CS-Vorsorgestudie: Der Weg zur Frühpensionierung wird steiniger
Zürich – Viele Schweizerinnen und Schweizer wünschen sich eine Frühpensionierung – und rund die Hälfte geht tatsächlich frühzeitig in Rente. Unter ledigen Personen, solchen mit höheren Einkommen sowie in der Westschweiz ist der frühzeitige Austritt aus dem Erwerbsleben besonders verbreitet. Berechnungen der Ökonomen der Credit Suisse zeigen, welche finanziellen Einbussen mit einer Frühpensionierung verbunden sind: Im mittleren Einkommenssegment hat ein Vorbezug der AHV- und Pensionskassenrente um zwei Jahre eine lebenslange Einkommenseinbusse von rund 14 % zur Folge. Ein Bezug der Pensionskassenrente ab Alter 58 führt sogar zu Einbussen von 23 %. Angesichts sinkender Pensionskassenleistungen dürfte der Weg zur Frühpensionierung in Zukunft nochmals steiniger werden.
Der Wunsch nach einer Frühpensionierung ist hierzulande weit verbreitet. Die Vorsorgestudie der Credit Suisse zeigt, dass ein beträchtlicher Teil der Schweizerinnen und Schweizer tatsächlich vor dem ordentlichen AHV-Rentenalter (64 für Frauen, 65 für Männer) in Pension geht. Zwar nutzen nur 8 % der Frauen bzw. 10 % der Männer die Möglichkeit eines Vorbezugs der AHV-Rente (maximal 2 Jahre), bei Pensionskassenleistungen ein vorzeitiger Bezug jedoch verbreitet (Frauen 43 %; Männer 46 %). Betrachtet man das Alter, bei dem sich eine Person selber als pensioniert bezeichnet, wurde gut die Hälfte mindestens ein Jahr vor dem ordentlichen AHV-Rentenalter pensioniert (Frauen 47 %; Männer 56 %). Unter ledigen Personen, solchen mit höheren Einkommen sowie in der Westschweiz ist der frühzeitige Austritt aus dem Erwerbsleben besonders verbreitet. Fast ein Viertel der Frühpensionierungen erfolgen unfreiwillig, wobei Personen mit tieferem Ausbildungsniveau bzw. Haushaltseinkommen häufiger von unfreiwilligen Frühpensionierungen betroffen sind.
Frühpensionierung kann Einkommenseinbussen von über 20 % nach sich ziehen
Eine Frühpensionierung führt in der Regel zu lebenslangen Renteneinbussen. In ihrer Studie zeigen die Ökonomen der Credit Suisse anhand von Szenarien auf, wie sich die Wahl des Pensionierungszeitpunkts auf die Renteneinkommen aus AHV und beruflicher Vorsorge auswirkt. Für einen Mann im mittleren Einkommenssegment (z. B. einen Lehrer) hat ein Vorbezug von sowohl AHV- als auch Pensionskassenrente um zwei Jahre eine lebenslange Reduktion der Rentenleistungen von CHF 49’823 auf CHF 42’742 pro Jahr (CHF 4’151 bzw. CHF 3’562 pro Monat) zur Folge – ein Minus von 14 % gegenüber einem Bezug von AHV sowie Pensionskassenrente ab Alter 65. Wird die AHV-Rente noch bis zum Alter von 65 Jahren aufgeschoben, sinken die Rentenleistungen im mittleren Einkommenssegment bei Bezug der Pensionskassenrente ab Alter 63 immer noch um 8 %, bei Bezug ab Alter 58 um 23 %.
Bis zum Zeitpunkt des AHV-Bezugs muss jeweils der Lebensunterhalt mit der bereits tieferen Pensionskassenrente und bestenfalls einer Überbrückungsrente bzw. durch Kapitalverzehr (privates Vermögen, Säule 3a) finanziert werden. Zudem müssen bis zum ordentlichen AHV-Rentenalter in jedem Fall weiterhin AHV/IV/EO-Beiträge geleistet werden. Je nach Renteneinkommen und Vermögen betragen diese Beiträge zwischen CHF 496 und CHF 24’800 pro Jahr. Dies gilt es folglich beim Frühpensionierungsentscheid zwingend zu berücksichtigen.
Aus den Simulationen geht hervor, dass in tieferen und höheren Einkommenssegmenten die prozentualen Renteneinbussen nicht sehr unterschiedlich ausfallen. Bei höheren Einkommen sinken die Renten bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit mit 63 Jahren (Auszahlung der AHV-Rente jeweils mit 65 Jahren) um 9 %, bei Frühpensionierung mit 58 Jahren um etwa 24 %. Bei tieferen Einkommen (z. B. bei einem Verkäufer) sind es –8 % bzw. –21 %. Die Ausgangslage ist jedoch verschieden: Der Verkäufer kann bei einer ordentlichen Pensionierung mit 65 Jahren von einer Jahresrente von CHF 38’112 ausgehen, was rund CHF 3’200 pro Monat entspricht. Bei einer Erwerbsaufgabe mit 63 Jahren läge seine Jahresrente bei CHF 35’137. Und bei CHF 30’062, wenn er sich bereits mit 58 Jahren zur Ruhe setzen würde, was einer monatlichen Rente von CHF 2’500 entspricht. Bis zum Zeitpunkt des AHV-Bezuges müsste zudem die Pensionskassenrente von rund CHF 9’000 jährlich ausreichen. Ohne zusätzliche private Ersparnisse dürfte die Frühpensionierung in diesem Fall wohl ein Wunschtraum bleiben.
