Martin Blessing, Vorstandsvorsitzender Commerzbank. (Foto: Commerzbank AG)
Frankfurt – Commerzbank-Chef Martin Blessing verabschiedet sich mit einem Milliardengewinn und der ersten Dividende seit 2007 von der Spitze des zweitgrössten deutschen Geldhauses. Der Vorstand ist zuversichtlich, dass der Erfolgskurs 2016 beibehalten wird – trotz der Turbulenzen an den Finanzmärkten. «Wir rechnen damit, dass der Konzernüberschuss leicht über dem Vorjahresniveau liegen wird», sagte Blessing am Freitag in Frankfurt. «Wir gehen davon aus, dass wir auch in den nächsten Jahren ein moderates Wachstum sehen werden.»
Für das vergangene Jahr wies der seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Dax-Konzern 1,06 Milliarden Euro Überschuss aus – fast vier Mal so viel wie ein Jahr zuvor. Davon sollen auch die Aktionäre profitieren: Erstmals seit der Finanzkrise soll es eine Dividende geben, der Vorstand stellt 20 Cent pro Anteilsschein in Aussicht. Insgesamt will die Bank 250 Millionen Euro ausschütten.
Börse atmet auf
An der Börse kam die Commerzbank-Bilanz gut an: Die Aktien setzte sich am Mittag mit einem zweistelligen Plus von zuletzt knapp 18 Prozent an die Dax-Spitze. In den vergangenen Wochen waren die Papiere wie andere Bankaktien schwer unter Druck geraten.
«Wir haben frühzeitig die richtige Strategie eingeleitet und die Massnahmen erfolgreich umgesetzt. Deshalb steht die Commerzbank heute signifikant besser da als vor der Finanzkrise», bilanzierte Blessing. Der heute 52-Jährige hatte die Führung der Bank Mitte Mai 2008 übernommen, kurz darauf kaufte die deutsche Nummer zwei die kriselnde Dresdner Bank – und musste mit Steuermilliarden gerettet werden.
Shortlist für Blessing-Nachfolge
Blessing verlängert seinen Ende Oktober auslaufenden Vertrag nicht. Für die Nachfolge hat der Aufsichtsrat Gespräche mit externen und internen Kandidaten geführt, wie Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller im Intranet der Bank erklärte. «Als Ergebnis entsteht jetzt eine Shortlist, auf deren Basis dann der gesamte Aufsichtsrat entscheiden wird. Wir möchten diesen Prozess bis zur Hauptversammlung im April abgeschlossen haben.» Das Aktionärstreffen ist für den 20. April angesetzt.
Als Kandidaten gelten die Vorstände Martin Zielke (Privatkunden) und Markus Beumer (Mittelstand). In Medienberichten waren als mögliche externe Bewerberinnen unter anderen Annika Falkengren, Chefin der schwedischen SEB, sowie Jutta Dönges, die neue Chefin der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) genannt worden.
Zwei Ziele kaum noch zu schaffen
Zwei wichtige Ziele musste Blessing aber aufgeben. Die Netto-Eigenkapitalrendite lag Ende 2015 im Kerngeschäft bei 8,1 Prozent und werde wohl 2016 nicht mehr auf die erhofften zehn Prozent steigen. Konzernweit, also inklusive der Bad Bank, lag sie bei 4,2 Prozent. Zudem dürfte es der Bank auch noch nicht gelingen, das Verhältnis der Kosten zum Ertrag von zuletzt 72 Prozent auf 60 Prozent zu drücken. Gründe für das Verfehlen dieser Ziele sieht Blessing ausserhalb der Bank. Zum einen sei bei der Festlegung der Vorgaben noch nicht absehbar gewesen, wie tief die Zinsen noch sinken würden. Zum anderen seien die Kosten für die neuen Vorgaben der Aufseher stärker gestiegen, als Ende 2012 abzusehen war.
Auch im Aufsichtsrat steht ein Umbruch bevor. «Für mich ist schon lange klar, dass ich diese Position über das Jahr 2018 hinaus auf keinen Fall bekleiden werde», bekräftigte Chefkontrolleur Müller. «Wenn es uns gelingt, einen geeigneten Kandidaten frühzeitig zu gewinnen – ich stünde einem Wechsel auch vor 2018 nicht im Wege.»
Starkes Privatkundengeschäft
Gewinntreiber im vergangenen Jahr war für die Commerzbank ein kräftiges Wachstum im Privatkundengeschäft mit seinen 1050 Filialen. Die Sparte steigerte ihr operatives Ergebnis zum Vorjahr um zwei Drittel auf 751 Millionen Euro. Seit Ende 2012 investiert die Commerzbank hier massiv. Die Kundenzahl wuchs im vergangenen Jahr unter dem Strich um 286 000. Seit Ende 2012 kamen netto 819 000 Kunden hinzu. Die Bank profitierte auch von grosser Nachfrage nach Baufinanzierungen.
Im Geschäft mit dem Mittelstand verdiente die Bank wegen des hohen Wettbewerbsdrucks und höherer Kosten gut 13 Prozent weniger als vor einem Jahr. Unter anderem belastete die Insolvenz des Gebäudeausrüsters Imtech. Die konzerneigene Bad Bank, in der die zum Verkauf stehenden Problemanlagen gebündelt sind, halbierte ihre operativen Verluste auf 401 Millionen Euro. Rund vier Jahre nach Gründung der Sparte «Non-Core Assets» soll diese nun weitgehend aufgelöst werden.
Kapitalquoten deutlich verbessert
Auch dank des schnellen Abbaus von Altlasten verbesserte sich die Kapitalbasis deutlich. Im vergangenen Jahr kletterte die harte Kernkapitalquote um 2,7 Punkte auf 12 Prozent – ein vergleichsweise starker Wert auch im internationalen Vergleich. Die Bank liege bereits heute über den Anforderungen der EZB-Bankenaufseher für das Jahr 2019. Eigenkapital gilt als wichtiger Puffer für Krisenzeiten.
Blessing versicherte, Strafzinsen für Privatkunden seien weiterhin kein Thema. Anders sehe es bei Mittelstandskunden aus: «Nullzins auf einem täglich verfügbaren Konto ist ein subventionierter Zins. Für uns ist die Frage, wie lange können wir diese Subvention aufrechterhalten.» Blessing betonte: Sollte das Zinstief anhalten, «werden wir Teile dieser Subvention abbauen und den Negativzins weitergeben». Die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt von Banken, die Geld bei ihr parken, inzwischen 0,3 Prozent Zinsen. (awp/mc/upd/ps)