Martin Blessing, Vorstandsvorsitzender Commerzbank. (Foto: Commerzbank AG)
Frankfurt – Die Commerzbank kämpft sich zunehmend aus ihrer langen Krise und stellt den Aktionären die erste Dividende seit 2007 in Aussicht. Nach einem Gewinnsprung – sowohl im zweiten Quartal als auch im ersten Halbjahr 2015 – legte der teilverstaatlichte Dax-Konzern Millionen für eine Ausschüttung an die Anteilseigner zurück. Konzernchef Martin Blessing sprach am Montag von einem «erfolgreichen Turnaround der Bank». Der 52-Jährige, der die deutsche Nummer zwei seit Mitte Mai 2008 führt, darf sich nun berechtigte Hoffnung auf eine Vertragsverlängerung machen.
Im zweiten Quartal konnte das Institut seinen Überschuss auf 280 (Vorjahreszeitraum: 100) Millionen Euro fast verdreifachen. Die Bank profitierte von der guten Lage der deutschen Wirtschaft. Der operative Gewinn legte um die Hälfte auf 385 Millionen Euro zu. Die Bank bekräftigte, sie wolle für das laufende Geschäftsjahr erstmals seit der Finanzkrise wieder eine Dividende zahlen. Dafür reservierte sie im ersten Halbjahr 125 Millionen Euro beziehungsweise 10 Cent je Aktie.
Blessing vor Vertragsverlängerung?
Die positive Zwischenbilanz festigt Blessings Position. Lange stand der Manager wegen schwacher Zahlen und einer schleppenden Erholung von den Folgen der Finanzkrise in der Kritik, nun scheint sich der Ende 2012 eingeleitete Kurswechsel auszuzahlen. Blessings Ende Oktober 2016 endender Vertrag könnte daher vorzeitig verlängert werden. Nach Informationen der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» will der Aufsichtsrat den Manager weiter an das Institut binden. Die Bank äusserte sich nicht zu diesem Thema.
Im lange schwächelnden Privatkundengeschäft erntet die Bank die Früchte ihrer Investitionen zum Beispiel in Filialen und Produkte sowie die massiven Werbeanstrengungen. Im zweiten Quartal steigerte die Sparte trotz Belastungen durch das Zinstief ihren operativen Gewinn um fast die Hälfte auf 171 Millionen Euro. Ein Treiber war das boomende Baufinanzierungsgeschäft. Zudem wuchs die Kundenzahl im abgelaufenen Jahresviertel den Angaben zufolge um 68 000. Seit Ende 2012 hat die Bank 666 000 zusätzlich Kunden gewonnen, bis Ende 2016 sollen es eine Million sein. Gewinnmaschine bleibt zudem das Geschäft mit dem Mittelstand.
Fortschritte bei den Altlasten
Voran geht es in der konzerneigenen Bad Bank, in der die Commerzbank jene Geschäftsteile gebündelt hat, von denen sie sich trennen will. So sank das Engagement in Schiffs- und Gewerbeimmobilienkrediten im zweiten Jahresviertel um drei Milliarden auf 27 Milliarden Euro. Finanzvorstand Stephan Engels kündigte weitere Entlastungen im dritten Quartal aus einigen jüngst gemeldeten grösseren Verkäufen an. Das wird die Kapitalpuffer weiter stärken.
Die harte Kernkapitalquote stieg von Ende März bis Ende Juni um einen Prozentpunkt auf 10,5 Prozent. Die sogenannte Leverage Ratio (Verschuldungsquote), die das Einlagenkapital ins Verhältnis zur gesamten Bilanzsumme setzt, stieg um 0,3 Punkte auf 4,0 Prozent. Dazu trug vor allem die Ende April durchgezogene Kapitalerhöhung bei, die rund 1,4 Milliarden Euro frisches Geld einbrachte. Ihre langfristigen Ziele für die Kapitalausstattung hat die Bank damit nun erreicht. «Wir wollen uns nicht darauf ausruhen», sagte Engels. Zugleich entlasteten die Verkäufe die Kapitalpuffer der Bank.
Kosten bleiben hoch
Wermutstropfen bleiben hohe Kosten. Im Gesamtjahr rechnet der Vorstand nun mit Ausgaben von leicht über sieben Milliarden Euro. Ziel war bisher, diese Marke nicht zu reissen. Die erstmals fällige europäische Bankenabgabe dürfte zusätzlich rund 170 Millionen Euro ausmachen.
Das Ziel, im kommenden Jahr das Verhältnis der Kosten zum Ertrag auf 60 Prozent im Kerngeschäft zu drücken, sei auch wegen des Drucks der niedrigen Zinsen auf die Einnahmen nur noch schwer zu erreichen, sagte Engels. Im ersten Halbjahr lag das Verhältnis der Kosten zum Ertrag im Kerngeschäft bei 68,5 Prozent. Dennoch wollte Engels den 2012 gegeben Ausblick noch nicht revidieren: «Wir kämpfen weiter für unsere Ziele 2016.»
Am Montagmittag gehörte die Commerzbank-Aktie mit einem Plus von knapp drei Prozent zu den grössten Gewinnern im Dax. Der Bund, der noch mit gut 15 Prozent an dem Institut beteiligt ist, ist von einem Gewinn aus der Rettung der Bank 2008/2009 aber noch weit entfernt: Dafür müsste die Aktie noch kräftig steigen. (awp/mc/upd/ps)