Zürich – Der Credit Suisse steht trotz einer abrupten Kürzung der stark kritisierten Manager-Boni eine konfrontative Generalversammlung bevor. Denn wichtige Aktionärsvertreter wollen den Vergütungsbericht weiterhin ablehnen.
Kurz vor Ostern machten Konzernchef Tidjane Thiam und seine Geschäftsleitung dem Verwaltungsrat den überraschenden Vorschlag, die für 2016 bereits ausgesprochenen Boni zu kürzen. Auch der Verwaltungsrat will nun für 2017 für sich selbst keine höhere Vergütung mehr beantragen.
Konkret soll die variable Vergütung – bestehend aus langfristiger leistungsbezogener Vergütung für 2017 und kurzfristiger für 2016 – um je 40% reduziert werden. Für das Geschäftsjahr 2016 erhält damit CEO Tidjane Thiam einen Lohn von 10,24 Mio nach ursprünglich 11,90 Mio CHF. Die kurzfristige variable leistungsbezogene Vergütung schrumpft auf 2,5 Mio von zuvor 4,2 Mio. Einschliesslich der langfristigen variablen Vergütung für 2017 entfallen 4,67 Mio der Gesamtkürzungen auf den Konzernchef.
30 Mio CHF weniger für Geschäftsleitung
Für die gesamte Geschäftsleitung wird für die kurzfristige variable Vergütung für 2016 ein Gesamtbetrag von 17,01 Mio beantragt statt der ursprünglich beantragten 25,99 Mio CHF und für die langfristige variable Vergütung für 2017 ein maximaler Betrag von 31,2 Mio statt der ursprünglich beantragten CHF 52,0 Mio. Damit reduziert sich die Vergütung der Geschäftsleitung um 29,78 Mio. Und die Gesamtvergütung der Geschäftsleitung für 2016 beläuft sich insgesamt auf 73,06 Mio, wie aus einem Schreiben des Vorsitzenden des Vergütungsausschusses an die Aktionäre hervorgeht.
Für den Verwaltungsrat wird zudem neu ein maximaler Betrag der Vergütungen von 12,0 Mio CHF (statt der ursprünglich beantragten 12,5 Mio) für die Periode von der GV 2017 bis zur GV 2018 beantragt. Alle anderen Anträge des Verwaltungsrats bleiben unverändert. Entsprechend seien die Vergütungstraktanden für die am 28. April anstehende Generalversammlung angepasst sowie der Vergütungsbericht für das Geschäftsjahr 2016 aktualisiert worden, teilte die Grossbank am Dienstag mit.
Zuvor hatten die Stimmrechtsberater ISS, Glass Lewis und Ethos, die schätzungsweise ein Viertel bis ein Drittel des Aktienkapitals der Grossbank vertreten, den Aktionären die Ablehnung sämtlicher Vergütungsanträge empfohlen. Verwaltungsratspräsident Urs Rohner hofft jetzt, dass sich mehr Aktionäre als zuvor nicht an die Empfehlung halten. «Aufgrund der Reaktionen von institutionellen Investoren gehen wir davon aus, dass sich die Zustimmung an der GV erhöhen wird», sagte er der «NZZ am Sonntag».
ISS und Glass Lewis lehnen weiter ab
Diese Hoffnung könnte allerdings enttäuscht werden. ISS empfiehlt die betroffenen Traktanden auch nach der Kürzung der Boni zur Ablehnung. Denn die Aktionäre würden gebeten, die ursprünglichen Vorschläge anzunehmen, im Wissen, dass sich Geschäftsleitung und Verwaltungsrat freiwillig auf eine Reduktion geeinigt hätten, heisst es in einer Mitteilung von ISS. Nur wenn die GV den Vorschlägen widerspreche, könne der Verwaltungsrat die angepassten Vergütungstraktanden an der ordentlichen Generalversammlung im nächsten Jahr oder an einer ausserordentlichen GV vorlegen.
Die Anpassungen seien zwar positiv, so ISS am Dienstag weiter. Sie kämen aber am Ende eines fehlerhaften Prozesses, wo die Interessen der Aktionäre nicht adäquat berücksichtig worden seien.
Und auch Glass Lewis und Ethos lehnen den Vergütungsbericht weiterhin ab. Der Schritt reiche nicht, heisst in einem aktuellen Bericht des Aktionärsvertreters Glass Lewis laut dem Schweizer Fernsehens SRF. Und Ethos bezeichnet die Vergütungen auch nach der Reduktion noch immer als «zu hoch», wie aus einer Mitteilung vom Dienstag hervorgeht.
Die Aktionärsstiftung bleibt demzufolge ebenfalls bei ihren Abstimmungsempfehlungen und empfiehlt neben der Ablehnung des Vergütungsberichts auch die der Verwaltungsratshonorare und der fixen und variablen Vergütung der Geschäftsleitung. Unverändert sollen auch Rohner und Vizepräsident Richard Thornburgh nicht wiedergewählt werden.
Aktie unter Druck
An der Börse verlorgen Credit Suisse mit -1,7% in eine insgesamt allerdings schwachen Markt (SMI: -1,2%) deutlich, und auch UBS gaben überdurchschnittlich nach (-1,6%). «Ein vernünftiger Schritt auf Druck von Aktionärsseite» kommentierte die Bank Vontobel am Dienstag die Neuigkeiten. Allerdings bleibe die Frage offen, wie und wann die Bank ihr Kapital-Problem adressieren werde.
Auch die ZKB erachtet die Klärung der Kapitalstrategie mit Blick auf das Quartalsergebnis, das am Mittwoch in einer Woche ansteht, als eines der wichtigsten Themen. Denn die Kernkapital-Quote (CET1) dürfte sich im Vergleich zu Ende Dezember 2016 nur marginal verbessert haben. (awp/mc/upd/ps)