Descartes Finance: Too Big to Fail – der schwarze Schwan und die Credit Suisse

Adriano Lucatelli, Mitgründer & CEO Descartes Finance AG. (Foto: Descartes Finance AG)

«Too Big To Fail» (TBTF) ist mit der Axpo-Rettung durch den Bund wieder unangenehm ins Bewusstsein gerückt. Jetzt testen die finanzpolitischen «Spin Doctors» bereits das Gelände für eine staatliche Stützung der Credit Suisse (CS). So stellte die Neue Zürcher Zeitung vergangene Woche technische Überlegungen an, wie eine solche Aktion zu bewerkstelligen wäre. Antwort: Ähnlich wie damals bei der UBS würden problematische Vermögenswerte der CS an die Nationalbank ausgelagert. Als ob sie den Gerüchten Nahrung geben wollte, sagte Nationalbank-Direktorin Andréa Mächler, die SNB beobachte die Situation bei der CS «genau».

Von Adriano Lucatelli

Am vergangenen Wochenende gab es eine konzertierte Aktion aus der angelsächsischen Finanzpresse, um bei der Credit Suisse eine Art selbsterfüllenden «bank run» in Gang zu setzen. Das scheint fürs Erste ins Leere gelaufen zu sein. Allerdings: Angriffsfläche bietet die Bank trotz derzeit noch solidem Kapitalpolster genug. Sie verbrennt im operativen Betrieb massiv Geld. Drei Milliarden Franken könnten es im aktuellen Jahr werden. Wenn die Strategie, die Axel Lehmann und Ulrich Körner in zwei Wochen präsentieren, zu wenig glaubwürdig ist, um die CS zu stabilisieren, könnte eine Lösung unter Einbezug des Staates in den Bereich des Wahrscheinlichen rücken.

Eine häufige Begründung für solche TBTF-Aktionen ist die Unvorhersehbarkeit der Situation. Nicholas Nassim Taleb hat den Begriff des «black swan», des schwarzen Schwans, geprägt für Ereignisse, deren Eintretenswahrscheinlichkeit sich bei der statistischen Verteilung so weit am Rand befindet, dass sie oftmals (sträflich) ignoriert werden. Auch bei Swissair, UBS und Axpo, den drei grossen TBTF-Events der jüngeren Vergangenheit, wurde argumentiert, niemand habe es voraussehen können. Es war die Flugangst nach dem 11. September, welche die gewagte Hunter-Strategie des damaligen Swissair-Managements zum raschen Einsturz brachte. Die Subprime-Krise in den USA stellt ebenfalls ein solches «long tail»-Ereignis dar. Bei der Axpo schliesslich waren es die rasant gestiegenen Strompreise.

Aber ist es eine Staatsaufgabe, die Fehler im Liquiditätsmanagement auszubügeln? Meiner Meinung nach nicht. Und wenn der Staat es macht, dann sollte es zur Abschreckung von Nachahmern wenigstens Konsequenzen haben. Angefangen beim Verwaltungsrat. Verantwortungsvolles Management muss die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass ein schwarzer Schwan vorbeischwimmt – ob 9/11, Subprime-Absturz oder steigende Strompreise.

Was ist der schwarze Schwan im Fall der Credit Suisse? Die im Vergleich zu vor einem Jahr drastisch verschlechterte Marktlage, natürlich. Sich unter diesen Umständen von einem Teil der riskanten Positionen aus dem Investment Banking trennen zu wollen, kommt einem Notverkauf gleich. Die Erfolgsaussichten sind höchst ungewiss.


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