Peking – Die chinesische Notenbank hält an ihrem Kurs einer moderaten geldpolitischen Lockerung fest. Am Freitag reduzierte sie den Zins, an dem die heimischen Banken ihre kurzfristige Kreditvergabe ausrichten sollen. Die sogenannte «Loan Prime Rate» (LPR) fällt von 4,25 auf 4,2 Prozent, wie die People’s Bank of China in Peking mitteilte. Analysten hatten weitgehend mit dieser Entscheidung gerechnet.
Die Lockerung dürfte auch eine Reaktion auf die lockerere Geldpolitik in anderen grossen Volkswirtschaften sein. In dieser Woche hatte die US-Notenbank Fed ihren Leitzins zum zweiten Mal in diesem Jahr verringert. In der Woche zuvor hatte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre bereits sehr grosszügige Politik weiter gelockert. Insbesondere auf Fed-Entscheidungen hat die chinesische Zentralbank in der jüngeren Vergangenheit oft reagiert.
Die längerfristige LPR – sie bezieht sich auf fünfjährige Ausleihungen – beliess die chinesische Notenbank bei 4,85 Prozent. Hintergrund dieser Entscheidung dürfte sein, dass die politische Führung Chinas seit längerem gegen den einst starken Preisanstieg auf dem Immobilienmarkt vorgeht. Niedrigere Langfristzinsen schlagen sich oft in fallenden Hypothekenzinsen nieder, was die Notenbank wohl vermeiden will, um den Häusermarkt nicht unnötig anzuheizen.
Fortgeführter Kurs
Grundsätzlich führt die Notenbank mit der leichten Zinssenkung ihren Kurs fort, der schwächeren Wirtschaft mit einer moderaten Lockerung ihrer Geldpolitik etwas Halt zu geben. Dazu trägt auch bei, dass die Zentralbank vor wenigen Wochen den Mindestreservesatz reduziert hat, zu dem die chinesischen Banken Mittel bei der Notenbank vorhalten müssen. Der Schritt erhöht den Spielraum der Geldhäuser zur Kreditvergabe, was der Wirtschaft zugute kommen dürfte.
Dass die Zentralbank bisher auf starke geldpolitische Lockerungen verzichtet, erklären Fachleute vor allem mit der heimischen Währung Yuan. Zum einen will die Regierung eine zu starke Abwertung des Yuan vermeiden, um nicht eine breitangelegte Kapitalflucht auszulösen. Diese würde die ohnehin trübe Konjunktur der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt zusätzlich schwächen.
Zum anderen würde China mit einer starken Abwertung seiner heimischen Währung den Zorn der US-Regierung auf sich ziehen. Die USA bezichtigen China schon jetzt der Währungsmanipulation, um über billigere Ausfuhren die Wirtschaft zu beleben. Ein Urteil, das von Fachleuten angezweifelt wird.
Finanzgemeinde reagiert zurückhaltend
Fachleute bewerten den jüngsten Zinsschritt der chinesische Notenbank nicht als grossen Wurf. ING-Volkswirtin Iris Pang meint, dass die Lockerung nicht ausreicht, um das schwache Wachstum Chinas anzuschieben. Um das im laufenden Jahr das angepeilte Wirtschaftswachstum von mindestens sechs Prozent zu erreichen, müssten Regierung und Notenbank ihre Geld- und Fiskalpolitik lockern. Daher sei bald mit weiteren Lockerungen der Notenbank zu rechnen.
Die Zentralbank hatte die Loan Prime Rate erst im August eingeführt, um vor allem Kredite an kleine und mittlere Unternehmen zu erleichtern. Als mindestens ebenso entscheidend für die geldpolitische Ausrichtung der chinesischen Notenbank gilt unter Fachleuten der Zinssatz «Medium-Term Lending Facility» (MLF). Mit diesem Satz steuert die Notenbank den einjährigen Zins auf dem heimischen Interbankenmarkt. Dieser Satz beträgt gegenwärtig 3,3 Prozent. (awp/mc/ps)