Börsenfusion zwischen Frankfurt und London vor dem Aus

Börsenfusion zwischen Frankfurt und London vor dem Aus

Frankfurt / London – Der geplanten Fusion der Börsen in Frankfurt und London droht das Aus. Die London Stock Exchange (LSE) weigert sich, die neueste Vorgabe der EU-Wettbewerbshüter zu erfüllen und ihren Mehrheitsanteil an der italienischen Anleihen-Handelsplattform MTS zu verkaufen.

Darum glaubt die LSE selbst nicht mehr an die Zustimmung aus Brüssel zu dem Zusammenschluss, wie der Konzern in der Nacht zum Montag mitteilte: «Angesichts der bisherigen Haltung der Kommission geht die London Stock Exchange Group nicht davon aus, dass die Kommission die Fusion genehmigen wird.»

Deutsche Börse und LSE wollen den grössten europäischen Börsenbetreiber schmieden. Brüssel hatte Ende September eine vertiefte Prüfung des Milliardenvorhabens eingeleitet. Die EU-Behörde hatte unter anderem die Sorge, dass durch die Zusammenlegung der Clearinghäuser der beiden Unternehmen etwa bei Anleihegeschäften der Wettbewerb ausgeschaltet werden könnte. Um Bedenken auszuräumen, machten die beiden Konzerne bereits Zugeständnisse.

Drohender Vertrauensverlust
Die LSE begründete ihre ablehnende Haltung zu einem Verkauf ihrer Italien-Tochter in erster Linie mit einem drohenden Vertrauensverlust gegenüber italienischen Aufsichtsbehörden. MTS spiele eine wichtige Rolle beim Handel mit italienischen Staatsanleihen, führte die LSE aus: «Auch wenn MTS selbst nicht in grossem Masse zum Konzernumsatz beiträgt, so kommt aus dem gesamten Italien-Geschäft ein bedeutender Teil von Umsatz und Gewinn der LSE-Gruppe.» Zudem rechnet die LSE mit einem komplizierten Verkaufsverfahren, in das auch Behörden in Grossbritannien, Belgien, Frankreich und den USA einzubinden wären.

Die Deutsche Börse teilte lediglich mit: «Die Parteien sehen der weiteren Prüfung der Europäischen Kommission entgegen.» Eine Entscheidung werde bis Ende März erwartet. Die EU-Kommission erklärte, sich nicht zu laufenden Untersuchungen zu äussern. Fristende für das Prüfverfahren sei nach wie vor der 3. April.

Zeit rennt davon
Den Fusionspartnern rennt ohnehin die Zeit davon. «Diese Transaktion muss zum 30. Juni geschlossen sein, sonst verfällt sie», hatte Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter Mitte Februar erinnert. Doch in den vergangenen Wochen und Monaten wurden die Zweifel immer grösser: Neben der EU-Kommission muss auch die hessische Börsenaufsicht dem Deal zustimmen. Für Kritik sorgt am Finanzplatz Frankfurt vor allem, dass die beiden Konzerne London als rechtlichen Sitz der Dachgesellschaft vereinbart haben. Bei einem EU-Austritt der Briten (Brexit) wäre dieser dann ausserhalb der Europäischen Union.

Zu den jüngsten Entwicklungen hielt sich die hessische Landesregierung am Montag bedeckt. Die Entscheidung aus Brüssel müsse abgewartet werden, liess Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erklären. Der für die Börsenaufsicht zuständige hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) wollte sich nicht äussern.

Ermittlungen gegen Deutsche-Börse-Chef
Überschattet wird das Fusionsvorhaben zudem von Ermittlungen gegen Deutsche-Börse-Chef Kengeter wegen des Verdachts auf Insiderhandel. Der Manager hatte am 14. Dezember 2015 im Rahmen eines Vergütungsprogramms Deutsche-Börse-Anteile im Wert von 4,5 Millionen Euro gekauft. Zehn Wochen später, am 23. Februar 2016, machten die Konzerne Fusionsgespräche öffentlich. Die Aktienkurse beider Unternehmen stiegen in der Folge deutlich. Kengeter wies die Vorwürfe zurück, der Aufsichtsrat stellte sich geschlossen hinter den Manager.

Die neuen Probleme rund um die italienische Anleihen-Plattform MTS scheinen aktuell aber die schwerste Bürde für die Fusion zu sein. Anleger zogen sich am Morgen aus den Aktien der Deutschen Börse zurück, bis zum frühen Nachmittag verloren Papiere des Dax -Konzerns 4,5 Prozent an Wert. (awp/mc/upd/ps)

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