Zhou Xiaochuan, Präsident der People’s Bank of China.
Peking – Chinas Zentralbank hat den Yuan (Renminbi) mit einem erneuten Eingriff noch weiter auf Talfahrt geschickt. Analysten sind der Ansicht, dass ein schwächerer Yuan vor allem der Exportindustrie des Landes helfen wird. Die Ausfuhren Chinas waren im Juli um 8,3 Prozent im Vergleich zum Juli des Vorjahres eingebrochen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) nannte die Abwertung des Yuan einen «willkommenen Schritt», weil der Markt eine grössere Bedeutung bei der Bestimmung des Wechselkurses erhalte. Auch die EU-Kommission in Brüssel sprach nach dem überraschenden Politikwechsel der chinesischen Zentralbank von einer «positiven Entwicklung».
Unklarheit herrscht nun darüber, ob noch weitere Abwertungsschritte folgen. Die Zentralbank schrieb zwar am Mittwoch in einer Stellungnahme: «Momentan gibt es keine Basis dafür, die Abwertung des Wechselkurses fortzusetzen.» Allerdings hatten die Geldwächter schon bei der Intervention am Vortag betont, dass es sich um eine «einmalige Massnahme» handele.
Notenbank wertet Yuan um weitere 1,6 Prozent ab
Die Bank setzte am Mittwoch den Referenzkurs auf 6,3306 Yuan je US-Dollar fest – ein Abschlag für die chinesische Währung von weiteren 1,6 Prozent im Vergleich zum Vortag. Bereits am Dienstag hatte die Bank den Referenzkurs um 1,9 Prozent gesenkt und damit den Yuan im Verhältnis zum Dollar auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren geschickt.
Noch immer wird der Yuan längst nicht so frei wie andere Währungen gehandelt, weshalb der täglich neu festgelegte Mittelwert von grosser Bedeutung ist. Die Zentralbank hatte am Dienstag angekündigt, den Mechanismus ändern zu wollen, mit dem der tägliche Referenzkurs des Yuan festgelegt wird. Ausgehend von diesem Fixpunkt lässt die Zentralbank Handelsschwankungen von zwei Prozent nach oben und unten zu. Während das Institut den Referenzkurs bislang selbst festlegte, soll sich der Kurs künftig am Schlussstand des Vortrages orientieren. Der Einfluss der Marktkräfte soll also gestärkt werden.
Yuan zuvor stark gestiegen
Peking hofft mit dem Schritt, seine Chancen auf eine Aufnahme in einen Korb von internationalen Reservewährungen des IWF zu verbessern. Darin sind bisher der US-Dollar, der Euro, das britische Pfund und der japanische Yen enthalten. Fast im Gleichschritt mit dem starken US-Dollar hatte der Yuan in den vergangenen zwölf Monaten im Vergleich zu vielen internationalen Währungen kräftig an Wert gewonnen. Zum Euro war der Yuan innerhalb eines Jahres um knapp 20 Prozent gestiegen.
Anzeichen einer Konjunkturflaute mehren sich
Derweil mehren sich die Anzeichen einer Konjunkturflaute in China. Nach zuletzt überraschend schwachen Wirtschaftsdaten fiel auch die Industrieproduktion enttäuschend aus. Im Juli sei das Produktionswachstum im Jahresvergleich auf 6,0 Prozent geschrumpft, nach 6,8 Prozent im Vormonat, teilte das nationale Statistikamt am Mittwoch mit. Volkswirte hatten zwar ein schwächeres Produktionswachstum erwartet, waren aber immer noch von einem Zuwachs um 6,6 Prozent zum Vorjahr ausgegangen.
Neben der Industrieproduktion fiel auch das Umsatzwachstum im chinesischen Einzelhandel enttäuschend aus. Hier meldete das Statistikamt für Juli einen Rückgang des Wachstum um 0,1 Prozentpunkte auf 10,5 Prozent. Seit Beginn des Jahres liegen die Wachstumsraten im Einzelhandel unter 11 Prozent und damit auf einem Niveau, dass zuletzt 2003 erzielt worden war.
Starker Abwärtsdruck
«Chinas Wirtschaft sieht sich einem starken Abwärtsdruck ausgesetzt», kommentierte China-Experte Yao Wei von der Bank Societe Generale die jüngsten Wirtschaftsdaten. Die Sorge vor einer ernsten Konjunkturflaute zeigt starke Auswirkungen an den Finanzmärkten. Zur Wochenmitte gab es erneut Kursverluste an den Aktienmärkten, während vergleichsweise sichere Staatsanleihen von den Anlegern gesucht wurden.
Chinas Führung kämpft seit geraumer Zeit mit zahlreichen Massnahmen gegen eine abflauende Konjunktur in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt. Zuletzt hatte die chinesische Notenbank die heimische Währung den zweiten Tag in Folge deutlich abgewertet. Experten sehen darin einen direkten Zusammenhang zum Einbruch der chinesischen Exporte im Juli.
Stimmung in der Regierung zunehmend nervös
«Die dicht aufeinanderfolgenden Eingriffe am Aktien- und Devisenmarkt geben Anlass zu Spekulationen über den Aktionismus einer zunehmend nervösen Administration», sagte Experte Jochen Mörsch von der Bank Sal. Oppenheim. Ein möglicher Grund für die nervöse Stimmung in der Führung in Peking: Entwickeln sich Chinas Konjunkturdaten weiterhin enttäuschend, könnte auch das von der Regierung für dieses Jahr festgelegte Wachstumsziel der Wirtschaft von sieben Prozent in Gefahr geraten. (awp/mc/pg)