Deutsche-Bank-Grossaktionär Blackrock dringt auf Fusionen
Frankfurt – Der US-Fondsriese Blackrock wünscht sich Fusionen unter Europas Grossbanken. «Wenn wir über einen Konsolidierungsbedarf sprechen, dann sollten wir das nicht im nationalen Rahmen tun», sagte der Vize-Chef des weltgrössten Vermögensverwalters, Philipp Hildebrand, in einem Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Mittwochausgabe).
Es gebe zu viele Geldhäuser in Europa und etliche davon hätten auch neun Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise kein nachhaltiges Geschäftsmodell.
Hildebrand, ehemals Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), kritisierte aber nicht nur die Banken für ihre zögerlichen Aufräumarbeiten. Von der Politik vermisse er ein eindeutiges Signal, ob grenzüberschreitende Zusammenschlüsse überhaupt gewünscht seien. «Die Banken brauchen von der Politik Klarheit.»
Das Wort von Blackrock hat Gewicht. Beispiel Deutsche Bank: Hier ist die Fondsgesellschaft neben Katar grösster Aktionär – was vor allem ihrem Geschäft mit Indexfonds geschuldet ist, die Marktindizes wie den Dax eins zu eins abbilden.
Nach den Worten von Hildebrand gibt es derzeit wenig Anreiz, aktiv in europäische Bankaktien zu investieren. «Es ist frustrierend, dass sich in einer Reihe grosser europäischer Banken trotz aller Rhetorik noch immer nicht klar genug die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass eine radikale Neuorientierung des Geschäftsmodells notwendig ist.»
Speziell zur Deutschen Bank wollte sich Hildebrand in dem Interview nicht äussern. Das hat bei Blackrock Tradition. Die Fondsmanager reden mit dem Management für gewöhnlich hinter verschlossenen Türen Tacheles und treten auch nicht bei Hauptversammlungen auf.
Den Glauben verloren
Die Deutsche Bank kämpft derzeit an mehreren Fronten: Sie hat sich abermals einen Umbau verordnet, der viel Geld verschlingt und Ressourcen bindet. Sie tut sich mit den strengeren Kapitalangaben der Regulierer schwer. Vor allem aber muss sie mit ihren knappen Reserven noch viele kostspielige Rechtsstreitigkeiten beilegen, insbesondere den Streit mit den US-Behörden über faule Hypothekenpapiere.
Hier steht eine Strafe von 14 Milliarden Dollar im Raum, der Verhandlungspoker hat begonnen. Die Deutsche Bank will die Summe deutlich drücken und das Thema möglichst bis zu den US-Wahlen Anfang November vom Tisch haben. An der Börse überwiegt im Moment die Hoffnung, dass die Rechnung nicht allzu teuer wird: Die Deutsche-Bank-Aktie hielt sich auch am Mittwoch im Plus.
Finanzkreisen zufolge haben einige Grossinvestoren aber längst den Glauben verloren, dass die Deutsche Bank je zu alter Stärke zurückfindet und den US-Rivalen die Stirn bieten kann. Daher sei Bankchef John Cryan aufgefordert worden, sich Gedanken zu machen, ob man mittelfristig nicht einen europäischen Partner finden könne.
«Das wurde schon im Frühjahr angeregt und stiess damals bei der Bank auf wenig Interesse», berichtete ein Insider von einem Top-10-Aktionär. Von einem anderen Investor hiess es: «Das Fusionsthema wird unter den Aktionären inzwischen offen diskutiert.» Ein dritter Grossinvestor sagte, die Deutsche Bank müsse zunächst ihre Hausaufgaben machen. Danach sei aber sehr wohl vorstellbar, dass sich die Frankfurter irgendwo andocken. Die Deutsche Bank wollte sich zu dem Thema nicht äussern.
Aus dem Kreis des Verwaltungsrats hiess es zuletzt, vor allem die französischen Grossbanken scharrten mit den Hufen. Sie stünden inzwischen besser da als die deutschen Häuser und wollten nun grenzüberschreitende Deals vorantreiben – aber als Fusionspartner, der den Ton angibt.
Wer auch immer als Käufer einer Deutschen Bank infrage käme – er bräuchte wohl grünes Licht aus Berlin. Und in der deutschen Politik gibt es momentan eine Präferenz für eine nationale Lösung: einen Zusammenschluss von Deutscher Bank und Commerzbank.
Gespräche zwischen beiden Instituten hatte es im August denn auch kurz gegeben, wie Insider berichteten. Sie wurden allerdings sehr schnell wieder beendet. (awp/mc/upd/ps)