Zürich – Demografische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen stellen das Vorsorgesystem vor Herausforderungen. In der beruflichen Vorsorge sinken die Leistungen. Die private Vorsorge dürfte daher zur Sicherstellung eines angemessenen Lebensstandards im Alter weiter an Bedeutung gewinnen. Die heute veröffentlichte Studie der Credit Suisse nimmt das Sparverhalten der Schweizer Bevölkerung in der Säule 3a unter die Lupe und macht die regionalen Unterschiede in der steuerlichen Begünstigung sichtbar. Über ein Drittel der Erwerbstätigen nutzt die Säule 3a nicht; Frauen, Jugendliche und Ausländer nutzen sie unterdurchschnittlich. Obwohl der Steuervorteil in der Westschweiz und im Tessin besonders hoch ausfällt, wird dort deutlich weniger einbezahlt als in der Deutschschweiz.
Ohne Gegenmassnahmen ist die finanzielle Stabilität der beiden ersten Säulen des Schweizer Vorsorgesystems in Frage gestellt. Mit dem Scheitern der Vorlage «Altersvorsorge 2020» im September 2017 wurde eine Reform jedoch erneut vertagt. Als Reaktion auf die Herausforderungen nutzen die Pensionskassen ihren bestehenden Spielraum zunehmend aus und senken ihre Leistungen. Der bereits beobachtbare Trend zu sinkenden Umwandlungssätzen im überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Auch gesellschaftliche Veränderungen, wie die zunehmende Verbreitung von Teilzeitarbeit und anderen flexiblen Arbeitsformen, stellen das Vorsorgesystem auf die Probe, da sie für die Betroffenen zu Vorsorgelücken führen können.
In diesem Kontext wird das private Sparen zur Sicherstellung eines angemessenen Lebensstandards im Alter wichtiger. Rocco Baldinger, Geschäftsführer Credit Suisse Vorsorgestiftung, sagt: «Da aus gesellschaftspolitischer Sicht eine gute Abdeckung der finanziellen Bedürfnisse nach der Pensionierung zentral erscheint, ist ein steuerlicher Anreiz zum Alterssparen in der gebundenen Vorsorge, Säule 3a, überaus sinnvoll. Allenfalls wäre auch eine Erweiterung dieser Sparmöglichkeit zu prüfen.»
Die auf Bankkonten und bei Versicherungen gehaltenen Säule-3a-Guthaben haben sich in den letzten 20 Jahren fast verfünffacht und dürften auch weiter anwachsen. In der heute veröffentlichten Studie «Private Altersvorsorge: 3a-Sparen in der Schweiz» zeigen die Ökonomen der Credit Suisse auf, wie die Schweizer heute in der Säule 3a sparen und wie dies den Vermögensaufbau beeinflusst. Sie präsentieren zudem eine Beurteilung der Attraktivität des 3a-Sparens (Gesamtrendite inklusive Steuereffekt) auf regionaler Ebene. Oliver Adler, Chefökonom Schweiz der Credit Suisse, sagt: «Gerade in den italienisch- und französischsprachigen Landesteilen, wo sich gemäss unserer Analyse das 3a-Sparen steuerlich besonders lohnt, ist der Anteil der 3a-Sparer unterdurchschnittlich. Es besteht also besonders dort Potenzial, die Vorteile der privaten Vorsorge besser auszunutzen.»
Über ein Drittel der Erwerbstätigen hat keine Säule 3a
Gemäss Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) aus dem Jahr 2015 machten rund 65 % der Erwerbstätigen im Alter von 25 bis 64/65 Jahren von der Möglichkeit des steuerbegünstigten privaten Alterssparens Gebrauch: Rund 59 % zahlen regelmässig in die Säule 3a ein, während 6 % unregelmässig Beiträge leisten. Die Analyse der Ökonomen der Credit Suisse bringt allerdings deutliche Unterschiede im Einzahlungsverhalten der Schweizerinnen und Schweizer zu Tage. So liegt der Anteil der regelmässigen 3a-Sparer bei Frauen mit 55 % tiefer als bei Männern (62 %). Unterdurchschnittlich ist der Anteil auch bei 25- bis 34-Jährigen (47 %), sowie bei ausländischen Erwerbstätigen (41 %). Grundsätzlich steigt die Wahrscheinlichkeit regelmässiger Einzahlungen in die gebundene private Vorsorge mit dem Ausbildungs- und Einkommensniveau. Auch regional variiert das Einzahlungsverhalten: In der Deutschschweiz zahlen 61 % der Erwerbstätigen regelmässig in die Säule 3a ein, gegenüber 54 % in der Westschweiz und 44 % im Tessin.
In der Westschweiz und im Tessin wird weniger in die Säule 3a einbezahlt
Neben der Häufigkeit bestehen bei der Höhe der Einzahlungen in die Säule 3a deutliche Unterschiede. Nicht überraschend zeigen Zahlen aus den Haushaltsbudgeterhebungen 2012–2014 des BFS, dass die durchschnittlich geleisteten Beiträge mit dem Einkommen der Vorsorgenehmer ansteigen. In der tiefsten Einkommensklasse (jährliches Bruttoeinkommen unter CHF 60’252) alimentieren 75 % der Haushalte die Säule 3a gar nicht – 10 % der Haushalte leisten aber mindestens CHF 3’600 pro Jahr und pro Person.
