von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Rüttimann, schon der erste Biotta-Saft 1957 – also lange vor dem Bioboom, Kalorien zählen und dem Trend zu vegetarisch und vegan – war aus biologischem Anbau. Wie fühlt man sich im Jubiläumsjahr als «Bio-Trendsetter»?
Clemens Rüttimann: Als Pionier des Schweizer Bio-Landbaus mit inzwischen 60 Jahren Erfahrung gibt uns der Zeitgeist recht: Für die gesunde Ernährung ist Gemüse im Trend und Basis für eine ausgewogene Ernährung. Der neueste Schweizer Ernährungsbericht des Bundesamtes für Gesundheit bestätigt dies. Oder wie es ein renommierter Zürcher Gesundheitsmediziner ausdrückt: Gemüse ist Früchte ohne Zucker. Die sich verstärkende Diskussion um Zucker in Säften und Soft-Drinks erhöht die Nachfrage nach natürlichen Getränken.
Der Wettbewerb schläft allerdings nicht. Anstelle von Geburtstagsreden und Rückblick auf Vergangenes konzentrieren wir uns auf unsere Pionierrolle und treiben mit Innovationen das Bio-Saftgeschäft voran. Daneben haben wir eben unter der Marke VIVITZ einen zucker- und süsstofffreien Kräutertee mit 0 Kalorien im Biofachhandel lanciert.
Sie blicken auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2016 zurück. Das Umsatzwachstum der Thurella AG mit der Marke «Biotta» betrug 5,9%. Wie entwickelte sich das Inlandgeschäft?
Wir konnten im Inland mit +4% wachsen. Im Inland geschah dies hauptsächlich durch Neuheiten sowie dank permanentem Vertriebsausbau. Insbesondere im Bio- und Gesundheitsfachhandel überzeugen wir durch unseren Aussendienst das Verkaufspersonal von unserer einzigartigen Qualität der Direktsäfte ohne Konzentrate und Zusatzstoffe. Bei den Biotta Veggies im Kühlregal konnten wir neuartige in der Schweiz angebaute Rohstoffe wie Urdinkelgras aus Seuzach/ZH in neue Rezepturen einbauen. Das bringt auch für innovative Bio-Bauern neue Möglichkeiten.
«Insbesondere in Deutschland und Österreich ist es uns dank starker Kundenbeziehungen und aktivem Management gelungen, trotz anhaltenden Währungsdrucks neue Verbraucher zu gewinnen.»
Clemens Rüttimann, CEO Thurella und Biotta
Welche Entwicklungen waren im Exportgeschäft zu verzeichnen?
Unser Export-Geschäft wuchs 2016 um 11% zum Vorjahr und fusst auf den Hauptpfeilern Europa, Nordamerika und Asien. Dank schneller Reaktion auf Anfragen aus den Märkten ist es uns gelungen, die Kundenbedürfnisse mit massgeschneiderten Lösungen zu befriedigen. So konnte das organische Wachstum in Nordamerika durch gezielten Distributionsausbau im selektiven Food-Handel ausgebaut werden. Um unsere lokalen Partner und Distributoren optimal zu unterstützen, wurden die Export-Marketing-Aktivitäten auch 2016 erhöht. In Asien hat sich durch den Vertriebskanalwechsel von «Beauty&Wellness» hin zum Lebensmittel-Einzelhandel das Wachstum in China etwas eingebremst. Mittlerweile sind jedoch die Zeichen wieder auf Wachstum gesetzt.
In Europa können wir solide Wachstumszahlen vermelden. Insbesondere in Deutschland und Österreich ist es uns dank starker Kundenbeziehungen und aktivem Management gelungen, trotz anhaltenden Währungsdrucks neue Verbraucher zu gewinnen. Im Vereinigten Königreich haben wir den bisherigen Vertrieb eingestellt und die Voraussetzungen geschaffen, um in diesem wichtigen Bio-Markt 2017 mit einem neuen Partner neu zu beginnen.
Sie verkaufen Ihre Produkte in über 30 Länder. Wo soll als nächstes der Markteintritt erfolgen?
Anlässlich der Gulfood-Messe in Dubai im Februar 2016 konnten wir mit einem Unternehmen aus Kuwait den ersten Kunden aus dem arabischen Raum begrüssen. Daneben werden wir in diesem Jahr den Markt BeNeLux reorganisieren. Da unsere Produkte landwirtschaftlichen Ursprungs sind, ist die Verkehrsfähigkeit immer eine besondere Herausforderung. Registrationen, Zölle und weitere Handelshemmnisse beeinflussen den Markteintritt, weshalb wir zur Zeit keine genauen Aussagen zu weiteren Märkten machen können.
Die Strategie als Spezialist für Bio-Säfte hat sich bezahlt gemacht. Dennoch entwickeln sich natürlich die Kundenbedürfnisse. Mit den Biotta Veggies und Smoothies oder dem «Biotta Bio Energy» haben Sie darauf reagiert. Wie kann man sich den Entwicklungsprozess dieser Produkte und der verschiedenen Geschmacksrichtungen vorstellen?
