SNB drängt CS und UBS zu weiterem Kapitalaufbau
SNB-Direktoriumsmitglied Jean-Pierre Danthine.
Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) drängt die Grossbanken Credit Suisse und UBS zu weiterem Aufbau von hartem Eigenkapital. Denn beide Institute wären laut den Notenbankern für eine dramatische Ausweitung der Euro-Krise unterkapitalisiert. Vor allem bei der CS sieht die Nationalbank Handlungspotenzial – und zwar schon jetzt. Die Credit Suisse solle den Kapitalaufbau beschleunigen, schon in diesem Jahr, fordert die Nationalbank. Dabei solle keine Option ausgeschlossen werden, auch nicht eine Kapitalerhöhung.
Die SNB rät der UBS, ihren Weg des Kapitalaufbaus fortzusetzen und dazu auch an der restriktiven Dividendenpolitik festzuhalten. Beide Institute seien für eine dramatische Ausweitung der Euro-Krise unterkapitalisiert, warnen die Währungshüter. Einen Schock wie in der Finanzkrise 2007-2009 könnten beide Grossbanken nicht absorbieren, hiess es.
Fortschritte vorhanden
Credit Suisse und UBS hätten zwar Fortschritte bei der Kapitalausstattung erzielt, sagte SNB-Vizepräsident Jean-Pierre Danthine am Donnerstag in Bern bei der Publikation des diesjährigen Berichts über die Schweizer Finanzstabilität. Die Widerstandskraft sei angesichts der hohen Risiken im heutigen Umfeld aber ungenügend. Das direkte Engagement der beiden Banken in den verletzlichsten Euro-Staaten sei zwar moderat. Hingegen könnten bei einer weiteren Eskalation der Euro-Krise auch für UBS und CS hohe Verluste auf Kredit- und Handelspositionen in der EU, in der Schweiz und den USA resultieren.
Verlusttragendes versus risikogewichtetes Kapital
Die beiden Grossbanken betonten in einer Stellungnahme, sie überträfen die heutigen Kapitalanforderungen nach «Basel 2.5» bei weitem. Die CS erachtet sich beispielsweise als «eine der am besten kapitalisierten und refinanzierten Banken weltweit.» Laut den Standards von Basel III müssen Grossbanken bis Ende 2018 eine harte Eigenkapitalquote von mindestens 7% erfüllen. Der so genannte «Swiss Finish» sieht zudem vor, dass die beiden Schweizer Grossbanken künftig ihre Aktiven mit 19% Eigenmitteln absichern und allein 10% in «hartem» Eigenkapital bereithalten – die so genannte Kernkapitalquote.
Und in dieser Betrachtung fallen die beiden Institute an den Schluss des Feldes: So betrage das harte Eigenkapital der UBS 2,7% der Nettobilanz, bei der CS sind es gar nur 1,7%. In diesem Vergleich werden keine Derivatepositionen angerechnet und die CS kann auch ihre umfangreichen hybriden Kapitalanlagen nicht mehr hinzuziehen.
Erhebliche Unterschiede
Der Unterschied zwischen den beiden Basler Regimes ist enorm. Während die Kernkapitalquote bei CS und UBS unter «Basel 2.5» zuletzt bei 15,6% bzw. 18,7% lagen, würden sie unter dem neuen Regime «Basel III» nur noch auf 5,9% bzw. 7,5% kommen, erinnert die SNB. Gefordert sind wie erwähnt mindestens 10%. Um alleine zu den 7,5% der Konkurrentin UBS aufzuschliessen, benötigt die Credit Suisse heute zusätzliches Kapital von 4,7 Mrd CHF, rechnen Analysten vor. Befragte Experten halten es für eher unwahrscheinlich, dass die Credit Suisse zu einer Kapitalerhöhung schreiten wird. Als Alternative könnte das Institut ihre Bilanz verkürzen und in diesem bereits begonnen Prozess das Tempo erhöhen, ergänzt Manuel Ammann vom Schweizerischen Institut für Banken und Finanzen (SBF) der Universität St.Gallen.
Die CS hat sich zum Ziel gesetzt, ihre risikogewichteten Aktiven (RWA) in der Investment Bank bis Ende 2012 auf 190 Mrd CHF zu reduzieren – Ende März 2012 lag der Wert noch bei 210 Mrd. Dadurch käme das Institut auf eine ähnlich hohe Tier-1-Ratio wie die UBS, so Analysten. Auch durch den Verzicht auf eine Dividendenausschüttung wäre die CS wohl in der Lage, die nötigen Kapitalanforderungen bis 2018 zu erfüllen. Ob die Aktionäre, die bereits herbe Kursverluste hinnehmen mussten, dies goutieren würden, ist aber auf einem anderen Blatt geschrieben.
CS-Aktie taucht
Die Anleger reagierten dennoch verunsichert. Die UBS-Aktie notierte am Nachmittag 1,3 tiefer auf 11,01 CHF schwächer, die CS fiel gar um 9,7% auf 17,16 CHF. So wenig kosteten die Aktien seit 20 Jahren nicht mehr. Der Swiss Market Index (SMI) büsst derweil 0,72% ein. Der Markt reagiere so, als ob die SNB die Banken zu einer Erhöhung der Kapitalbasis zwingen könnte, erklärten Händler. Das kann aber nur die Bankenaufsichtsbehörde FINMA. Und diese habe in ihren jüngsten Publikationen keine Sorgen bezüglich der Kapitalausstattung der beiden Institute zum Ausdruck gebracht.
SNB-Direktoriumsmitglied Jean-Pierre Danthine zeigte sich «überrascht, dass der Markt überrascht ist» über die Forderung nach zusätzlichem Kapital angesichts der bekannten Fakten. Die Ausgangslage der Schweizer Grossbanken sei grundsätzlich gut, es sei aber Aufgabe der SNB auch auf Schwachpunkte hinzuweisen. (awp/mc/upd/ps)