Chinas Zentralbankgouverneur Zhou Xiaochuan.
Peking – Die chinesische Notenbank hat auf die anhaltenden Konjunktursorgen reagiert und ihre Geldpolitik mit gleich drei Massnahmen weiter gelockert. Die wichtigste: Der Leitzins für eine Laufzeit von einem Jahr wird um 0,25 Prozentpunkte auf 4,35 Prozent gesenkt, wie die Notenbank am Freitag in Peking mitteilte. Der neue Leitzins werde ab Samstag gelten.
Zudem soll der Einlagensatz von 1,75 Prozent auf 1,50 Prozent sinken. Der Einlagensatz bestimmt, wie viel Banken für das Geld erhalten, das sie bei der Notenbank parken. An den Börsen sorgte die Nachricht aus Peking für Optimismus. Der deutsche Leitindex Dax sprang über die Marke von 10 800 Punkte. Auch beim europäischen Leitindex EuroStoxx-50-Index ging es bergauf.
Mindestreservesatz wird gesenkt
Neben der Absenkung des Leitzinses und des Einlagensatzes setzen die chinesischen Währungshüter noch auf eine dritte Massnahme: Die Mindestreserve werde um 0,5 Prozent abgesenkt, hiess es aus Peking. Damit sinkt der Satz von 18,0 auf 17,5 Prozent. Für einige Institute solle sogar noch eine zusätzliche Absenkung um weitere 0,5 Prozent gelten. Der Mindestreservesatz wird von der Zentralbank festgelegt, als Anteil an den Einlagen der Kunden der jeweiligen Geschäftsbank. Er muss bei der Notenbank hinterlegt werden. In China ist der Satz vergleichsweise hoch. In der Eurozone liegt er beispielsweise nur bei einem Prozent.
Mit den weiteren Lockerungsmassnahmen reagiert die chinesische Führung auf die anhaltenden Sorgen um die Konjunktur. «Für uns war es nicht überraschend, dass die Notenbank einen weiteren Lockerungsschritt vornimmt», sagte Frederik Kunze, China-Experte bei der Landesbank NordLB. Unklar sei allein der genaue Zeitpunkt gewesen, da die chinesische Notenbank ihre Entscheidungen nicht vorab ankündigt.
«Keine Überraschung – nachvollziehbarer Schritt»
Für Kunze ist der Schritt mit Blick auf das Wachstumsziel der chinesischen Führung von 7 Prozent absolut nachvollziehbar. «Die jüngsten Daten zum Wirtschaftswachstum und zur Industrieproduktion haben deutlich gemacht, dass Handlungsbedarf besteht.» Gleichzeitig habe die schwache Preisentwicklung gezeigt, dass es genügend Spielraum gebe und Inflationsgefahren nicht in Sicht seien.
Hinzu komme, dass die US-Notenbank Fed zuletzt bei ihrer lockeren Geldpolitik geblieben sei und die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag weitere Lockerungen in Aussicht gestellt hatte, so Kunze. Die chinesischen Währungshüter stünden daher mit den weiteren Lockerungen nicht als Aussenseiter da.
Peter Kinsella, Analyst bei der Commerzbank, rechnet noch mit zusätzlichen Schritten der chinesischen Notenbank. «Wir erwarten weitere Zinssenkungen in den kommenden Monaten», sagte Kinsella. Das dürfte dazu führen, dass die chinesische Währung Yuan zum Jahresende geschwächt werde.
Schwaches Wachstum und niedrige Inflation
Das chinesische Wirtschaftswachstum hatte sich im dritten Quartal erneut verlangsamt und war mit 6,9 Prozent unter die Marke von 7 Prozent gerutscht. Besonders enttäuschte im September die Industrieproduktion. Sie wuchs um 5,7 Prozent im Vorjahresvergleich. Volkswirte hatten mit einem stärkeren Zuwachs um 6,0 Prozent gerechnet.
Gleichzeitig ist die Teuerungsrate in China schwach. Die Verbraucherpreise legten im September mit 1,6 Prozent im Vorjahresvergleich weniger als erwartet zu. Die chinesische Führung strebt eine Teuerungsrate von 3 Prozent an. Besonders schwach entwickeln sich zudem die Erzeugerpreise, also die Preise derjenigen Güter, die in die Produktion der Unternehmen einfliessen. Die Erzeugerpreise fielen im September um 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. (awp/mc/upd/ps)