China plant grosse Finanzreformen
Chinas Zentralbankchef Zhou Xiaochuan.
Peking – China treibt die Liberalisierung seiner Zinsen schneller als erwartet voran. Zentralbankchef Zhou Xiaochuan kündigte am Dienstag weitreichende Finanzreformen an, in denen die Marktkräfte nach dem Willen der Partei eine «entscheidende Rolle» spielen werden. So sollen bald die Zinsen für Spareinlagen freigegeben werden. «Ich persönlich denke, dass es sehr wahrscheinlich schon in ein bis zwei Jahren realisiert wird», sagte der oberste Banker auf einer Pressekonferenz aus Anlass der Tagung des Volkskongresses in Peking. Bislang werden die Zinsen in einem engen Rahmen sehr niedrig gehalten.
In einem Pilotprogramm wird die zweitgrösste Volkswirtschaft der Erde auch fünf private Banken zulassen. Der Chef der Bankenaufsicht, Shang Fulin, nannte die Metropolen Tianjin und Shanghai sowie die Provinzen Zhejiang und Guangdong als erste Testgebiete, um den Bankensektor für private Investoren zu öffnen. China will auch die Konvertibilität des Yuan vorantreiben. Die jüngste, überraschende Abwertung seiner Währung nannte Zhou Xiaochuan aber «ganz normal» und eher «von der wachsenden Rolle der Marktkräfte» getrieben.
Spar-Weltmeister
Der Zeitrahmen für die Zins-Liberalisierung ist konkreter als bisher genannte Pläne. Chinesen sind Weltmeister im Sparen, bekommen aber nur in einem engen Band festgelegte, sehr geringe Zinsen. Über die Jahre lagen die Zinsen weit unter der Inflationsrate. Banken hingegen profitierten von dem billigen Kapital. Mit der Ausweitung der neuen Anlagemöglichkeiten auch über das Internet wächst der Druck auf die Banken, künftig höhere Zinsen anzubieten.
«Letzter Schritt der Liberalisierung der Zinsen»
Mit den neuen Geschäftsmöglichkeiten rechnet der Zentralbankchef damit, dass die Zinsen anfangs in die Höhe getrieben werden. Langfristig dürften sie sich aber mit Angebot und Nachfrage wieder zurück entwickeln, meinte Zhou Xiaochuan. Die Freigabe der Zinsen für Spareinlagen sei «der letzte Schritt der Liberalisierung der Zinsen». Experten hatten damit erst später gerechnet.
Sorgen über finanzielle Instabilität
Angesichts hoher Schuldenberge, einem undurchsichtigen Schattenbankenwesen und versteckter Risiken im Finanzsystem wachsen auch in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt die Sorgen über finanzielle Instabilität. Der Chef der Bankenaufsicht räumte «einige Risiken» ein, betonte aber: «Die Risiken sind insgesamt unter Kontrolle.»
Wie der Zentralbankchef sagte, sollen die Marktkräfte auch den Einsatz des Yuan als Abrechnungswährung im Handel vorantreiben. Die globale Wirtschaftskrise seit 2008 biete eine Gelegenheit, die Internationalisierung des Yuan zu fördern, weil Zweifel am gegenwärtigen Finanzsystem entstanden seien, sagte Zhou Xiaochuan. Marktteilnehmer seien eher geneigt, in Yuan abzurechnen.
Lockerung der Kontrollen im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr?
China müsse allerdings noch viele Hindernisse beseitigen. «Es muss noch eine Menge Arbeit geleistet werden.» So gebe es «keinen Zeitplan». Vage stellte Zhou Xiaochuan eine Lockerung der Kontrollen im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr in Aussicht. China werde die Internationalisierung des Yuan «nicht übermässig vorantreiben», aber das Vertrauen in seine Währung fördern. Am Ende bleibe es den Marktteilnehmern überlassen, ob sie sich für den Yuan entscheiden.
Obwohl Chinas Zentralbank nach Angaben von Händlern die Abschwächung der chinesischen Währung vorantreibt, beteuerte Zhou Xiaochuan, hinter der Fluktuation im Wechselkurs steckten Marktkräfte. Die Zentralbank blicke eher «mittelfristig» auf den Trend des Yuan.
Mit der Yuan-Schwäche will die Notenbank offenbar die Spekulanten verschrecken, die auf weitere Aufwertung setzten. Der seit Jahren ständige Wertzuwachs hatte viel «heisses Geld» an den Kapitalkontrollen vorbei nach China fliessen lassen. Das erschwert die Bemühungen, die Risiken durch den aufgeblähten Immobilienmarkt, das Kreditwachstum und Schattenbankenwesen einzudämmen. (awp/mc/pg)