Zhou Xiaochuan, Gouverneur der People’s Bank of China.
Peking – Die Notenbank Chinas stemmt sich mit einem überraschenden Schritt gegen die Schwäche der heimischen Konjunktur. Die People’s Bank of China verringerte am Freitag die wichtigsten Zinssätze. Der Ausleihungssatz sinkt um 0,4 Prozentpunkte auf auf 5,6 Prozent. Der Einlagensatz fällt um 0,25 Punkte auf 2,75 Prozent. Mit Zinssenkungen in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt hatten bis zuletzt nur die wenigsten Volkswirte gerechnet. Allgemein wurde erwartet, dass die Zentralbank ihre bisherige Politik kleinerer, gezielter Konjunkturhilfen etwa zur Stützung des Immobilienmarkts fortsetzt.
Der Schritt ist auch deshalb aussergewöhnlich, weil es das erste Mal seit 2012 ist, dass die Notenbank ihre Hauptzinssätze verringert. Seither wurden lediglich kleinere Anpassungen etwa bei den Reserveanforderungen für kleinere Banken vorgenommen. Die neuen Massnahmen treten an diesem Samstag in Kraft, wie es in einer Mitteilung der Notenbank heisst.
Notenbank sieht Wachstumsrisiken
Die Zentralbank begründete die Lockerung ihrer Geldpolitik mit Wachstumsrisiken. Mit dem «gezielten Schritt» sollen die Finanzierungskosten für die Wirtschaft reduziert werden, wie es in der Erklärung heisst. Zugleich relativierte die Zentralbank die Zinssenkung, indem sie von einer Massnahme zur «Feinabstimmung» sprach. Änderungen in der geldpolitischen Strategie seien damit nicht verbunden. Die Wirtschaft benötige keine starke Unterstützung, das Wachstum bewege sich in einer annehmbaren Spanne.
Die chinesische Konjunktur hat in den jüngsten Jahren zusehends an Schwung verloren. In diesem Jahr läuft die Wirtschaft Gefahr, das von der Regierung angepeilte Wachstumsziel von 7,5 Prozent zu verfehlen. Viele Bankvolkswirte gehen davon aus, dass sich das Wachstum weiter abschwächen wird. China benötigt eine robuste Konjunktur, um soziale Spannungen infolge unzureichender Beschäftigungschancen zu vermeiden. Zudem befindet sich das Land im Umbau hin zu einem nachhaltigeren Wachstumsmodell. In der kurzen Frist kostet dieser Strukturwandel Wachstum.
Spannungen am Bankenmarkt
Bereits am Freitagmorgen war von Händlern berichtet worden, dass die Währungshüter den heimischen Banken mit Geldspritzen unter die Arme gegriffen hätten. Ausschlaggebend seien Spannungen am Geldmarkt gewesen, an dem sich die Banken kurzfristige Mittel besorgen können. Zeitweise waren die Zinssätze stark angestiegen. Auf ihrer Kommunikationsplattform im Internet erklärte die Notenbank den Engpass unter anderem mit einem grossen Liquiditätsbedarf wegen anstehender Börsengänge. Die Zentralbank sicherte zu, zusätzliche Mittel anzubieten, falls dies nötig sein sollte. (awp/mc/pg)