Credit Suisse bestätigt Beschattung Goerkes und entlässt Bouée fristlos
Zürich – Bei der Credit Suisse hat es eine weitere Beschattung gegeben. Konsequenzen für Konzernchef Tidjane Thiam und Präsident Urs Rohner werden allerdings keine angekündigt. Konkret hätten sich Medienberichte bestätigt, dass nicht nur Top-Manager Iqbal Khan vor seinem Wechsel zur Konkurrentin UBS observiert wurde. Auch der damalige Personalchef Peter Goerke sei im Auftrag der Bank im Februar 2019 «während einigen Tagen» von einer Drittfirma beschattet worden, teilte die Credit Suisse am Montag mit.
Dies ist die Erkenntnis eines neuen Untersuchungsberichts, den die Bank zusammen mit der Anwaltskanzlei Homburger erstellt hat. Präsident Rohner hatte die die Überwachung Khans im Oktober noch als «isoliertes Ereignis» bezeichnet.
Nicht die Wahrheit gesagt
Seine damalige Aussage beruhte laut der jetzigen Mitteilung jedoch auf falschen Annahmen. Denn in einer ersten Untersuchung, die ebenfalls mit der Anwaltskanzlei Homburger durchgeführt wurde, hätten die verantwortlichen Personen bei der Frage nach weiteren Beschattungen «nicht wahrheitsgetreu Auskunft gegeben und die Beschattung Peter Goerkes verschwiegen», so die Mitteilung.
Zudem seien die Verantwortlichen darauf bedacht gewesen, «keine nachweisbaren Spuren» in den Systemen der Bank zu hinterlassen.
Fristlose Kündigung für Bouée
Namentlich genannt wird auch im neuen Bericht das ehemalige Konzernleitungsmitglied Pierre-Olivier Bouée. Er habe den Auftrag zur Observierung Goerkes erteilt, so die Mitteilung weiter. Bouée sei nun fristlos gekündigt worden.
Der Manager, der für das operative Geschäft zuständig war, galt als Vertrauter von CEO Thiam. Er hatte bereits beim Auffliegen der Affäre Khan seinen Rücktritt angekündigt. Damals hatte auch CS-Sicherheitschef Remo Boccali den Hut genommen.
Thiam wusste von Nichts
Aus der Schusslinie genommen wird hingegen weiterhin Konzernchef Thiam, die restliche Geschäftsleitung sowie der Verwaltungsrat. Sie alle hätten nichts von Goerkes Beschattung gewusst, bevor die Medien darüber berichtet hätten.
Diese Beschattung sei für den Verwaltungsrat inakzeptabel und «unentschuldbar», erklärt Verwaltungsratspräsident Rohner zudem in der Mitteilung.
Gegen Beschattungskultur
Wie die «NZZ» allerdings vor wenigen Tagen in Erinnerung gerufen hatte, bezeichnete CS-CEO Thiam Ende Oktober gegenüber dem Westschweizer Fernsehen RTS Überwachungen noch als «legitimes Mittel».
Der CS-Verwaltungsrat lehne eine Beschattungskultur entschieden ab, betonte nun hingegen Rohner. Die Vorgänge hätten dem Ansehen des Unternehmens geschadet. Es seien nun Massnahmen getroffen worden, dass sich solche Vorgänge nicht wiederholten. Dazu gehöre der Erlass verschärfter interner Weisungen, so der CS-Präsident weiter.
Kooperation mit Finma
Die Finanzmarktaufsicht Finma hatte letzten Freitag bekanntlich angekündigt, man habe einen unabhängigen Prüfbeauftragten bei der Grossbank eingesetzt. Untersucht würden aufsichtsrechtlich relevante Fragen zu den Grundsätzen der Corporate Governance.
Dazu teilte die Credit Suisse nun mit, dass man werde weiterhin eng mit der Finma und neu auch mit dem durch diese eingesetzten unabhängigen Prüfbeauftragten zusammenarbeiten werde.
Wie ebenfalls bekannt ist, prüft die Zürcher Staatsanwaltschaft derzeit, ob sich jemand in Zusammenhang mit der Überwachung von Khan strafrechtlich fehlverhalten hat. Denn dieser erstattete im September Anzeige wegen Nötigung und Drohung.
An der Börse hatten die Credit Suisse-Aktien am Montag im Nachgang an diese Ereignisse keinen leichten Stand. Bis Börsenschluss verloren die Anteilsscheine 1,0 Prozent auf 13,08 Franken. Händler sprachen aber auch von einer insgesamt eher schwachen Bankenbranche in Europa am Tag vor Heiligabend. (awp/mc/pg)