Peking – Die chinesische Notenbank hat überraschend ihren geldpolitischen Kurs gestrafft. Sie habe die Zinsen auf einige kurzfristige Repo-Geschäfte mit einer Laufzeit von 7 bis zu 28 Tagen um jeweils 0,1 Prozentpunkt erhöht, teilte die Notenbank am Freitag auf ihrer Internetseite mit. Damit würden Papiere mit 7-tägiger Laufzeit nun mit 2,35 Prozent verzinst. Dieser Zinssatz gilt einigen Experten als eine Art «inoffizieller Leitzins». Die offiziellen Leitzinsen liess die Notenbank unterdessen unangetastet.
Die Notenbank habe einen bedachten Schritt getan, sagt Frederik Kunze, Experte bei der Landesbank NordLB. Sie habe ihre Geldpolitik gestrafft, ohne dabei die Finanzmärkte allzu stark zu verunsichern. «Aus Furcht vor einem wachsenden Schuldenberg wollen die Notenbanker die Kreditvergabe im Land, etwa an Industrieunternehmen, eindämmen.» Ausserdem wollen sie demnach durch höhere Zinsen die Attraktivität der Geldanlage in China erhöhen und dadurch die seit einiger Zeit anhaltende Kapitalflucht verringern.
«Inoffizieller Leitzins» angehoben
Um diese Ziele zu erreichen, nehmen die Notenbanker andererseits in Kauf, durch die höheren Zinsen womöglich die chinesische Wirtschaft zu schwächen. Die Zinserhöhung am ersten Arbeitstag nach dem chinesischen Neujahrsfest spiegele eine neue Haltung der Notenbanker wider, sagte Raymond Yeung, Ökonom bei der Australia and New Zealand Banking Group. Die Notenbank stelle es zwar nie explizit klar, aber die Rendite auf 7-tägige Repo-Geschäfte sei eine Art inoffizieller Leitzins, eine wichtige Orientierungsgrösse für die Zinsen, zu denen sich Banken gegenseitig Geld leihen. Dieser Zinssatz wurde zuletzt 2013 angehoben.
Bei Repo-Geschäften leiht die Notenbank einer Geschäftsbank Geld, indem sie vorübergehend einen Wertgegenstand – meist Wertpapiere – von dieser kauft. Gleichzeitig mit dem Kauf wird bereits der Rückkauf in der Zukunft vereinbart, sodass es sich bei dem überwiesenen Geld letztlich um eine geliehene Summe handelt. Der von der Geschäftsbank angekaufte Wertgegenstand dient der Notenbank unterdessen als Sicherheit.
Offizielle Leitzinsen bleiben unverändert
Ausserdem erhöhten die Notenbanker am Freitag die sogenannte «Standing Lending Facility»-Rate von 2,75 auf 3,10 Prozent. Diese Rate ermöglicht Banken, sich zu etwas längeren Laufzeiten Geld zu leihen als über die kurzfristigen Repo-Geschäfte. Dies kann den Finanzinstituten dabei helfen, regulatorische Vorgaben einzuhalten.
Den wichtigsten offizielle Leitzins in China, zu dem sich Banken für ein Jahr Geld bei der Notenbank leihen können, liessen die Währungshüter dagegen unverändert. Dieser Zinssatz liegt seit Oktober 2015 bei 4,35 Prozent. Wichtig ist zudem der Einlagensatz, der bestimmt, wie viel Banken für das Geld erhalten, das sie bei der Notenbank parken. Dieser Zinssatz liegt seit Oktober 2015 bei 1,50 Prozent.
Chinesische Börsen reagieren verschnupft
Die überraschende Straffung durch die Notenbank gab der Landeswährung Yuan am Freitag Auftrieb. Dies kommt den Notenbankern entgegen, da sie sich derzeit gegen eine zu starke Abwertung des Yuan im Zuge einer anhaltenden Kapitalflucht stemmen. Die Kurse an Chinas Börsen gerieten unter Druck.
Zusätzlich belastet wurden die Finanzmärkte durch enttäuschende Daten zur Stimmung in Chinas Industrieunternehmen. Der vom Wirtschaftsmagazin «Caixin» ermittelte Stimmungsindikator fiel im Januar nach Angaben vom Freitag überraschend stark von 51,9 auf 51,0 Punkte. Experten hatten lediglich mit einem Rückgang auf 51,8 Zähler gerechnet.
Werte über 50 deuten auf eine gute Geschäftsentwicklung und Wachstum im Industriesektor hin, während ein Indexstand darunter rückläufige Absätze signalisiert. Die Umfrage von «Caixin» fokussiert sich auf kleinere und mittelgrosse private Industrieunternehmen in China. (awp/mc/pg)