CS-Grossinvestor sieht CEO Tidjane Thiam ungerecht behandelt
Zürich – Die Bespitzelungsaffäre bei der Credit Suisse erscheint einem der Grossinvestoren der Bank übertrieben. CEO Tidjane Thiam werde ungerecht behandelt, COO Pierre-Olivier Bouée hätte nicht zurücktreten und Verwaltungspräsident Urs Rohner hätte die CS besser verteidigen sollen, sagte David Herro, Vize-Präsident des CS-Grossaktionärs Harris Associates in einem am Montag veröffentlichten Interview mit dem Onlineportal «The Market».
«Mir kommt die ganze Episode wie eine Schmierkampagne gegen den Konzern vor, die unverhältnismässig aufgebläht worden ist», sagte Herro weiter. Die öffentliche Entrüstung darüber, dass die Credit Suisse Iqbal Khan, den vormaligen Chef der Division International Wealth Management, nach dessen Kündigung observieren liess, kann Herro nicht nachvollziehen. «Soweit bekannt ist, wurden keine Gesetze gebrochen», sagt er. COO Bouée, der die Überwachung veranlasste, hätte aus diesem Grund nicht zurücktreten sollen.
«Ich persönlich hätte die Credit Suisse stärker verteidigt»
Er verstehe zwar die heikle Situation von Verwaltungsratspräsident Urs Rohner. «Ich persönlich hätte die Credit Suisse aber stärker verteidigt», meinte der Investor aus Chicago. Nach Gesprächen mit diversen Leuten in- und ausserhalb des Unternehmens sei er zum Schluss gekommen, dass CEO Tidjane Thiam ungerecht behandelt worden sei.
Wichtig sei nun, dass Rohner und Thiam zusammenarbeiteten, um die Credit Suisse durch diese Situation zu navigieren und die Pläne zur operativen Verbesserung des Konzerns weiter umzusetzen. Herro geht davon aus, dass Thiam das Geschäftsmodell noch feiner abstimmen wird.
Strategisch gehe es vor allem darum, das Private Banking weiter auszubauen und Nischenpositionen zu stärken, führte der Investor weiter aus. «Weltweit und speziell in den Schwellenländern wird immer mehr Wohlstand geschaffen. In dieser Hinsicht arbeitet die Credit Suisse im Zusammenspiel von Investment- und Privatbank gut, besonders in Asien», sagte Herro weiter. Das Potenzial in diesem Bereich sei längst nicht ausgeschöpft. Im Investmentbereich und dem Geschäft an den globalen Finanzmärkten wiederum würden Wettbewerber unter Druck geraten. Deshalb würde er den Fokus weiterhin auf diese Bereiche richten. (awp/mc/ps)