Am Anfang steht immer ein Kundenbedürfnis und unsere mögliche Antwort darauf. Da haben wir das Ohr am Markt. An Messen und Märkten halten wir Umschau nach neuen Ideen. Meistens dauert die Entwicklung des Verpackungskonzeptes länger als die Rezeptierung des Saftes. Das Tempo im Fruchtsaftmarkt ist hoch, weshalb traditionelle industrielle Innovations-Workflows zuviel Zeit und Absprachen benötigen. Wir als kleiner Anbieter in einer Nische müssen uns dies durch ein forsches Tempo im Innovationsprozess zum Vorteil machen. «Speed is better than perfection» ist unser Credo.
Seit einigen Jahren haben Sie den Saft aus der Aronia-Beere im Angebot. Wie hoch ist mittlerweile der Schweizer Anteil der für die Produktion benötigten Beeren?
Von der Aronia-Beere haben wir uns mehr erwartet, das gebe ich zu. Die Beschaffung von Rohware nach den Richtlinien der Bio-Suisse war bisher die grosse Herausforderung, weshalb wir lediglich Teilmengen aus der Schweiz beziehen konnten. Mittlerweile sind jetzt aber ab diesem Sommer eine Handvoll grosser Bauernbetriebe komplett auf Bio umgestellt und wir werden die Mengen erhöhen können.
«Für uns als überschaubares KMU sind Akquisitionen nicht ausgeschlossen, sie müssen aber Sinn machen und für uns verkraftbar sein.»
Im vergangenen Jahr haben Sie SMOO’TEA lanciert, also ein mit Tee gemischter Smoothie. Handelt es sich dabei um die Fusion Ihrer Smoothies und den Vivitz Bio-Eistees?
Das Konzept Smoo’tea basiert auf einem Fruchtsmoothie, der mit 15% Kräutertee versetzt ist. Der gesundheitliche Zusatznutzen ist ein Vollfrucht-Smoothie, der aber dank dem Kräutertee deutlich weniger Fructose/Zucker und damit auch weniger Kalorien hat.
Welche Innovationen sind im laufenden Jahr zu erwarten?
Ab Anfang Mai wird es einen Veggie mit gelber Rande im Frischeregal geben. Die gelbe Rande verfügt über höheres Gesundheitspotential als Gemüse, schmeckt aber deutlich neutraler als die normale rote Rande. Im Gesundheitsfachhandel werden wir zwei neue Gemüsesaftmischungen mit Randen in der Biotta-Glaflasche bringen. Grosses Innovations-Potential hat auch der eben lancierte Vivitz Easy Eistee mit 0 Kalorien und frei von Süsstoffen und Zucker. Meines Wissens der erste reine Kräutertee ohne Zusätze.
Die Nachfrage nach Bio und generell naturbelassenen Produkten steigt weiter. Wie zuversichtlich sind Sie für die nächsten Jahre?
Der Markt für nachhaltig erzeugte Lebensmittel wächst generell. Bio-Säfte verfügen über eine hohe Glaubwürdigkeit, wenn auch Regionalität und fairer Handel in der Zwischenzeit genau so wichtig geworden sind. Als Pionier hat unser Gründer bereits vor 60 Jahren all diese Attribute in die DNA der Marke Biotta gegeben. Diesem Erbe sind wir verpflichtet und wollen deshalb das enorme Konsumentenvertrauen in unsere Marke weiterentwickeln.
Sie peilen ein solides und stetiges Wachstum an. Die Eigenkapitalquote beträgt mittlerweile über 66% und lässt Spielraum – auch für Akquistionen. Ein Thema für Sie und wenn ja, welche Bedingungen müssten erfüllt sein?
Akquisitionen sind in der Gegenwart ein Trend. Einige Unternehmen stehen zum Verkauf. Für Grosskonzerne mit eigenen M&A Teams ist dies Tagesgeschäft. Oberflächlich betrachtet bieten Akqusitionen schnelles Wachstumspotential. Für uns als überschaubares KMU sind Akquisitionen nicht ausgeschlossen, sie müssen aber Sinn machen und für uns verkraftbar sein.
Herr Rüttimann, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Clemens Rüttimann ist Betriebsökonom HWV (52) und leitet die Thurella Gruppe und damit die Biotta AG seit Januar 2011. Zuvor war er in verschiedenen Geschäftsführungs- und Management-Positionen unter anderem bei Kneipp in Würzburg, bei Rausch und beim amerikanischen Multi 3M in der Schweizer Niederlassung tätig. Rüttimann ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.
Zum Unternehmen:
Thurella AG mit Sitz im schweizerischen Egnach ist die Holdinggesellschaft der operativen Unternehmen Biotta AG und GESA Gemüsesaft GmbH. Die Biotta AG ist der führende Schweizer Bio-Pionier. Seit 60 Jahren werden ihre direkt gepressten und naturrein belassenen biologischen Gemüse- und Fruchtsäfte aus nachhaltiger Manufaktur in mehr als 30 Länder exportiert. Ende 2012 übernahm sie zudem die Herstellung und den Vertrieb der Bio-Frucht-Smoothies „Traktor“, die einer der Vorreiter für Smoothies auf dem Schweizer Markt waren. Die deutsche Tochter GESA Gemüsesaft GmbH stellt naturbelassene Gemüsesafthalbfabrikate aus süddeutschem Bio-Gemüse für die weiterverarbeitende Industrie her.
Zusätzliche Informationen zur Thurella AG wie
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