Daniel Antille, VR-Delegierter Société Suisse des Explosifs Holding SA, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Antille, die Société Suisse des Explosifs produziert nicht nur Spreng-, sondern auch Pharmawirkstoffe. In welchen Medikamenten kommen diese zum Einsatz?
Daniel Antille: Tatsächlich sind wir in der Feinchemie und haben uns auf hochenergetische chemische Reaktionen spezialisiert. Wir sind insbesondere für die Pharmaindustrie tätig, können aber die Namen unserer Kunden nicht preisgeben. So bieten wir beispielsweise einen Wirkstoff auf Basis von Nitroglycerin an, der die Blutgefässe für Menschen mit Durchblutungsstörungen erweitert.
Die Lieferung von Sprengschnüren zur Öffnung des Kapselkopfes der Europäischen Ariane-Raketen ist sicher für Sie mehr als ein PR-Highlight…
Unsere Tätigkeit umfasst in der Tat Produkte oder Absatzmärkte für die sogenannte Hightech-Industrie. Die Lieferung von Sprengschnüren zur Öffnung des Kapselkopfes der Europäischen Ariane-Raketen ist ein hervorragendes Beispiel. Dies zeigt, dass auch in unserer Branche der technologische Wandel wichtig ist. Unsere Geschäftstätigkeiten führen zunehmend dazu, Beratung und Ingenieurwesen zu integrieren.
«Wir bieten auch einen Wirkstoff auf Basis von Nitroglycerin an, der die Blutgefässe für Menschen mit Durchblutungsstörungen erweitert.»
Daniel Antille, VR-Delegierter Société Suisse des Explosifs Holding SA
In den letzten fünf Jahren haben sich die Konzernumsätze von 45 auf rund 130 Millionen Franken verdreifacht. Welches ist vor dem Hintergrund dieses Umsatzsprungs, der vor allem durch Übernahmen in Zentraleuropa erfolgte, Ihre schwierigste Aufgabe?
Bei jeder Akquisition ist einer der entscheidenden Aspekte die Integration der neuen Teams in die Unternehmenskultur. Diese Phase war eine bemerkenswerte Chance für unsere Mitarbeiter und eine Herausforderung, die wir erfolgreich gemeistert haben.
Im Vergleich zum Umsatz ist die Börsenkapitalisierung der SSE bescheiden. Liegt das an der Schwere der Aktie?
Ich möchte nicht über den Wert unserer Aktien spekulieren, aber angesichts unserer Investitionen und Entwicklungen glauben wir, dass unsere Aktien mittelfristig ein erhebliches Kurspotenzial haben.
Seit neustem berichtet Ihr Unternehmen nicht mehr jährlich, sondern semesterweise. Ist das ein erster Weg zu breiterer Kapitalmarktöffnung?
Nach zwei Kapitalerhöhungen und mit rund 600 Aktionären wollen wir den Letzteren und der Financial Community näher sein. Je nach Wachstumschancen können wir unsere Aktionäre erneut um eine Kapitalerhöhung ersuchen. Mit unserer Entwicklung sind wir auch offen für eine Erweiterung unserer Aktionärsbasis. Weitere Optionen werden derzeit geprüft, um die Grundlage für die Fortsetzung unserer Unternehmensentwicklung und den Schuldenabbau zu schaffen.
«Angesichts unserer Investitionen und Entwicklungen glauben wir, dass unsere Aktien mittelfristig ein erhebliches Kurspotenzial haben.»
Valsynthese, Ihre Chemiedivision, macht im Moment nur einen Zehntel des Gruppenumsatzes aus, wird aber kräftig wachsen. Wo liegt anteilmässig die Zielmarke?
Der Anteil der Chemie-Sparte der SSE Group soll in den nächsten fünf Jahren steigen und zwischen 25 und 30 Prozent des Konzernumsatzes ausmachen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir auf ein organisches Wachstum am Produktionsstandort Brig, möchten aber mittelfristige Partnerschaften oder Allianzen nicht ausschliessen.
Bis auf eine Minderheitsbeteiligung wurde das Feuerwerksgeschäft gerade abgestossen. Nun fokussiert sich die Gesellschaft auf ihre Kernkompetenz Sprengstoffe und das Chemiegeschäft. Vor allem beim Sprengen bieten Sie mittlerweile auch das komplette Paket von Graben bis Abräumen an. Wirkt sich das positiv auf die EBITDA-Marge aus?
