview geäussert, er sei «kein Millionär».
Spätestens im November 2015 hätte die Geschäftsbeziehung nach Ansicht des Gerichts auf jeden Fall beendet werden müssen. Stattdessen wurde sie noch rund ein Jahr fortgeführt.
Laut Staatsanwaltschaft gilt als allgemein bekannt, dass Putin offiziell lediglich ein geringes Vermögen und geringe Einkünfte deklariere, während seine tatsächlichen Vermögenswerte von Gewährsleuten verwaltet würden. Bei der Gazprombank und der Gazprombank Schweiz handelt es sich um Finanzableger des staatlich kontrollierten russischen Energie- und Rohstoffkonzerns Gazprom.
Die Beschuldigten forderten in der Verhandlung, die bereits am 8. März stattfand, Freisprüche. Die Staatsanwaltschaft forderte Freiheitsstrafen von 7 Monaten für alle Beschuldigten.
Urteil wird weitergezogen
Das Urteil des Bezirksgerichts Zürich ist noch nicht rechtskräftig. Es kann an das Obergericht weitergezogen werden. Die Anwälte der Bankangestellten meldeten noch im Gerichtssaal Berufung an.
Ein Vertreter der Staatsanwaltschaft begrüsste gegenüber Medienschaffenden die Schuldsprüche des Gerichts. Das Urteil sei ein wichtiges Signal zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in Finanzgeschäften. (awp/mc/ps)