In Zukunft dürfte die Frühpensionierung weiter in die Ferne rücken
Die Einbussen sind erheblich und der Weg zur Frühpensionierung dürfte nochmals steiniger werden, da sich die Rentensituation in der Schweiz ohne einschneidende Reformen in Zukunft deutlich verschlechtern wird. Der Generationenvergleich der Ökonomen der Credit Suisse legt dar, dass ein frühzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben für künftige Generationen deutlich schwieriger zu finanzieren sein wird. Denn die derzeit tiefen Zinsen bremsen den Vermögensaufbau der heutigen Erwerbstätigen. Zudem werden deren Altersguthaben seit Jahren geringer verzinst als jene der Rentner, denn nur so können die überhöhten Rentenversprechen an die Rentner finanziert werden. Schliesslich sinken die Umwandlungssätze inzwischen auf breiter Front.
Kaufkraftbereinigt sinken die Renten bei den mittleren Einkommen real von CHF 57’091 bei einer ordentlichen Pensionierung im Jahr 2010 auf rund CHF 48’457 bei einer solchen im Jahr 2025 – ein Minus von 15 %. Angesichts dieser markanten Reduktion der Renten – und der im Gegenzug wachsenden Vorsorgelücken – wird eine zusätzliche Rentenreduktion infolge Frühpensionierung für einen zunehmenden Teil der Schweizer Bevölkerung unerreichbar werden.
In Politik und Gesellschaft wird auch zunehmend über eine bessere Einbindung älterer Menschen in den Arbeitsmarkt diskutiert. Dem je nach Branche wachsenden Fachkräftemangel soll teilweise mittels Arbeit über das Pensionsalter hinaus begegnet werden. Im Falle einer ausgeprägten Wirtschaftskrise infolge der Coronavirus-Pandemie sind Frühpensionierungen im Rahmen von Betriebsschliessungen oder Umstrukturierungen durchaus möglich. Längerfristig stehen politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen einer Frühpensionierung allerdings eher entgegen.
Zur Realisierung des Wunschtraums gewinnt nicht zuletzt das private Sparen nochmals an Bedeutung
Da die Altersleistungen in Zukunft noch weiter sinken dürften, gewinnt die sorgfältige finanzielle Planung der Zeit nach der Pensionierung weiter an Bedeutung – insbesondere, wenn eine Frühpensionierung angedacht ist. Zur Kompensation allfälliger Vorsorgelücken sind je nach Fall Massnahmen sowohl in der zweiten als auch in der dritten Säule zu prüfen. Als Alternative zum kostspieligen frühzeitigen Ruhestand besteht auch die Möglichkeit, sich teilpensionieren zu lassen, d. h. die Erwerbstätigkeit schrittweise zu reduzieren.
Dadurch erfolgt kein abruptes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und die finanziellen Folgen sind eher verkraftbar. Vorsorgelücken, die durch eine Teilpensionierung oder eine Frühpensionierung entstehen, können durch freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse oder eine Überbrückungsrente reduziert werden. Zudem ist ein frühzeitiger Aufbau einer privaten Vorsorge zu empfehlen: Angesichts des langfristigen Anlagehorizonts resultiert ein besonders starker Zinseszinseffekt. Und zu guter Letzt können die Renditechancen durch die Nutzung von Wertschriftenlösungen erhöht werden.
Überdurchschnittliche Nutzung der Säule 3a
Die Analyse der CS-Ökonomen zeigt, dass sich Personen, die sich voraussichtlich frühpensionieren lassen werden, der besonderen Bedeutung der privaten Vorsorge in diesem Kontext durchaus bewusst sind: 67 % der angehenden Frühpensionierten zahlen regelmässig in die Säule 3a ein, gegenüber 58 % der anderen Erwerbstätigen in der gleichen Altersklasse und 53 % aller Schweizer Erwerbstätigen. Angehende Frühpensionierte zahlen zudem im Durchschnitt höhere Beträge in die Säule 3a ein (über drei Viertel sogar den Maximalbetrag) und verfügen deutlich öfter über mehrere 3a-Konten.
Letzteres erlaubt es ihnen, Kapitalauszahlungen aus der Säule 3a in gestaffelter Form vorzunehmen. Durch eine koordinierte und über mehrere Jahre gestaffelte Auszahlung von Kapitalbezügen aus der zweiten und dritten Säule können je nach Region substanzielle steuerliche Vorteile resultieren: Ein Ehepaar kann beispielsweise durch den gestaffelten Bezug von insgesamt CHF 800’000 über vier Jahre in den Hauptorten der Kantone Basel-Landschaft, Schwyz und Zürich zwischen CHF 32’551 und CHF 43’653 sparen. (CS/mc/pg)