Mit unserem kompletten Service von den Produkten, über das Graben bis zum Sprengen bieten wir einen Mehrwert. Natürlich müssen und wollen wir die EBITDA-Marge der Gruppe verbessern. Ohne eine absolute Zahl festzulegen, wollen wir das EBITDA zwischen 2017 und 2021 verdoppeln.
Die Mischladefahrzeuge mit Namen MORSE sind eine Art mobile Sprengstofffabrik, mit der direkt im Tunnel die ideale, dem Gestein genau angepasste Sprengstoffmischung hergestellt wird. Ist dies Ihr komplexestes Einzelprodukt?
Dies ist in der Tat einer der wichtigsten technologischen Fortschritte in der Sprengstoffindustrie in den letzten zwei Jahrzehnten. Es ist notwendig, über ein Kompetenz- und Innovationszentrum zu verfügen. Mit der neuen Struktur der SSE Group wird sich dieses Technologiezentrum für Sprengstoffe in Brig befinden.
«Mit der neuen Struktur der SSE Group wird sich das Technologiezentrum für Sprengstoffe in Brig befinden.»
Sie sind in Deutschland, Schweiz, Polen, Tschechien und der Slowakei Marktführer für kommerzielle Sprengstoffe und Zündsysteme für Bergbau und Infrastruktur. Die SSE geht überall hin, wo grosse Infrastrukturprojekte anstehen. Wo gibt es denn in den nächsten Jahrzehnten die grössten Bauprojekte?
Unsere kritische Grösse auf dem europäischen Markt gibt uns viel Potential. In anderen Märkten, in denen viel grössere Unternehmen tätig sind, haben wir jedoch keine Aussichten.
SSE war nicht nur beim Bau der NEAT involviert, sondern auch am Bau der meisten Schweizer Autobahntunnels. Aufgrund Ihrer unangefochtenen Kompetenz beim Sprengen dürfte die Hürden der Submission kein Problem für die SSE sein?
Die Zuteilung von Grossaufträgen wird an Bauunternehmen vergeben. In der Praxis sind wir ein führender Anbieter für die Lieferung von Sprengstoffen, wir beraten unsere Kunden aber auch bei verschiedenen Aufträgen. Unser Know-how ist daher für Ingenieurbüros von Interesse.
In 124 Jahren gab es nur fünf grössere Unfälle. Ist Dynamit weiter die oberste Priorität für Ihr Riskmanagement?
Sicherheit hat oberste Priorität. Ob für Dynamit oder Feinchemie, wir arbeiten mit extrem strengen Verfahren und spezifischen Geräten.
Zum Gesprächspartner:
Daniel Antille, geb. 1963, konzentriert sich seit 2018 als Delegierter des Verwaltungsrats auf strategische Fragen und die Entwicklung der Gruppe. Während den letzten 20 Jahren bekleidete er das Amt des Geschäftsführers und war somit verantwortlich für den Wandel der SSE von einem lokalen Sprengstoffhersteller zu einem international tätigen Chemiekonzern. Der Unterwalliser ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Sein Studium hat er an der Wirtschaftsfakultät HEC Lausanne absolviert und arbeitete danach mehrere Jahre bei einem Unternehmen der Big Four. Nebenberuflich arbeitete Antille 16 Jahre in einer Gemeindeverwaltung, davon 8 Jahre als Gemeindepräsident. Er bringt sich zudem in mehreren internationalen Fachverbänden ein, insbesondere der Sprengstoffindustrie.
Zum Unternehmen:
Die Société Suisse des Explosifs (SSE) wurde vor 124 Jahren gegründet und ist heute als SSE Group ein Industriekonzern, der vorwiegend in der Herstellung und im Vertrieb von zivilen Sprengstoffen und den damit verbundenen Dienstleistungen sowie in der Feinchemie tätig ist. Von 2013 bis 2016 expandierte die SSE Group in neue Märkte und entwickelte sich von einem Walliser Industrieunternehmen zu einem europäischen Konzern, wobei sich der Firmensitz und die wichtigste Produktionsstätte weiterhin in Brig befinden. Als Marktführerin für Sprengstoffe in der Schweiz, in Deutschland und Polen beschäftigt die SSE Group etwa 600 Mitarbeitende in zehn Ländern bei einem Jahresumsatz von etwa CHF 130 Millionen.
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