Christoph Egger, Direktor Schilthornbahn AG, im Interview
von Robert Jakob
Moneycab.com: Herr Egger, erneut gibt es bei der Schilthornbahn AG in der Sommersaison vom 1. Mai bis 15. September mit 1,4 Millionen Besuchern einen Rekord. Damit pilgert eine Schweizer Kleinstadt pro Tag auf den Berg. Hat sich noch keine Umweltschutzorganisation beschwert?
Christoph Egger: Frequenzen sind nicht gleichbedeutend mit Besuchern auf dem Schilthorn. Wir erbringen auch die öffentliche Erschliessung der beiden Ortschaften Mürren und Gimmelwald, weshalb viele Frequenzen lediglich die halbe Strecke unserer Bahnanlagen benutzen. Unser Ausflugsberg kann zwar zunehmend besser ausgelastet werden, von einer dauerhaften Überlastung sind wir aber weit entfernt. Gerade die Eröffnung der neuesten Attraktion THRILL WALK hat viel zur verbesserten Verteilung der Gäste auf unserem Berg beigetragen.
Mittlerweile sind bei Ihnen zwei von drei Gästen Sommergäste. Die grossen Skigebiete leiden – typische Ausflugsberge wie das Schilthorn haben hingegen starken Rückenwind. Ist das der Dauertrend der nächsten Jahre?
Wir gehen tatsächlich davon aus, dass sich die Sommersaison langfristig deutlich besser entwickelt als der Winter. Ausschlaggebend sind mehrere Faktoren: die Demographie mit einer Überalterung der westlichen Bevölkerung sowie der höhere Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund führen zu einer reduzierten Nachfrage nach Wintersport. Die aktuelle Wechselkurssituation verstärkt diese Effekte negativ. Auf der anderen Seite profitieren wir im sommerlastigen Ausflugsgeschäft von stark wachsenden Märkten im asiatischen und arabischen Raum.
«Wir gehen davon aus, dass sich die Sommersaison langfristig deutlich besser entwickelt als der Winter.»
Christoph Egger, Direktor Schilthornbahn AG
Die Ausflugsberge haben ja alle aufgerüstet. Das Schilthorn setzt mit der Totenkopfabfahrt für Freerider und letztens dem erwähnten Thrill Walk mit Kriechtunnel, nepalesischer Hängebrücke und Felsensteg auf starke Erlebnisse. Gibt es für den Berggenuss so etwas wie Modetrends?
Der Drang zur Inszenierung der Schweizer Ausflugsberge steht erst am Anfang und hat auch noch keine lange Geschichte. Neben Thrill Walk mit Kriechtunnel haben wir auch eine BOND WORLD 007 geschaffen, der Film „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ ist Teil der Geschichte der Schilthornbahn. Auch der grosse Abenteuerspielplatz und FLOWER TRAIL auf dem Allmendhubel sind Mürren-spezifisch. Von Modetrends kann man daher noch nicht sprechen.
Hängebrücken gibt es in der Schweiz ja jetzt einige. Besteht da nicht die Gefahr, dass die sich gegenseitig Besucher abspenstig machen?
Wir stehen alle im Wettbewerb. Das Anwerben neuer Gäste und konsequenterweise manchmal auch Abwerben von Gästen gehört zum Geschäftsalltag, in jeder Branche. Inszenierungen müssen aber authentisch und passend sein, ansonsten tritt die erwünschte Wirkung nicht ein. Echte, einzigartige und nicht kopierbare USPs sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Inszenierung und Angebotsgestaltung.
Und geht der Ausbau am Schilthorn nicht zu Lasten des Allmendhubel, wie man an den Besucherzahlen ablesen mag?
Wir investieren dort, wo wir das grösste Ertragspotential sehen und die Wettbewerbsposition am stärksten ist. Das Schilthorn als Premium-Ausflugsberg mit einem Brutto-Fahrpreis von CHF 102 retour bietet diesbezüglich deutlich mehr Potential als der Allmendhubel, welcher im harten Wettbewerb von sehr vielen Bergen auf einer Höhe von ca. 2‘000 m.ü.M. steht. So erachte ich es als äusserst positiv, dass wir trotz grossen Zuwachsraten auf dem Schilthorn auch die Besucherzahlen auf den Allmendhubel zu halten und sogar leicht zu steigern vermochten.
«Unsere Gäste bevorzugen moderne, leistungsfähige und komfortable Seilbahnanlagen, was sich in einer kürzeren Abschreibungsdauer spiegelt.»
Die Aussichtsplattform Skyline Walk und der Walk of Fame richten sich eher an ein Publikum, das es ruhig angehen lässt. Sind solche Attraktionen für Tourismusunternehmen dankbar, weil so gut wie kein Instanthaltungsbedarf besteht?