In der Deutschschweiz fällt die durchschnittliche Einzahlung in die Säule 3a höher aus als in den französisch- und italienischsprachigen Landesteilen, wie eine auf Steuerdaten von 2014 basierende regionale Analyse zeigt. Allerdings variiert das Einzahlungsverhalten innerhalb der Sprachregionen: Während Delémont, Genf, Freiburg und Bellinzona mit Durchschnittswerten zwischen CHF 1’218 und CHF 1’315 für eine unselbstständig erwerbstätige und ledige Person zu den Kantonshauptorten mit den tiefsten Beiträgen gehören, liegt Sion mit CHF 1’601 im Mittelfeld. Dagegen weisen Glarus und die Stadt Basel deutlich tiefere Einzahlungen aus als der Rest der Deutschschweizer Hauptorte.
Bei Einzahlungspausen resultieren Sparlücken
Neben der Analyse des 3a-Sparverhaltens zeigen die Ökonomen der Credit Suisse anhand von Beispielszenarien auf, wie verschiedene Einzahlungsmuster und unterschiedliche Zins- bzw. Renditeannahmen den Vermögensaufbau beeinflussen. Ein Szenario basierend auf dem zwischen 1987 und 2017 realistischen jährlichen Durchschnittszins von 2 % p. a. illustriert den Vermögensaufbau bei unterschiedlichen Einzahlungsbeträgen. Ein weiteres Szenario zeigt auf, dass der Kapitalaufbau bei den im aktuellen Umfeld niedrigeren Zinssätzen deutlich langsamer verläuft. Durch die Nutzung von Wertschriftenlösungen könnten die Vorsorgenehmer – unter Inkaufnahme höherer Risiken und Gebühren – ihre Renditechancen erhöhen. Zurzeit liegt die überwiegende Mehrheit der Vorsorgegelder allerdings auf verzinsten Konten, nur gut ein Fünftel ist in Wertschriftenlösungen investiert. In jedem Fall lohnt es sich, früh mit dem Sparen zu beginnen und Einzahlungsunterbrüche zu vermeiden. Dies auch wenn nicht der maximale Betrag einbezahlt werden kann: Denn wer über einen längeren Zeitraum spart, erreicht bei gleichem Zins ein höheres Endvermögen.
Steuereffekt: In der Westschweiz lohnt sich das 3a-Sparen besonders
Neben den erzielbaren Renditen gehört die steuerliche Begünstigung zu den Vorteilen der gebundenen privaten Vorsorge. Personen, die ein AHV-pflichtiges Einkommen beziehen, können jährlich bis zum gesetzlichen Maximalbetrag in die Säule 3a einzahlen und diesen Betrag vom steuerbaren Einkommen vollständig abziehen. Der Steuerspareffekt hängt vom individuellen Grenzsteuersatz ab. Dieser gibt an, wie stark sich die steuerliche Belastung ändert, wenn das steuerbare Einkommen um einen bestimmten Betrag erhöht oder reduziert wird. Aufgrund des föderalistischen Steuersystems der Schweiz variiert die Steuerersparnis dank Einzahlungen in die Säule 3a regional stark bzw. sie fällt in Kantonen mit höherer Steuerbelastung grösser aus. Auch bei den Kapitalbezugssteuern, welche bei Auszahlungen aus der Säule 3a anfallen, bestehen regional deutliche Unterschiede – in Regionen mit hoher Progression auf Kapitalbezügen lohnt sich deshalb ein gestaffelter, über mehrere Jahre verteilter Bezug der Leistungen umso mehr. Ein Blick auf die Daten zum Vorsorgeverhalten der Schweizer Bevölkerung zeigt aber, dass Kapitalauszahlungen aus der Säule 3a bisher erst in gut einem Viertel der Fälle in gestaffelter Form vorgenommen werden.
Um die Steuerersparnis über die gesamte Anlagedauer zu bestimmen, müssen die durch jährliche Einzahlung eingesparten Steuern und die Besteuerung beim Kapitalbezug gegeneinander aufgerechnet werden. Zur Beurteilung der Attraktivität des 3a-Sparens kann dann die Gesamtrendite inklusive Steuereffekt berechnet werden. Dazu kann der Steuereffekt in Renditeprozenten ausgedrückt werden – jene Mehrrendite, die aus der Steuerbegünstigung resultiert und zusätzlich zu den Zinsen bzw. der Rendite des 3a-Produkts an sich anfällt. Unter dem Strich fällt die vom Steuervorteil abhängige Mehrrendite in der Westschweiz, in Schaffhausen sowie im Tessin überdurchschnittlich aus. (Credit Suisse/mc/ps)
Die Publikation «Private Altersvorsorge: 3a-Sparen in der Schweiz» finden Sie im Internet auf Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch unter: www.credit-suisse.com/vorsorgestudie