Descartes Finance: Zinserhöhung um 0,75 Prozent – leider hat die SNB kalte Füsse bekommen
Als die Schweizerische Nationalbank SNB im Juni die Zinsen um 0,5 Prozent erhöhte, überraschte sie damit die Märkte und liess die Europäische Zentralbank EZB alt aussehen, die erst einen Monat später ebenfalls einen Zinsschritt von 0,5 Prozent wagte. Damals konnte man darüber spekulieren, ob SNB-Präsident Thomas Jordan sich in den Fussstapfen seines Vorgängers aus den 70er-Jahren, Fritz Leutwiler (1924-1997), mutig zum internationalen Vorreiter im Kampf gegen die Inflation entwickeln würde.
Die Antwort haben Jordan und sein Direktorium gegeben. Sie lautet «Nein».
Die Erhöhung um 0,75 Prozentpunkte wirkt mutlos, nachdem die Europäische Zentralbank vor kurzem eine Zinserhöhung im selben Umfang angekündigt hat. Im Rahmen ihres ordentlichen Turnus kann die EZB die Zinsen noch ein paar Mal erhöhen, bevor die Schweizerische Nationalbank erst im Dezember wieder entscheidet.
Mit einem kraftvolleren Signal, also einer Erhöhung des Leitzinses um einen ganzen Prozentpunkt, hätte die Nationalbank zeigen können, dass es ihr ernst ist. Immerhin liegt die Inflation in der Schweiz mittlerweile bei 3,5 Prozent. Das ist siebenmal so hoch wie der neue SNB-Leitzins von 0,5 Prozent.
Die zögerliche Gangart der SNB lässt befürchten, dass sie weiterhin in ihren alten Mustern gefangen ist: Anstatt selbstbewusst für den starken Franken und den Wohlstand der Schweiz einzustehen, schaut sie ängstlich nach links und nach rechts und macht mehr oder weniger das Gleiche wie die EZB. So bekämpft man keine Inflation. So macht man das Land ärmer.