Die Auswahl der neuen Attraktionen richtet sich vor allem an der Attraktivität und Einzigartigkeit der Themen, welcher unser Berg bietet. Der Standort der Mittelstation Birg ist prädestiniert, eine Plattform und einen Felsensteg zu bauen, erst noch mit einer einmaligen Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau. Das Thema James Bond 007 kann auch kein anderer Berg in der Schweiz bewirtschaften. Natürlich ist die Realisierungschance für wirtschaftliche Projekte und Attraktionen besser, letztlich stehen wir als gewinnorientierte Unternehmung im Dienste unserer Aktionäre, welche mit der traditionell guten Dividendenrendite auch weiterhin rechnen.
Aus dem laufenden Cashflow könnten die Anlagen innert 20 Jahren erneuert werden. Ich nehme an, sie halten im Schnitt länger?
Bahnanlagen können deutlich über 20 Jahre hinaus zuverlässig und sicher betrieben werden. Je nach Anlagentyp nimmt aber die Akzeptanz der Gäste mit zunehmendem Alter deutlich ab. Unsere Gäste bevorzugen moderne, leistungsfähige und komfortable Seilbahnanlagen, was sich in einer kürzeren Abschreibungsdauer spiegelt. Unser Cash Flow lässt dies erfreulicherweise auch zu, was aber leider momentan nicht für die ganze Branche gilt.
Wieso braucht es immer zwei, ja sogar drei Jahre bis ein neues Angebot sich etabliert?
Nicht jedes neue Angebot benötigt diese Anlaufzeit: unsere Bond World oder der neue Thrill Walk wurden medial dermassen stark und prominent begleitet, dass die erwünschte Wirkung sofort eintrat. Andere Angebote benötigen mehr Zeit, weil wir als Seilbahnunternehmung nicht immer die notwendigen finanziellen Mittel für eine entsprechende Marketingkampagne aufbringen können.
Was versprechen Sie sich nach den Chinesen, deren Besucherzahl sich in den letzten vier Jahren fast verzwanzigfacht hat, vor allem von den koreanischen und vietnamesischen Kunden?
Korea ist kein neuer Markt, hier haben wir aber viel Nachhol-Potenzial. Wir liegen deutlich hinter der Entwicklung unserer Mitbewerber. Dieses Potenzial wollen wir mit einer Intensivierung der Marktbearbeitung besser ausschöpfen.
Vietnam ist ein neuer Markt, wo wir sehr früh einsteigen können und nicht mit einem Rückstand auf unsere Mitbewerber starten. Vietnam hat eine grosse Bevölkerung und ein erfreuliches Wirtschaftswachstum und wird sich mittelfristig zu einem wichtigen Markt entwickeln. Südostasien als Ganzes wird einen wichtigen Platz in unserer Marktbearbeitung haben.
«Ich bin überzeugt, dass die Baubewilligung von „The Myrrhen“ den Prüfungen der nächsten Instanzen Stand halten wird.»
Wie sieht es an der „Beschwerdefront“ aus. Wird es beim Bau des Appartement-Hotels „The Myrrhen“ zu Verzögerungen kommen?
Die Entwicklergemeinschaft aus Schilthornbahn AG, Steiner AG und Marco Hartmann hat ein seriöses und fundiertes Projekt ausgearbeitet. Diese Projektunterlagen wurden von den Behörden äusserst genau bearbeitet und mit der neuen Gesetzgebung abgeglichen. Darauf abgestützt haben wir die Baubewilligung erhalten. Ich bin überzeugt, dass diese Baubewilligung den Prüfungen der nächsten Instanzen Stand halten wird. Ob es zu Verzögerungen kommen wird, ist von der Beschwerdelaune und Ausdauer der Projektgegner abhängig.
In den letzten fünf Jahren konnte die Schilthornbahn AG das EBITDA fast verdoppeln. Das schreit eigentlich für 2017 nach einer Jubiläumsdividende zur 50-Jahrfeier…
Dividendenentscheide trifft der Verwaltungsrat erst nach Vorliegen des Jahresabschlusses 2016. Ich kann und möchte zu diesen Spekulationen aktuell keinen Beitrag leisten. Ich glaube aber nicht, dass sich die Aktionäre beklagen werden…
Zur Person:
Christoph Egger, geb. 1970 ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Er besuchte von 1986 – 1989 das Gymnasium Interlaken mit Abschluss Matura Typus C und studierte dann 5 Jahre an der Universität Bern im Hauptfach Betriebswirtschaft mit Nebenfächern Volkswirtschaft und Politologie. Von 2003-2004 belegte er den EMBA-Kurs, den die Universität Bern zusammen mit der University of Rochester NY anbietet (Schwerpunkt: Corporate Finance), und schloss mit einem Master of Business Administration ab. Eggers berufliche Laufbahn begann 1995 bei Hotelplan. Von 1997 – 1999 war er dann Leiter Marketing & Verkauf bei der Davos-Parsenn-Gruppe und auch Mitglied der Geschäftsleitung. Von 1999 – 2011 war er GL-Mitglied der Jungfraubahnen, Interlaken, wo er als Leiter Angebot Berg tätig war. Seit 2012 ist er Direktor der Schilthornbahn AG. Ski,Snowboard, Mountain-Biking, Wandern und Marathon sind seine Steckenpferde.
Zusätzliche Informationen zur Schilthornbahn AG wie
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