Schuldenkrise verdirbt Ackermann den Abschied
Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank.
Frankfurt am Main – Die Schuldenkrise in Europa verdirbt Josef Ackermann seinen Abschied als Vorstandschef der Deutschen Bank . Am Dienstag beugte sich der Schweizer endgültig den Turbulenzen an den Märkten und kappte die Gewinnprognose für dieses Jahr.
Analysten hatten schon lange nicht mehr an den bis zuletzt versprochenen Rekordgewinn von zehn Milliarden Euro vor Steuern geglaubt. Doch der 63-Jährige, der im kommenden Mai an die Spitze der Aufsichtsrats wechseln soll, klammerte sich bis zuletzt an diese Zahl, obwohl er selbst zunehmend skeptischer auf das Geschehen am Markt und in Griechenland blickte.
Neue Abschreibungen auf griechischen Staatsanleihen
Bei einer Anaylstenkonferenz in London ruderte er jetzt zurück. Angesichts von «anhaltenden Unsicherheiten» auf den Kapitalmärkten und eingebrochenen Erträgen im Investmentbanking sei der geplante Vorsteuergewinn von 10 Milliarden Euro in den Kerngeschäftsfeldern nicht mehr in Reichweite, sagte der Manager am Dienstag. Die Bank nimmt zudem erneut Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen vor und will Stellen im von den Marktverwerfungen besonders betroffenen Handelsgeschäft streichen.
Aktie auf Talfahrt – kein neues Gewinnziel
An der Börse ging die Deutsche-Bank-Aktie weiter auf Talfahrt, verlor bis zum späteren Nachmittag fast sieben Prozent. Der Marktwert der Deutschen Bank sank seit Anfang Mai im Sog schwacher Finanztitel rund 45 Prozent. Am Dienstag bemängelten Händler vor allem, dass Ackermann kein neues konkretes Gewinnziel gab. Er kündigte lediglich an, dass der deutsche Branchenprimus in seinen klassischen Segmenten Privatkundengeschäft, Vermögensverwaltung und Abwicklungsgeschäft für Grosskunden ein Rekordergebnis erzielen werde. Den vollständigen Quartalsbericht will die Bank am 25. Oktober vorlegen.
Ihren gesamten Bestand an griechischen Staatsanleihen hat die Deutsche Bank laut Ackermann im dritten Quartal auf aktuelle Marktpreise abgewertet und damit stärker, als in den Rettungsplänen bislang vorgesehen ist. Dadurch fielen weitere Abschreibungen von 250 Millionen Euro an. Bereits im zweiten Quartal hatte das Institut 155 Millionen Euro bei den Griechen-Bonds in den Wind geschrieben. Insgesamt ist das Risiko der Deutschen Bank in Anleihen der Schuldenstaaten Südeuropas im Vergleich etwa zur Commerzbank oder zur französischen Konkurrenten geringer. Einen Grossteil der Anleihen hat die Bank durch Kreditausfallversicherungen abgesichert.
Investmentbanking «deutlich unter Plan»
«Deutlich unter Plan» habe das Investmentbanking abgeschnitten, sagte Ackermann. Neben den gesunkenen Umsätzen habe sich dabei ein Steuereffekt negativ ausgewirkt. In der Sparte sollen nun 500 Stellen bis Ende März 2012 abgebaut werden. Dies betreffe vor allem nichtdeutsche Standorte. Die Sparte wird von Anshu Jain gemanagt, der zusammen mit dem amtierenden Deutschland-Chef Jürgen Fitschen die Nachfolge Ackermanns als Vorstandschef antreten soll. Gut läuft den Angaben zufolge das Privatkundengeschäft, das Ackermann unter anderem durch die Übernahme der Postbank gestärkt hat. Er will so die Abhängigkeit vom schwankungsanfälligen Investmentbanking reduzieren.
Keine Kapitalerhöung
Gerüchten, dass die Deutsche Bank wegen der schwierigen Marktlage und der künftig höheren Kapitalanforderungen zu einer Kapitalerhöhungen greifen muss, erteilte Ackermann eine klare Absage. «Es gibt absolut keine derartigen Pläne», sagte er. Die Deutsche Bank sei «sehr gut» kapitalisiert und habe auch in den vergangenen Wochen keine Finanzierungsprobleme gehabt. Die Bank könne ihre Kapitalquote auf organischem Weg steigern.
Stellenstreichungen
Mit den Stellenstreichungen reiht sich nun auch die Deutsche Bank bei den Instituten ein, die vor allem im Investmentbanking Arbeitsplätze abbauen. In diesem Jahr haben weltweit tätige Banken bereits den Abbau von zehntausenden Stellen angekündigt.
Allein die britische HSBC will 30.000 Jobs bis 2013 streichen, bei der ebenfalls britischen Lloyds soll bis 2014 Hand an 15.000 Arbeitsplätze gelegt werden. Bei der seit langem schwächelnden Bank of America stehen 30.000 Stellen zur Disposition. Die Schweizer UBS will nach einem massiven Gewinneinbruch 3.500 Arbeitsplätze streichen, die Credit Suisse 2.000 Stellen. In Deutschland hatte die zur italienischen Unicredit gehörende HypoVereinsbank zuletzt angekündigt, 700 Stellen in München zu streichen. (awp/mc/pg)