Credit Suisse erwartet nach tiefroten Zahlen weiteres Verlustjahr
Zürich – Die Credit Suisse hat nach einem erneuten «Schreckensjahr» 2022 noch einen weiten Weg bis zu einer Gesundung vor sich. Nach einem hohen Milliardenverlust sowie massiven Geldabflüssen im vergangenen Jahr wird die stark angeschlagene Grossbank auch 2023 in den roten Zahlen bleiben.
Mit einem Jahresverlust von 7,3 Milliarden Franken war 2022 für die Credit Suisse das schlimmste Jahr seit der Finanzkrise von 2008. Geprägt war es von tiefgreifenden Restrukturierungen und Führungswechseln, aber auch von einem Einbruch der Erträge um rund einen Drittel, wie den am Donnerstag vorgelegten CS-Ergebnissen zu entnehmen ist.
Bereits 2021 war die CS nach den Debakeln um den Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos und die Liquidierung der Greensill-Fonds tief in die Verlustzone geraten. Auch für 2023 prognostizierte die Grossbank noch einen «erheblichen» Vorsteuerverlust aufgrund der hohen Restrukturierungskosten.
Massive Geldabzüge
Schockiert zeigten sich die Beobachter aber vor allem über die massiven Geldabflüsse im vierten Quartal: So zogen die Kunden innert drei Monaten fast 111 Milliarden Franken oder rund acht Prozent der gesamten verwalteten Vermögen von der Bank ab. Ein grosser Teil der Abzüge (86 Milliarden) floss in den ersten zwei Oktoberwochen nach Gerüchten in sozialen Medien um eine Schieflage der Bank ab.
Die CS-Verantwortlichen versuchten vor den Medien zu beruhigen und betonten, dass der Trend mittlerweile wieder drehe: So habe die Grossbank im Januar etwa im Schweizer Geschäft oder in der Region Asien-Pazifik wieder positive Vermögenszuflüsse verzeichnet, erklärte Finanzchef Dixit Joshi. In anderen Bereichen dürfte der Negativtrend allerdings noch nicht gestoppt sein.
Kosten abgebaut
Gleichzeitig vermeldete die CS-Führung auch Fortschritte mit dem im vergangenen Oktober angekündigten tiefgreifenden Umbau der Bank. So sei das Institut mit den angestrebten Kostensenkungen gut vorangekommen: Die für das Gesamtjahr angestrebte Senkung der Kostenbasis um rund 1,2 Milliarden sei mit den im vierten Quartal eingeleiteten Massnahmen bereits zu rund 80 Prozent umgesetzt.
Alleine im vierten Quartal sei zudem die Zahl der Mitarbeitenden um rund 4 Prozent abgebaut worden. Das Ziel der Bank ist ein Abbau der Kostenbasis bis 2025 um rund 15 Prozent oder etwa 2,5 Milliarden Franken. Dabei soll die Zahl der Mitarbeitenden um rund 9000 Stellen reduziert werden.
Ausgliederung CS First Boston
Konkretere Formen nimmt die angekündigte Ausgliederung des Beratungs- und Kapitalmarktgeschäfts in die künftige CS First Boston (CSFB) an. Wie erwartet kauft die CS in diesem Zusammenhang ihrem ehemaligen Verwaltungsrat Michael Klein dessen Unternehmen Klein Group für rund 175 Millionen Dollar ab. Der millionenschwere Kauf des US-Unternehmens mit gut 40 Fachleuten hatte im Vorfeld für Diskussionen in den Medien gesorgt.
Das Team der Klein Group soll in die Management- und Beratungskapazitäten der CS First Boston integriert und soll diese erweitern. Michael Klein wird damit zu einer wichtigen Figur im Management der Grossbank. Er wird «CEO of Banking» und CEO für die Region Americas der Credit Suisse und zieht in die CS-Geschäftsleitung ein. Eine Verselbstständigung und ein Börsengang der CSFB könnte frühestens Ende 2024 oder im Jahr 2025 erfolgen, sagte CEO Ulrich Körner.
Weiter vorangekommen ist der Verkauf des Geschäfts mit verbrieften Produkten (SPG) an Apollo Capital Management. Der Investment-Bank-Bereich dürfte noch im ersten Halbjahr 2023 an die US-Gesellschaft gehen, wobei die CS aus dem Verkauf einen Vorsteuergewinn von 0,8 Milliarden Dollar erwartet.
Bonuspool gekürzt
Die CS-Angestellten werden das Verlustjahr über deutlich tiefere Boni zu spüren bekommen. Der Bonuspool für 2022 sei gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent gekürzt worden, sagte CEO Körner. Die Bonuskürzungen würden die Mitglieder des oberen Managements deutlich stärker treffen. Die Mitglieder der Geschäftsleitung sollen derweil gar keine variablen Entschädigungen für 2022 erhalten.
Die Investoren reagierten ernüchtert auf die Ergebnisse, auch wenn der hohe Verlust erwartet worden war. Die Aktie gab am Donnerstag deutlich nach und lag zu Handelsschluss mit einem Kurs von 2,77 Franken satte 14,7 Prozent tiefer als am Vortag. Analysten verwiesen auf die Unsicherheit um weitere Geldabflüsse, aber auch die schwierige Restrukturierung sowie auf noch ausstehende Rechtsfälle. (awp/mc/ps)