London – Die britische Notenbank hat ihren Leitzins erstmals seit der grossen Inflationswelle gesenkt. Er werde um 0,25 Prozentpunkte auf 5,00 Prozent reduziert, teilte die Bank of England (BoE) am Donnerstag nach ihrer geldpolitischen Sitzung in London mit. Bankvolkswirte hatten überwiegend mit dieser Entscheidung gerechnet, als ausgemachte Sache hatte sie aber nicht gegolten, nachdem die Notenbank die Zinsen siebenmal in Folge unverändert gelassen hatte.
Die Kurse britischer Staatsanleihen legten nach der Entscheidung zu. Das britische Pfund bewegte sich wenig, war aber bereits vor der Entscheidung zu allen wichtigen Währungen unter Druck geraten. Der Aktienmarkt legte etwas zu.
Knapper Entscheid
Die Entscheidung im Rat fiel denkbar knapp aus. So sprachen sich fünf Mitglieder im geldpolitischen Ausschuss für eine Zinssenkung aus. Vier Mitglieder waren dagegen.
BoE signalisiert vorsichtiges Vorgehen
Die Bank of England gab keine konkreten Hinweise darauf, wann und wie schnell weitere Zinssenkungen kommen könnte. Sie signalisierte ein vorsichtiges Vorgehen. «Der Inflationsdruck hat so weit nachgelassen, dass wir in der Lage waren, heute die Zinsen zu senken», sagte Notenbankchef Andrew Bailey laut einer Mitteilung. «Aber wir müssen sicherstellen, dass die Inflation niedrig bleibt, und wir müssen vorsichtig sein, dass wir die Zinsen nicht zu schnell oder zu stark senken.»
Nur noch eine Zinssenkung in diesem Jahr erwartet Volkswirt Dirk Chlench von der Landesbank Baden-Württemberg. Er verweist auf die hartnäckige Teuerung. «Die Inflation ist zuletzt zwar auf eine Rate von 2,0 Prozent zurückgegangen, aber für die nächsten Monate sind aufgrund von Basiseffekten wieder höhere Inflationsraten zu erwarten», schreibt Chlench. «Zudem deuten die gefallenen, aber immer noch hohen Steigerungsraten bei Wochenlöhnen und Dienstleistungspreisen darauf hin, dass der unterliegende Inflationsaufwärtsdruck noch beachtlich ist.»
Nicht nur die Inflation blieb zuletzt hartnäckig, sondern die britische Wirtschaft nahm zuletzt an Fahrt auf. Eine damit verbundene stärkere Nachfrage kann aber die Preise wieder antreiben und damit die Inflationsbekämpfung erschweren.
Auf den Spuren der EZB
Mit der Zinssenkung folgt die Bank of England der Europäischen Zentralbank, die bereits im Juni ihre Zinsen erstmals seit der Inflationswelle gesenkt hatte. Ihr weiteres Vorgehen ist allerdings ebenso offen wie das der BoE, wenngleich an den Finanzmärkten eine Senkung auf der nächsten EZB-Sitzung im September erwartet wird. Bisher nicht gesenkt hat die US-Notenbank Fed ihren Leitzins. Sie stellt jedoch einen solchen Schritt für den September in Aussicht.
Während die Notenbank in westlichen Ländern schon wieder auf Zinssenkungskurs sind, geht die japanische Zentralbank einen anderen Weg. Sie hatte aber erst im März die Negativzinspolitik beendet. Zur Mitte der laufenden Woche hob sie den kurzfristigen Leitzins nun auf 0,25 Prozent an. (AWP/mc/pg)