Der wöchentliche Blick an die Börse von Robert Jakob.
Damit hat man nicht gerechnet. Der Ausgang der britischen Volksabstimmung erwischte das Management der Deutschen Börse auf dem falschen Fuss. Die Fusion mit der London Stock Exchange (LSE) ist jetzt mehr als fraglich. Denn die Rahmenbedingungen haben sich dramatisch geändert.
Bei einem Brexit wird die Finanzbranche dem Finanzplatz London zumindest teilweise den Rücken zukehren. Das bekamen neben den Aktien der britischen Banken auch die der London Stock Exchange direkt zu spüren. In den Tagen nach der Wahl stürzten sie um fast einen Viertel ab, dreimal so stark wie die Titel der Deutschen Börse. Da der Anteil am gemeinsamen Unternehmen im Vorfeld der Fusion auf 54,4 zu 45,6 zugunsten der Deutschen Börse festgelegt wurde, stellen sich die Aktionäre der LSE jetzt noch einmal klar besser. Sie erhalten einen deutlichen Aufpreis zum gegenwärtigen Börsenkurs ihrer Aktie.
Auf Anfang Juli lag die Marktkapitalisierung der LSE bei gut 10 Milliarden Euro, diejenigen der Deutschen Börse bei gut 14 Milliarden Euro. Das macht 40 Prozent mehr und ist prozentual doppelt so hoch, wie das vorgeschlagene Umtauschverhältnis in Aktien des gemeinsamen Fusionsunternehmens. Damit wird der Deal aber eher zur teuren Übernahme als zum Merger unter Gleichen. Dabei sind die beiden Börsen zwar in fast identischen Märkten tätig, ihre Börsenbewertung war jedoch bereits seit längerem nicht im Geringsten identisch. Die LSE war teurer als die Deutsche Börse. Das jetzt noch einmal fast 20% Preisaufschlag hinzukommt, kippt die Balance für den Deal. Daran dürfte auch eine Verlegung des geplanten Hauptsitzes der neuen Holding von London nach Frankfurt nichts ändern.
Keine Fusion „unter Gleichen“
Mittlerweile ist das KGV der Deutschen Börse fast nur halb so gross wie das des Juniorpartners LSE. Die grosse Deutsche Börse macht nicht nur bald doppelt so viel Umsatz, sie ist auch profitabler und war es bereits vorher. Ohne deutliche Nachbesserung wird die Fusion platzen. Denn so wie der Deal jetzt auf dem Papier steht, ist er keine Fusion „unter Gleichen“.
Zum Autor:
Robert Jakob ist promovierter Naturwissenschaftler und Buchautor, arbeitete sowohl in der Grundlagenforschung als auch für Verlage, Versicherungen und Banken. Seit Jahrzehnten ist der Kommunikationsspezialist ein ausgewiesener Kenner der Finanzszene und leitete nicht nur die Redaktion des Swiss Equity Magazins, sondern auch ein Team von Aktienanalysten.
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Erschienen im Verlag Ellert & Richter
ISBN: 978-3-8319-0594-2
216 Seiten
Format: 14 x 22 cm; Klappenbroschur
Preis: 16.95 EUR (D), 17.50 EUR (A)