Chinas Notenbank senkt Leitzinsen
Peking – Die Notenbank Chinas stemmt sich mit weiteren Zinssenkungen gegen die schwache Wirtschaftsentwicklung. Wie die People’s Bank of China (PBoC) am Sonntag mitteilte, werden an diesem Montag die Leitzinsen weiter verringert. Der Ausleihungssatz für einjährige Kredite fällt um 0,25 Prozentpunkte auf 5,1 Prozent. Der Einlagensatz sinkt ebenfalls um 0,25 Punkte auf 2,25 Prozent.
Die jüngste Lockerung ist bereits die dritte im vergangenen halben Jahr. Neben Zinssenkungen hat die Notenbank auch mehrfach den Mindestreservesatz verringert. Er legt fest, welchen Teil der Einlagen die Banken bei der Notenbank vorhalten müssen. Wird der Satz verringert, können die Geldhäuser einen höheren Teil ihrer Einlagen für Ausleihungen verwenden.
Angesichts starker konjunktureller Bremsspuren hatten Bankvolkswirte mit der Lockerung gerechnet. Der Zeitpunkt war aber unklar, weil die Kommunikationspolitik der PBoC, verglichen mit anderen grossen Notenbanken, viel zurückhaltender ist. Beispielsweise existiert kein öffentlich zugänglicher Sitzungskalender, wie es bei fast allen anderen Notenbanken Standard ist.
Weitere Massnahmen zu erwarten
Die Notenbank deutete in einer Erklärung zum Zinsentscheid an, dass weitere Lockerungen zu erwarten sind. Die Realzinsen sollen demnach «zurück in Richtung eines angemessenen Niveaus geführt werden». Zudem sprach die Zentralbank von hohem wirtschaftlichen Druck. Gleichzeitig sei die Inflation niedrig, während die Realzinsen auf historisch überdurchschnittlichem Niveau lägen. Der Realzins gilt als der für die Wirtschaftsentwicklung entscheidende Zinssatz. Er ergibt sich aus dem Nominalzins abzüglich der Inflationsrate. Bei fallender Inflation steigt der Realzins, was die Wirtschaft belastet.
Wachstum von 7,0 % in Q1
Im ersten Quartal 2015 war die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt zum Vorjahr um 7,0 Prozent gewachsen. Was für westliche Ohren nach viel klingt, ist für China das schwächste Wachstum seit der weltweiten Finanzkrise. Das Land leidet unter einem schwachen Immobilienmarkt mit fallenden Häuserpreisen, industriellen Überkapazitäten und der schleppenden Weltkonjunktur. Zudem sind die Provinzen des Landes hoch verschuldet. In diesem schwierigen Umfeld will die Regierung das Wirtschaftssystem umbauen und marktwirtschaftlichen Kräften mehr Gewicht einräumen.
Niedrige Inflation
Die schwache Binnenkonjunktur schlägt sich auch in einer ungewöhnlich niedrigen Inflation nieder. Einige Experten sehen sogar die Gefahr, dass China in eine Deflation mit fallenden Verbraucherpreisen abgleitet. Als Warnsignal gelten etwa die Preise, die Hersteller für ihre Produkte erhalten. Diese Erzeugerpreise fallen seit mittlerweile seit mehr als drei Jahren.
Neben den Lockerungen beschloss die Zentralbank einen weiteren Schritt zur Liberalisierung der landesweiten Zinsen. Die Banken dürften auf Kundeneinlagen jetzt das 1,5-fache des von der PBoC festgelegten Zinsniveaus zahlen, bisher war es das 1,3-fache. Analyst Frederik Kunze von der NordLB sprach von einem Schritt zur Erhöhung des Wettbewerbs im Bankensektor. (awp/mc/pg)