Credit Suisse befürchtet wegen Corona hohe Ausfälle
Zürich – Gerade neu im Amt und sofort grosse Krise: Das konnte der neue Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein bei Amtsantritt Mitte Februar nicht ahnen. Wie einschneidend die Corona-Pandemie auch für die Grossbank sein wird, zeigt sich jetzt an milliardenhohen Absicherungen gegen Ausfälle. Und das war erst der Anfang.
Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie seien im ersten Quartal unter seiner Leitung einschneidend gewesen, sagte Gottstein am Donnerstag anlässlich der Ergebnispräsentation. Als er am 14. Februar das Amt übernommen habe, habe er keine Ahnung gehabt, wie sich die Welt innerhalb eines Monats verändern würde. Die Umstände hätten sich seither komplett gewandelt.
Der frühere CS-Schweiz-Chef wollte es besonnen angehen lassen und als neuer Gruppen-CEO erst einmal weltweit Mitarbeiter, Aktionäre und Kunden treffen. Reisen ist jetzt nicht mehr möglich. Im Vordergrund steht vielmehr dafür zu sorgen, dass das Geschäft weiterlaufen kann.
Kreditausfälle drohen
Dazu gehören auch Rückstellungen und Wertberichtigungen wegen der Coronakrise. Denn klar ist, dass es angesichts des Einbruchs der Wirtschaft weltweit zu Verlusten im Kreditgeschäft kommen wird, wenn Menschen oder Unternehmen ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen können.
Hinzu kommt, dass die Aktienmärkte weltweit eingebrochen sind, der Schweizer Aktienmarkt etwa um fast ein Drittel. Und an den Ölmärkten sind die Preise abgestürzt, auch wegen der massiv gefallenen Nachfrage wegen der Pandemie. Sollten hoch verschuldete US-Ölunternehmen in Schieflage geraten, hätte das zusätzliche Folgen für viele Banken.
Mit den Verkettungen an den Märkten dürfte sich Gottstein eigentlich blendend auskennen, nachdem er einen Grossteil seiner Karriere als Investmentbanker erst für die UBS und bald schon für die Credit Suisse tätig war. In der heutigen Zeit vielleicht ein Vorteil gegenüber seinem Vorgänger Tidjane Thiam, welcher kein Banker war und aus der Versicherungsbranche kam.
Ausmass nicht abschätzbar
Die «kleinere» Schweizer Grossbank musste nun dem Beispiel grosser US-Institute folgen: Sie legte wegen des schwierigen Wirtschaftsumfelds und dem anhaltenden Druck auf die Ölpreise eine «Reserve» aus Rückstellungen für Kreditverluste und buchhalterische Bewertungsverluste im Investment Banking von 1,03 Milliarden Franken an.
Und ein Ende der Fahnenstange ist noch nicht in Sicht: Heute sei das Ausmass der Auswirkungen durch Corona nicht abschätzbar, so Gottstein. Es bleibe zu schauen, wie sich das zweite Quartal entwickle.
Jedenfalls könnten in den kommenden Quartalen weitere Reserven und Wertberichtigungen nötig werden – insbesondere im Firmenkundengeschäft, bei sonstigen Darlehen ausserhalb der Schweiz und bei Anlagen im Asset Management. Zudem geht die Grossbank davon aus, dass sich auch das derzeit harzige Beratungs- und Emissionsgeschäft nicht so schnell erholen wird.
Vor diesem Hintergrund verwundert es am Markt nicht, dass die gegenwärtige Situation auch die künftige Profitabilität sowie das Kapitalpolster belasten wird. An der ursprünglich für 2020 angestrebten Rendite auf dem materiellen Eigenkapital von 10 Prozent wird nun lediglich noch mittelfristig festgehalten.
Krise meistern
Dennoch gibt sich die CS überzeugt, auch während dieser Krise «solide» Finanzergebnisse zu erzielen und diese gut zu bewältigen. Eine entscheidende Stärke der Bank sei etwa das profitable und widerstandsfähige Geschäft am Schweizer Heimmarkt mit geringen Kreditausfällen in der Vergangenheit, sagte Gottstein.
Eine stabileres Privat Banking mache innerhalb der Gruppe zudem mittlerweile rund 40 Prozent der Erträge aus und 50 Prozent des Gewinns. Ausserdem sei die Kostenbasis der Bank wesentlich tiefer, und die Risikopositionen im Investment Banking deutlich geringer seit der Restrukturierung von 2015 bis 2018.
Als Schweizer Bank will die Credit Suisse in der Krise zudem ihren Beitrag für die hiesige Wirtschaft leisten. Man spiele eine «aktive Rolle» bei den Überbrückungskrediten für KMU. Bisher seien rund 14’000 Kredite im Umfang von 2,4 Milliarden vergeben worden.
Aktie weiter unter Druck
Im ersten Quartal, als die Coronakrise erst zum Ende hin ihren richtigen Anfang nahm, verbuchte die Bank derweil dank eines Verkaufs und einer negativen Steuerquote ein deutlich höheres Ergebnis. Im Vergleich zum Vorjahr blieben unter dem Strich 1,31 Milliarden Franken (+75 Prozent). Mit dem Gewinn übertraf die Credit Suisse die Erwartungen von Analysten.
An der Börse gewannen die Aktien zu Handelsschluss in einem gehaltenen Gesamtmarkt 2,5 Prozent. Es sei angesichts der Unsicherheit nicht überraschend, dass der Ausblick sehr vorsichtig ist, hiess es am Markt. (awp/mc/ps)