Deutsche Bank schluckt Postbank fast komplett
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann.
Frankfurt am Main – Die Deutsche Bank bindet die Postbank noch enger an sich und steht kurz vor deren Komplettübernahme. Der Frankfurter Dax-Konzern hält nach Angaben vom Dienstag inzwischen 93,7 Prozent an dem Bonner Institut mit seinen etwa 14 Millionen Kunden. Damit fehlt nicht mehr viel zur wichtigen Marke von 95 Prozent, ab der die Deutsche Bank die verbliebenen Kleinaktionäre mit einem Abfindungsangebot aus dem Unternehmen drängen könnte («Squeeze-out»). Kreisen zufolge will sich der Konzern mit einem solchen Schritt aber Zeit lassen.
Der Branchenprimus hatte sich Ende 2010 die Postbank-Mehrheit gesichert und hielt zuletzt 52 Prozent des Bonner Konzerns. Mit der bisherigen Postbank-Mutter, der Deutschen Post, war die Übernahme weiterer rund 40 Prozent für diesen Februar vereinbart. Nach Angaben der Deutschen Bank fielen ihr an diesem Montag durch Fälligkeit einer Pflicht-Wandelanleihe 60 Millionen Aktien der Postbank (27,4 Prozent) zu. Am Dienstag zog die Deutsche Post ihre Verkaufsoption über 26,4 Millionen Aktien (12,1 Prozent). Weitere 4,8 Millionen Postbankaktien (2,2 Prozent) erwarb die Deutsche Bank seit Jahresende 2010 am Markt.
Geld fliesst beim Deal keines mehr
Die beiden Geschäfte mit der Post hätten «keine Auswirkung auf das regulatorische Kapital und die Liquiditätsposition der Deutschen Bank», teilte die Deutsche Bank mit. Denn Geld fliesst für den Deal keines mehr, wie auch die Post erklärte: Den gesamten Gegenwert für das Aktienpaket in Höhe von 4,9 Milliarden Euro hatte der Logistikkonzern bereits im Jahr 2009 erhalten. Damit sollen auch die starken Gewinnschwankungen der Post bald ein Ende haben: Die Finanzinstrumente für den Postbank-Verkauf, die in den vergangenen Quartalen je nach dem Kurs der Postbank-Aktie bewertet werden mussten, sollen das Nettoergebnis im ersten Quartal letztmalig beeinflussen.
Die Deutsche Bank hat unter Josef Ackermann, einst oberster Investmentbanker des grössten deutschen Geldhauses, Milliarden in das lange eher vernachlässigte Privatkundengeschäft gesteckt: Berliner Bank und Norisbank (beide 2006), Sal. Oppenheim (2009), Postbank (2010).
«Zweite Ertragssäule erheblich gestärkt»
Bei seiner letzten Bilanz-Vorlage Anfang Februar 2012 bilanzierte der scheidende Vorstandschef Ackermann: «Wir haben uns von riskanten Geschäftsaktivitäten verabschiedet und durch den massiven Ausbau des klassischen Bankgeschäfts unsere zweite Ertragssäule erheblich gestärkt.» Während es im Investmentbanking herbe Rückschläge gab, war das Privatkundengeschäft zuletzt eine Stütze des Konzerns. Die Postbank sichert der Deutschen Bank vor allem den Zugriff auf verhältnismässig stabile Spareinlagen. Diese lagen nach den letzten veröffentlichten Postbankzahlen bei etwa 120 Milliarden Euro. Zudem verfügen die Bonner mit ihren 1.100 eigenen Filialen und 4.500 Servicepunkten bei der Post über ein engmaschiges Netz in Deutschland. Die Ansage der Deutschen Bank war bislang, dass sich daran nichts ändern soll. Auch die Marke Postbank soll erhalten bleiben. (awp/mc/ps)